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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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überleben, war die richtige Fassade entscheidend. Wofür einen die anderen hielten. Die Fassade war genauso wichtig wie eine Telefonkarte oder ein gestohlener Meißel.
    »Ich war eben der perfekte Mann für den Job«, sagte Rooker. »Man erzählte sich, ich hätte ein Jahr zuvor den Auftrag gehabt, Kevin Kelly umzulegen.«
    »Genau. Das erzählte man sich.«
    »Wie gesagt, es war ein Gerücht, an das alle glaubten. Und dadurch war ich der ideale Mann für Billy Ryan, als es darum ging, die Tochter zu beseitigen.«
    »Das perfekte Cover.«
    »Genau.«
    Rookers Zigarette war bereits angezündet. Thorne sah den Rauch aufsteigen, und dabei fiel ihm ein, was er vor einer Woche zu Memet Zarif gesagt hatte. Damals war er so neidisch gewesen wie jetzt. Wie immer in Gegenwart von Leuten, die noch rauchten. Einige der prosaischen Träume von Thorne waren erfüllt von Rauchringen und Nikotin und dem wunderbaren Engegefühl in der Brust, wenn die Wirkung einsetzte.
    »Wie hat Ryan Sie also angesprochen? Er konnte es nicht riskieren, mit Ihnen gesehen zu werden.«
    »Nicht direkt, nein. Es lief über einen Dritten. Einen Typen namens Harry Little. Ist jetzt tot …«
    »Verdächtige Umstände?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Er müsste damals Ende fünfzig gewesen sein.«
    »Und weiter?«
    »Wir haben uns in einem Pub in Camden getroffen. Könnte das Dublin Castle gewesen sein, ich weiß es nicht mehr. Wie auch immer, Harry kroch mir hinten und vorn rein. War übertrieben freundlich. Wir waren nie die besten Kumpel gewesen, daher war mir klar, dass er was vorhatte. Und zwar was Größeres, schließlich hatte er einen entsprechenden Ruf. Er begann über Billy Ryan zu reden und hörte gar nicht mehr auf. Ich meine, wir tranken in der Zeit einige Bierchen, verstehen Sie? Und dann sagte er, Billy würde mich gerne treffen, und er würde sich dann zu gegebener Zeit bei mir melden. Schon da war klar, dass es hier um etwas Besonderes geht.« An Thornes verändertem Gesichtsausdruck konnte er ablesen, dass er verstand. »Etwas Besonderes im Sinne von etwas anderem, ja? Nicht die übliche Vorgehensweise.«
    Thorne nickte. Die übliche Vorgehensweise. Jemandem eine Kugel in den Hinterkopf jagen oder jemanden aus dem Fenster werfen oder totprügeln …
    »Wo fand das Treffen mit Ryan statt?«
    Rooker drückte seine Zigarette aus und schob seinen Stuhl zurück. »Könnten wir eine kleine Pause einlegen? Ich muss pinkeln.«
    Während Rooker weg war, stand Thorne auf und vertrat sich die Beine. Er ging ans andere Ende des Zimmers, lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. Die Gesichter drehten sich in seinem Kopf, suchten nach ihrem Platz. Billy Ryan, Memet Zarif, Marcus Moloney, Ian Clarke, Carol Chamberlain. Die toten Gesichter von Muslum und Hanya Izzigil. Das Gesicht ihres Sohns Yusuf.
    Die zwei Gesichter der Jessica Clarke …
    Ein Gefängnisaufseher öffnete die Tür und brachte Rooker zurück. Thorne setzte sich wieder zu ihm an den Tisch.
    »Haben Sie Kinder, Mr. Thorne?«
    »Nein.«
    Rooker zuckte die Achseln, als ob das, was er sagen wollte, damit irrelevant oder gegenstandslos geworden sei.
    Thorne war neugierig, aber noch wichtiger war es ihm, weiterzukommen. Er drückte auf die rote Taste des Aufnahmegerätes an der Wand. »Die Befragung wird fortgesetzt um … 11 Uhr 45.« Er sah zu Rooker. Er war schon wieder dabei, sich eine Zigarette zu drehen. »Erzählen Sie mir, was geschah, als Sie Billy Ryan trafen.«
    »Es war auf einem Waldweg im Epping Forest, oben bei Loughton. Harry Little rief mich eines Abends an, und ich fuhr rauf.«
    »Außer Ihnen beiden war niemand dabei?«
    Rooker nickte. »Wir saßen in Ryans Auto, und er verriet mir seinen Plan.«
    »Er sagte Ihnen, dass Sie Kevin Kellys Tochter, Alison, umbringen sollten.«
    Rooker sah Thorne in die Augen. Er wusste, jetzt ging’s ans Eingemachte. »Ja, genau.«
    »Was haben Sie sich gedacht?«
    Rooker wirkte verwirrt.
    »Na ja, wie Sie sagten, das war nicht die übliche Vorgehensweise.«
    »Jeder wusste, dass Ryan nicht ganz richtig tickt …«
    »Aber ein Kind ?«
    »Er wollte einen Krieg. Er wollte etwas tun, das ein Loch in die Welt reißt, verstehen Sie?«
    Thorne blinzelte, Ryans Gesicht fiel ihm ein. Er hatte es ganz aus der Nähe gesehen, seine Wangen beinahe so rot wie sein Schal. Die Augen glasig. Das leichte Zucken um den kleinen Mund, als er sagte: »Lassen wir also das Geplauder …«
    »War es Ryans Idee?«, fragte er. »Das Anzünden?«
    »Ja doch.«

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