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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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als Straßenräuber, falsche Spieler und andre Diebe ihres Gelichters, so deklamiert auch niemand heftiger gegen die Spitzbübereien der falschen Spieler und dergleichen, als die Wucherer, Verleiher auf Pfänder und andre Diebe ihres Gewerbes. Ob es daher kömmt, [255] daß die eine Art zu betrügen das Gewerbe des andern schmälert oder in üblen Ruf bringt, oder daher, daß das Geld, welches die allgemeine Braut ist, um welche alle Betrüger tanzen, macht, daß sie sich alle untereinander für Nebenbuhler halten? Genug, Nachtigall hatte kaum die Geschichte vernommen, als er in viel heftigern Ausdrücken auf den Kerl loszog, als diejenigen, womit die Gerechtigkeit und Redlichkeit des Herrn Alwerth ihn belegt hatte.
    Alwerth bat Herrn Nachtigall, sowohl das Geld, als das Geheimnis, solange sicher zu bewahren, bis er mehr von ihm gehört hätte, und wenn bis dahin der Kerl wieder zu ihm kommen sollte, möchte er sich doch von der gemachten Entdeckung nicht das geringste merken lassen. Hierauf kehrte er nach seiner Wohnung zurück und fand daselbst Madame Miller in einer betrübten Gemütsverfassung, worein sie die Nachricht versetzt hatte, die sie von ihrem Schwiegersohn erhalten. Herr Alwerth sagte ihr mit vieler Heiterkeit, er habe ihr eine sehr gute Nachricht mitzuteilen, und ohne viel längere Vorrede erzählte er ihr, daß er Herrn Nachtigall zu der Einwilligung gebracht habe, seinen Sohn zu sehn, und wie er im geringsten nicht zweifelte, daß er eine völlige Aussöhnung unter beiden bewirken würde, ob er gleich den Vater noch mürrischer über einen andern Zufall von eben der Art gefunden habe, der seiner Familie begegnet sei. Alsdann erzählte er ihr, wie seines Bruders Tochter davongelaufen wäre, wie er es von dem alten Herrn erfahren hatte, und wovon Madame Miller und ihr Schwiegersohn noch nichts wußten.
    Der Leser wird sich leicht einbilden, daß Madame Miller diese Nachricht mit großer Dankbarkeit und nicht minderm Vergnügen aufnahm. Aber so ungewöhnlich treu war ihre Freundschaft gegen Jones, daß ich nicht gewiß bin, ob der Kummer, den sie seinetwegen erlitt, nicht die Freude überwog, die sie bei Anhörung einer Zeitung empfand, welche ihrer Familie soviel Glückseligkeit versprach, und ob nicht eben diese Nachricht, weil sie dadurch an die Verbindlichkeiten erinnert ward, welche ihr Herr Jones erwiesen hatte, sie ebenso sehr schmerzte als erfreute, wenn ihr dankbares Herz ihr sagte: »Unterdessen daß meine eigne Familie glücklich ist, wie elend ist nicht der arme Mann, dessen Großmut wir den Anfang aller dieser Glückseligkeit zu verdanken haben!«
    Nachdem Herr Alwerth ihr eine kleine Weile Zeit zum Wiederkäuen an dieser Zeitung gelassen hatte (wenn ich den Ausdruck brauchen darf), so sagte er ihr, er habe für sie noch eine Neuigkeit, die ihr, wie er glaubte, sehr angenehm sein würde. »Ich denke,« sagte er, »ich habe einen ziemlich ansehnlichen Schatz entdeckt, der dem jungen Manne, Ihrem Freund, beschert ist; aber vielleicht sind seine jetzigen Umstände von der Beschaffenheit, daß er ihm von wenig Nutzen sein kann.« Dieser letzte Zusatz gab Madame Miller zu verstehn, wen er meinte, und sie antwortete mit einem tiefen Seufzer: »Das hoffe ich nicht, Herr von Alwerth!« – »Von Grund des Herzens,« erwiderte Alwerth, »sag' ich mit Ihnen, ich hoff' es auch nicht! Allein mein Neffe erzählte mir heute Morgen, daß man ihm [256] eine sehr schlimme Beschreibung von diesem Handel gemacht habe.« – »Gütiger Gott! Herr von Alwerth!« sagte sie – »Doch ich darf nicht sprechen – aber es ist gewiß sehr hart, seine Zunge nicht brauchen zu dürfen, wenn man Dinge hört, die –« – »Madame,« sagte Alwerth, »sagen Sie alles, was Ihnen gefällt; Sie kennen mich zugut, um zu glauben, daß ich gegen irgend einen Menschen von Vorurteilen eingenommen wäre, und was den jungen Menschen anbetrifft, so versichre ich Sie, es würde mir eine herzliche Freude machen, wenn ich fände, daß ich ihn von aller Schuld freisprechen könnte, besonders aber in dieser unglücklichen Sache. Sie können mir es bezeugen, wie herzlich ich ihm vormals gewogen war. Die Welt, ich weiß es, hat mich darüber getadelt, daß ich ihn zu lieb hätte. Diese Gewogenheit entzog ich ihm nicht, obne zu denken, ich hätte dazu die gerechteste Ursache. Glauben Sie mir, Madame Miller, es sollte mir eine Freude sein, wenn ich fände, daß ich mich geirrt hätte.« Madame Miller stand im Begriff, aus der Fülle des

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