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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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will; denn ich glaube, er kann nicht begieriger wünschen, mich zu täuschen, als ich selbst.«
    P.S.
»Kommen Sie ja ungesäumt! hören Sie?«
    Männern, die mit Liebesintrigen umzugehn gewohnt sind, überlasse ich's auszumachen, welcher Brief dem Herrn Jones die größte Unruhe machen mußte, ob der schmollende oder der girrende. So viel ist gewiß, eine sehr heftige Begierde hatte er nicht, diesen Abend noch weiter Besuch zu machen, einer einzigen Person ausgenommen. Unterdessen hielt er dafür, seine Ehre stünde auf'm Spiele; und wäre diese Ursache noch nicht hinreichend gewesen, so hätte er's doch nicht gewagt, das Gemüt der Dame Bellaston bis zu den Zornflammen aufzublasen, deren er sie mit gutem Grunde für fähig hielt und wovon, wie er besorgte, die Folge sein möchte, daß sie Sophien gewisse Entdeckungen machte, die er sehr fürchtete. Nachdem er also verschiedene Male ganz mißmutig im Zimmer auf und nieder gegangen war, machte er sich bereit hinzugehen, als ihm die Dame sehr freundschaftlich zuvorkam; nicht etwa durch einen andern Brief, sondern durch ihre eigene persönliche Gegenwart. Sie trat ins Zimmer mit so großer Unordnung in ihrem Anzuge, als Zerrüttung in ihren Blicken, warf sich auf einen Sessel und sagte, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war: »Da sehn Sie's, Jones, wenn ein Weib nur einen Schritt über die Schnur hinaus gethan hat, so hält sie nichts mehr zurück. Wenn mir dies einer vor acht Tagen zugeschworen hätte, ich hätt's weder ihm, noch mir selbst geglaubt.« – »Ich hoffe,« sagte Jones, »meine liebenswürdige Bellaston wird ebenso anstehen, irgend etwas zum Nachteile eines Menschen zu glauben, der so innig die vielen Verbindlichkeiten fühlt, die sie ihm auferlegt hat.« – »So? wirklich?« sagte sie, »Verbindlichkeiten fühlen Sie? – Hätte ich jemals erwarten können, eine so frostige Sprache von Herrn Jones zu hören?« – »Verzeihen Sie mir, mein teurer Engel,« sagte er, »wenn nach den Briefen, die ich von Ihnen erhalten habe, die Angst vor Ihrem Zorne – ob ich gleich nicht weiß, womit ich ihn verdient habe, –« – »Habe ich denn,« sagte sie mit einem Lächeln, »eine so drohende Miene? – Habe ich denn wirklich ein so scheltend Angesicht mit hierher gebracht?« – »Wenn es noch einige Redlichkeit unter den Menschen gibt,« sagte er, »so habe ich nichts gethan, das Ihren Zorn verdient – Sie erinnern [96] sich noch, um welche Zeit Sie mir befahlen zu kommen. Ich gehorchte und kam genau –« – »O ich bitte,« schrie sie, »setzen Sie die gehässige Erzählung bei Seite! Antworten Sie mir bloß auf eine Frage; und ich will weiter nichts zu sagen haben. – Haben Sie ihr meine Ehre verraten?« – Jones fiel auf seine Kniee und begann die heftigsten Beteurungen auszusprechen, als Rebhuhn hüpfend und springend ins Zimmer stürzte, wie ein Mensch der von Freude betrunken ist, und ausrief: »Sie ist gefunden! hier! hier! hier! hier ist sie! Jungfer Honoria ist schon auf der Treppe!« – »Halt sie einen Augenblick auf,« rief Jones. – »Hier Madame, gehn Sie hinter das Bett; ich habe weder ein ander Zimmer noch ein Kabinett, noch irgend einen Platz auf dem Erdboden, wohin ich Sie verstecken könnte. O, nie habe ich einen so verdammten Zufall erlebt!« – »Verdammt, wahrhaftig!« sagte die Dame, als sie nach ihrem Versteckplatz ging; und unmittelbar darauf kam Jungfer Nore herein.
    »Heida!« sagte sie, »was gibts 'n hier?« Der ausverschämte Kerl, Ihr Bedienter, wollt' mich kaum die Trepp' rauf lassen. Hoff' doch nich, »daß 'r nun eb'n die Ursach hat, als zu Upton, mir von Sie abz'halt'n. Mein'r Ehr, glaube, Sie dacht'n wohl nich, mich zu sehn; aberst, Gott verzeih mir all' mein' Sünd, S' hab'n 's g'wiß mein Frölen angethan. Die arme süße Frölen! Mein'r Ehr, ich halt sie so lieb, so lieb, als wenn s' mein' eigne Schwester wär', Gott sein's gnädig! wenn Sie'r nicht ein wacker Ehemannsgemahl seind! Und mein'r Ehr, wenn Sie's nicht thun, so weiß ich keine Hölle heiß genug für Sie.« Jones bat sie, sie möchte ganz leise sprechen, weil im nächsten Zimmer eine Frau in Todesnöten läge, »'N Frau?« schrie sie. »Ja, ja! so 'n Frau, wie Sie so mehr haben. – O Herr Jones, 's gibt ihr 'n großen Haufen in d'r Welt; ich glaube, wir sind auch in 'n solch Haus geraten, von so einer. Denn 'R hochgeborn' Gnad'n von Bellaston mag, glaub' 'ch, mir auch so wohl die rechte sein?« – »Hsch!« sagte Jones; »Man kann im nächsten

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