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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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sie es zumindest –, und sie war der Meinung, sie habe mit ihren fünfundfünfzig Jahren noch einiges zu bieten. Der erste Fall, an dem sie arbeitete, brachte Informationen ans Licht, die den Lauf von Thornes Ermittlung entscheidend beeinflussten und, wie sich später herausstellte, sein Leben veränderten. Der kalte Fall – der plötzlich alles andere als kalt war – war ihr ziemlich schnell weggenommen worden, doch Thorne war mit ihr in Kontakt geblieben und hatte sich rasch mit ihr angefreundet.
    Thorne war sich nicht ganz sicher, welchen Vorteil Carol Chamberlain aus ihrer Beziehung zog. Aber was immer es war, er gab es ihr nur zu gerne im Austausch für ihre Direktheit, ihren gesunden Menschenverstand und einen Spürsinn, der mit den Jahren schärfer wurde.
    Während er sie nun über den Tisch hinweg musterte und an den ersten Eindruck dachte, den er von ihr gehabt hatte, fragte sich Thorne, wie er nur so hatte danebenliegen können …
    Chamberlain hielt einen schmuddligen beigen Umschlag hoch, damit Thorne ihn besser sehen konnte, und klopfte mit dem Finger darauf. Die Asche rieselte auf den Tisch. »Das hier kam gestern früh.«
    Thorne hob eine Gabel und stieß mit den Zinken durch die schwärzlichen Krümel. Er war darauf bedacht, nichts davon mit bloßen Händen zu berühren, obwohl er den Grund dafür nicht hätte nennen können. Er war sich noch nicht sicher, ob er etwas in der Sache unternehmen wollte. Die Krümel zerbröselten schon bei der geringsten Berührung der Gabel, aber ein oder zwei der größeren Stücke wiesen noch das ursprüngliche Blau auf.
    »Ich nehm die mal mit.« Er griff nach der Speisekarte und kratzte die Asche damit zurück in den Umschlag.
    Chamberlain nickte. »Vermutlich Serge. Oder schwere Baumwolle. Derselbe Stoff, aus dem Jessica Clarkes Rock gemacht war …«
    Thorne dachte darüber nach, was sie ihm am Abend zuvor am Telefon erzählt hatte. Er erinnerte sich noch an den Fall, an den öffentlichen Aufschrei, doch die Details waren ihm größtenteils neu. Er fragte sich, ob er je eine derart entsetzliche Geschichte gehört hatte.
    Falls ja, war ihm entfallen, wann.
    »Was muss das für ein kranker Typ sein, der einem Kind so was antut?«, sagte Thorne. Er blickte sich nervös um, ob er jemand an den Nachbartischen aufgeschreckt hatte.
    Chamberlain wartete, bis er sich wieder ihr zuwandte, und sah ihm in die Augen. »Einer, der dafür bezahlt wird.«
    »Was?«
    »Wir dachten, das sei so ein Verrückter. Jeder dachte das. Wir und die Schulen und die Zeitungen, alle bekamen das große Zittern und warteten auf die nächste Tat. Dann fanden wir heraus, dass Jessica Clarke das falsche Mädchen war …«
    »Was meinst du mit falsch?«
    »Das Mädchen, das an dem Tag auf dem Schulhof neben ihr stand, hieß Alison Kelly. Sie war eine von Jessicas besten Freundinnen. Genauso groß, dieselbe Haarfarbe. Außerdem war sie die jüngste Tochter von Kevin Kelly.« Sie sah Thorne an, als erwarte sie eine Reaktion. Es kam keine.
    Thorne schüttelte den Kopf. »Soll ich …?«
    »Ich geb dir mal kurz einen Überblick, was 1984 ablief. Damals warst du wie alt?«
    Thorne rechnete es schnell aus. »Das waren meine letzten Monate als Streifenpolizist. Kurz vor meiner Hochzeit. Wahrscheinlich hab ich es noch mal richtig krachen lassen, mich in den Clubs und auf Gigs herumgetrieben …«
    »Du hast doch damals im Norden gelebt?«
    Thorne nickte.
    »Dann standen die Chancen nicht schlecht, dass diese Clubs, in die du damals gegangen bist, den einflussreichen Familien gehörten. Die einflussreichste waren die Kellys. Es gab noch andere im Südosten und noch ein paar Unabhängige, die sich ihre Nischen suchten, aber die Kellys hatten fast überall nördlich der Themse die Hand im Spiel …«
    Thorne fiel auf, dass ihr gewöhnlich so ruhiger Sprachfluss plötzlich zögerlich wurde, dass unter dem neutralen Tonfall ihr heimatlicher Yorkshire-Akzent zum Vorschein kam. Den hatte er bereits früher gehört, wenn sie aufgebracht war oder wütend. Etwas musste sie zutiefst erschüttert haben.
    »Die Kellys saßen in und um Camden Town. In Shepherd’s Bush und Hackney gab es noch andere Firmen, andere Familien, die die Dinge weitgehend unter sich regelten. Es gab immer wieder mal einen Ausrutscher – jedes Jahr kam es zu ein paar Schießereien –, aber es war nicht schlimmer als früher. 1983 dann wurde auf Kevin Kelly geschossen …«
    »Ein Auftragsmörder?«
    »Genau, aber aus irgendeinem Grund ging

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