Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
Herzens zu antworten, als ihr ein Bedienter ansagte, es wäre ein Herr draußen, der sie aufs baldigste zu sprechen wünschte. Herr Alwerth erkundigte sich hierauf nach seinem Neffen und erhielt zur Antwort: er wäre schon seit einiger Zeit auf seinem Zimmer und habe einen Herrn bei sich, welcher gewöhnlich zu ihm zu kommen pflegte. Herr Alwerth vermutete richtig, daß es Herr Dowling sein würde, welchen er sogleich zu sich bitten ließ, um mit ihm zu sprechen.
Als Dowling erschien, legte ihm Herr Alwerth den Rechtsfall über die Banknoten vor, ohne irgend einen Namen zu nennen und fragte ihn, was für eine Strafe eine solche Person zu gewärtigen hätte. Worauf Dowling antwortete, er glaube wirklich, es wäre ein Gesetz vorhanden, nach welchem man einen solchen Betrüger belangen könnte, meinte aber, es wäre bei alledem eine heikliche Sache und es würde gut sein, vorher ein Gutachten einzuholen; er sagte, er müsse ohnedem eben in einer Angelegenheit des Herrn von Western mit einem Rechtskonsulenten sprechen, und wenn es Herrn Alwerth gefiele, so wollt' er dem diese Sache sogleich vorlegen. Dies ward angenommen und hierauf wurde die Thür geöffnet und Madame Miller trat herein. »Ich bitte um Vergebung,« sagte sie; »ich wußte nicht, daß Sie jemand bei sich hätten!« Allein Herr Alwerth bat sie hereinzukommen, indem er sagte, seine Geschäfte wären geendigt. Hierauf ging Herr Dowling weg und Madame Miller stellte Herrn Alwerth den jungen Nachtigall vor, um ihm für die erzeigte Gewogenheit zu danken. Sie hatte aber kaum die Geduld den jungen Menschen ausreden zu lassen, und fing gleich an: »O liebster Herr von Alwerth, Herr Nachtigall bringt große Neuigkeiten über den armen Herrn Jones! Er ist hier gewesen und hat den verwundeten Herrn besucht, der außer aller Gefahr ist, und der obendrein selbst bekennt, daß er den armen Herrn Jones zuerst überfallen und geschlagen hat, und das weiß ich doch gewiß, Herr von Alwerth, Sie wollten doch nicht, daß Herr Jones eine feige Memme sein sollte. Wenn ich ein Mann wäre und ein andrer Mann wollte mich schlagen, ich weiß gewiß, daß ich meinen Degen [257] zöge! Kommen Sie, mein lieber Herr Schwiegersohn, erzählen Sie Herrn von Alwerth nur alles, erzählen Sie alles selbst.« Nachtigall bestätigte hierauf, was Madame Miller gesagt hatte und schloß damit, daß er von Herrn Jones viel Gutes beibrachte, der, wie er behauptete, einer der gutmütigsten Menschen von der Welt sei und nichts weniger als ein Zänker oder Schläger. Herr Nachtigall stand im Begriff seine Rede zu endigen, als ihn Madame Miller von neuem bat, alle häufigen Ausdrücke der dankbaren und kindlichen Liebe zu erzählen, die er vom Herrn Jones über seinen Wohlthäter Herrn Alwerth gehört hätte. »Vom Herrn Alwerth das allerrühmlichste zu sagen,« rief Nachtigall, »ist nichts weiter als pflichtmäßige Gerechtigkeit und kann dabei kein Verdienst sein, doch muß ich sagen, daß kein Mensch ein tieferes Gefühl seiner Verpflichtung gegen einen so edlen Wohlthäter hat, als der arme Jones! In der That, mein Herr von Alwerth, ich bin überzeugt, daß ihn nichts so sehr niederdrückt, als die Last Ihres Mißfallens. Er hat oft darüber gegen mich geklagt und ebenso oft auf die feierlichste Art beteuert, daß er sich niemals wissentlich gegen Sie vergangen habe; ja, er hat mir zugeschworen, er wolle lieber tausendmal sterben, als von seinem Gewissen nur einen unehrerbietigen, undankbaren oder pflichtwidrigen Gedanken gegen Sie sich vorwerfen lassen. Aber ich bitte um Verzeihung, Herr von Alwerth, ich besorge, ich gehe zu weit, indem ich mich über einen so zarten Punkt auslasse.« – »Sie haben weiter nichts gesagt, als was die Pflicht eines Christen erfordert,« rief Madame Miller. »In der That, Herr Nachtigall,« antwortete Alwerth, »ich kann nicht umhin, Ihrer großmütigen Freundschaft meinen Beifall zu geben und ich wünsche, daß er solche um Sie verdienen möge. Ich bekenne, mich freut die Nachricht, die Sie mir über diesen unglücklichen Jüngling bringen, und wenn sich die Sache so befindet, wie Sie solche vorstellen (und in der That zweifle ich an nichts von dem, was Sie sagen), so kann ich mit der Zeit wohl dahin gebracht werden, von diesem jungen Menschen wieder besser zu denken, als ich die letzte Zeit her gekonnt habe. Ihre brave Frau Schwiegermutter hier, und alle die mich kennen, werden mir bezeugen, daß ich ihn ebenso innig liebte, als ob er mein Sohn gewesen. In
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