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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Gerichtsmedizin. Sie erzählt ihm von Alison Willetts, und er sagt: ›Das ist interessant, weil …‹«
    »Was? Und er sagt, und sie sagt? Das hört sich doch eher wie Tratsch hinter vorgehaltener Hand an.«
    »Ich weiß nicht, Sir. Das müssen Sie sie selbst fragen.«
    Während er zur Seite trat, damit eine blasse, rotblonde Krankenschwester die Kanüle wechseln konnte, reichte Thorne seinen nicht angerührten Tee an Holland zurück.
    »Sie bleiben hier und warten auf Hinnegan.«
    »Aber, Sir, der Termin ist erst um halb fünf.«
    Er stapfte eine Reihe von Fluren mit aufgesprungenen roten Linoleumböden entlang – auf der Suche nach dem nächsten Ausgang, um dem Geruch zu entkommen, den er genauso sehr hasste wie jeder andere rechtschaffene Mensch auf der Welt. Obwohl die Intensivstation sich in einem neueren Flügel des National Hospital für Neurologie und Neurochirurgie befand, war der Geruch der gleiche. Desinfektionsmittel, vermutete er. In Schulen benutzten sie etwas Ähnliches, doch das weckte in ihm nur die Erinnerung an die vergessenen Sportklamotten und den Schrecken, den Sportunterricht in Unterhosen absolvieren zu müssen. Das hier war ein anderer Geruch.
    Dialyse und Tod.
    Er nahm den Fahrstuhl nach unten zum Eingangsbereich, dessen imposante viktorianische Architektur einen überraschenden Kontrast zum modernen, offenen Stil des Krankenhausbaus bildete. Die Kappsteine entlang der Wände und die verstaubten Holztafeln mit den Namen der Krankenhausärzte strahlten eine verblichene Würde aus. Der Stolz des Hauses war ein lebensgroßes Porträt von Diana, Prinzessin von Wales, einer ehemaligen Förderin des Krankenhauses. Das Gemälde war vollendet, anders als die Büste der Prinzessin, die daneben auf einer Säulenplatte stand. Ob sie von einem Patienten stammte?, fragte er sich.
    Als Thorne sich dem Ausgang näherte, verrieten ihm die gemurmelten Flüche und tropfenden Regenschirme der Entgegenkommenden, dass der Sommer zu Ende war – und das in der zweiten Augustwoche. Er stand in dem mit roten Backsteinen versehenen Säulengang des Krankenhauses und spähte durch den Regen zu seinem Wagen, der ganz nah am Geländer stand, das um den Queen Square herumlief. Menschen huschten mit gesenkten Köpfen durch den Park oder zur U-Bahn-Haltestelle Russell Square. Wie viele von ihnen waren Ärzte oder Pflegekräfte? Im Umkreis von einem guten Kilometer gab es ein Dutzend Krankenhäuser und Spezialkliniken. Er konnte direkt auf das Great Ormond Street Children’s Hospital blicken. Er schlug seinen Kragen hoch und rannte los. Zuerst dachte er, es sei ein Strafzettel für Falschparken, den er unwirsch unter dem Scheibenwischer hervorzog. Als er jedoch das A4-Blatt aus dem Plastikumschlag herauszog und auffaltete, sah er, dass es etwas anderes war. Vorsichtig schob er es in die Schutzhülle zurück, wischte die Regentropfen weg und sah sich den sorgfältig getippten Brief an. Nach den ersten vier Worten merkte er nicht mehr, wie ihm das Wasser den Kragen hinunterlief.
     
    L IEBER D ETECTIVE I NSPECTOR T HORNE . W AS SOLL ICH SAGEN ? Ü BUNG MACHT DEN M EISTER . U ND BENEIDEN S IE SIE NICHT EINFACH UM DIESE PERFEKTE … D ISTANZ ? D ENKEN S IE ÜBER DIE I DEE DER F REIHEIT NACH . W AHRE F REIHEIT . H ABEN S IE JE WIRKLICH DARÜBER NACHGEDACHT ? W EGEN DER ANDEREN F RAUEN TUT ES MIR L EID . W IRKLICH . I CH WERDE I HRE I NTELLIGENZ NICHT MIT G ESCHWÄTZ ÜBER Z IEL UND Z WECK BELEIDIGEN , SONDERN ALS MILDERNDE U MSTÄNDE ANFÜHREN , DASS BEI EINEM GROSSEN V ORHABEN EBEN HÄUFIG F EHLER GEMACHT WERDEN . D AS HAT MIT D RUCK ZU TUN , D ETECTIVE I NSPECTOR T HORNE , ABER DARÜBER WERDEN S IE JA ALLES WISSEN . I CH MEINE ES ERNST , T OM . I CH WERDE S IE VIEL LEICHT EINMAL ANRUFEN .
     
    Druck …
    Thorne blickte sich mit klopfendem Herz um. Wer auch immer ihm diese Nachricht hinterlassen hatte, musste noch in der Nähe sein – der Wagen hatte nicht lange hier gestanden. Er sah nur verbissene, vom Regen nasse Gesichter und Holland, der um die Pfützen herumsprang, während er auf ihn zueilte.
    »Sir, Alisons Freund ist gerade gekommen. Sie müssen ihn auf dem Weg nach draußen verpasst haben.«
    Thornes Gesichtsausdruck ließ ihn zu einer Salzsäule erstarren.
    »Alison ist nicht versaut, Holland.«
    »Natürlich nicht, Sir. Ich meinte bloß –«
    »Hören Sie. Er will genau das.« Thorne zeigte nach hinten aufs Krankenhaus. »Verstehen Sie?« Sein Hemd klebte ihm am Rücken. Regen und Schweiß. Er verstand es

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