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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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beinahe zwei volle Tage allein in einem Haus neben der Leiche seiner Mutter verbrachte, ein Schokoriegelpapier in der Hand, das er blitzblank geleckt hatte, hungrig und schmutzig und brüllend, bis endlich ein Nachbar klopfte.
    »Tom …«
    Thorne blickte noch ein paar Sekunden durchs Fenster ins Graue, bevor er sich resigniert Detective Chief Inspector Russell Brigstocke zuwandte.
    Als Teil der Reorganisation der Met vor etwa einem Jahr war eine Reihe von Kommissionen innerhalb der drei neu ins Leben gerufenen Serious Crime Groups gebildet worden. Eine Einheit, die nur aus Polizisten bestand, die sich eigentlich im Ruhestand befanden, war gebildet worden, um sich speziell um alte Fälle und kalte Fährten zu kümmern. Diese Einheit, schnell auf den Namen Graue Zelle getauft, war nur einer von einer ganzen Armada neuer Ansätze, Teil einer frischen und aggressiveren Herangehensweise, das Verbrechen in der Hauptstadt zu bekämpfen. Es gab weitere Kommissionen, die sich auf Sexualverbrechen, Gewalt gegen Kinder und Waffenmissbrauch spezialisiert hatten.
    Dann gab es noch das Team 3, Serious Crime Group (West).
    Offiziell war diese Kommission für die Fälle geschaffen worden, die nirgends richtig reinpassten – Fälle, die in keinen anderen Verantwortungsbereich fielen. Allerdings wurde auch gemunkelt, Serious Crime Group (West) 3 sei einfach deshalb ins Leben gerufen worden, weil niemand so richtig wusste, wohin mit Detective Inspector Tom Thorne. Thorne selbst mutmaßte, die Wahrheit sei irgendwo in der Mitte anzusiedeln.
    Russell Brigstocke war sein Vorgesetzter, und Thorne kannte ihn inzwischen über zehn Jahre. Er war groß und kräftig und eine außergewöhnliche Erscheinung mit seiner Hornbrille und diesen merkwürdigen Haaren, auf die er unmäßig stolz war. Sie waren dicht und blauschwarz, und der Detective Chief Inspector liebte es, sie zu einer Tolle von beinahe Elvis-ähnlichen Proportionen zu formen. Doch sosehr er dem Traum eines Karikaturisten entsprechen mochte, er konnte zum schlimmsten Albtraum eines Verdächtigen werden. Thorne hatte Brigstocke ohne Brille und mit geballten Fäusten erlebt, mit wild in die schweißnasse Stirn fliegender Locke, während er auf der Suche nach der Wahrheit laut brüllend im Vernehmungszimmer auf und ab lief.
    »Carol Garner war eine allein erziehende Mutter. Sie war achtundzwanzig Jahre alt. Ihr Mann starb vor drei Jahren bei einem Autounfall, kurz nachdem ihr Sohn geboren worden war. Sie war Lehrerin. Vor vier Tagen wurde sie in ihrem Haus in Balham tot aufgefunden. Es gab keinen Hinweis auf ein gewaltsames Eindringen. Sie war am siebenundzwanzigsten um sechs Uhr abends mit dem Zug in der Euston Station angekommen, nachdem sie ihre Eltern in Birmingham besucht hatte. Wir vermuten, dass der Mörder ihr vom Bahnhof nach Hause folgte, wahrscheinlich in der U-Bahn. Wir fanden in ihrer Tasche einen Fahrschein.«
    Brigstockes Stimme war tief und akzentfrei, beinahe monoton. Doch die Litanei der aufgezählten Fakten war auf schreckliche Weise überwältigend. Thorne kannte das meiste davon, da er von Brigstocke am Tag zuvor bereits informiert worden war, dennoch war jedes Wort wie ein Faustschlag, einer härter als der andere. Und nach diesen Faustschlägen war er zutiefst getroffen und rang nach Atem. Den anderen erging es offensichtlich genauso.
    Und er wusste, dass ihnen das Schlimmste noch bevorstand.
    Brigstocke fuhr fort: »Wir können nur Mutmaßungen anstellen, wie der Mörder sich Zutritt verschaffte oder wie lange er sich in Carol Garners Haus aufhielt, aber wir wissen, was er während dieser Zeit tat …«
    Brigstocke sah hinunter zum anderen Tischende und bat den dort sitzenden Mann, da weiterzumachen, wo er aufgehört hatte. Thorne betrachtete die Gestalt in dem schwarzen Fleecepullover mit dem kahl rasierten Kopf und einer verblüffenden Sammlung von Piercings im Ge s icht. Phil Hendricks war nicht gerade der typische Pathologe, doch der beste, mit dem Thorne je zusammengearbeitet hatte. Thorne zog eine Augenbraue hoch. War da ein neuer Ohrring, seit er ihn das letzte Mal gesehen hatte? Hendricks mochte es, sich als Erinnerung an einen neuen Freund einen Ring, Stecker oder einen Stachel stechen zu lassen. Thorne wünschte ihm inständig eine feste Beziehung, bevor er vor lauter Metall endgültig unfähig wäre, den Kopf zu heben.
    Dr. Phil Hendricks war der Zivilist im Team und trat gleich zu Beginn in Erscheinung. Logischerweise, denn es war ja der Fund einer

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