Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Mann strahlte vor Freude. »Ich hab Fleisch ausgesucht«, sagte er. »Natürlich hab ich auch gekocht, aber Fleischaussuchen ist am wichtigsten.« Er wartete etwas, beobachtete ihn mit offenem Mund und lächelte, als er die nächste Gabel nahm. »Gut, ich lasse Sie Essen in Ruhe genießen …«
Thorne schluckte und deutete auf den Platz gegenüber. »Nein, bitte. Setzen Sie sich doch zu mir. Ich habe nicht oft die Gelegenheit, mit dem Koch zu essen.«
Zarif nickte. »Ich trinke ein Glas Scotch mit Ihnen.« Er wandte sich um und sagte auf Türkisch etwas zu seiner Tochter, die finster dreinblickend hinter dem Tresen stand. Sie sah zu Thorne, der ihren Blick zuckersüß erwiderte. Der Alte runzelte die Stirn, als er sich setzte, und beugte sich zu ihm, um ihm zuzuflüstern: »Sema immer unglücklich. Nicht Ihre Schuld.«
Thorne sah ihr zu, wie sie ein Glas Johnny Walker für ihren Vater einschenkte und es mit Mineralwasser aus einer Plastikflasche auffüllte. »Sind Sie sicher? Ich habe oft diese Wirkung auf Frauen.«
Zarif lachte und bekam dabei einen Asthmaanfall. Er schlug sich mit seiner riesigen Pranke ein paarmal auf die Brust, bis das Pfeifen verschwand.
Sema brachte den Scotch an den Tisch und verschwand wieder wortlos hinter dem Tresen.
»Serefé.« Zarif hob sein Glas.
Thorne trank Bier. Er hob seine Flasche Efes.
»Das heißt ›Auf Ihre Ehre‹.«
»Auf unsere Ehre«, sagte Thorne, als die Flasche das Glas berührte.
In dem sich anschließenden Schweigen verschlang Thorne so gut wie alles, was sich auf seinem Teller befand.
Er nahm große Bissen von den Hackfleischklößen, aß den Reis und spülte alles mit dem kalten Bier hinunter.
Zarif nippte an seinem Scotch mit Wasser. »Sie mögen Frauenschenkel«, sagte er.
Thorne, noch immer kauend, sah verwirrt auf.
»Das Gericht heißt Kadinbudu. Das heißt ›Frauenschenkel‹. Sie mögen also Frauenschenkel. Mein Witz ist, dass, wenn Sie nicht mögen Kadinbudu, dann mögen Sie vielleicht auch keine Frauen. Verstehen Sie?« Wieder brach er in dieses pfeifende Lachen aus.
»Und was ist mit Vegetariern?«, fragte Thorne.
Zarif griff nach der Speisekarte. Sein Blick dabei besagte, gerade das sei doch Beweis genug. »Alle Namen auf der Karte bedeuten etwas. Türkische Namen bedeuten immer etwas. Was war Ihre Vorspeise?«
»Die gebackene Aubergine.«
Zarif deutete in der Speisekarte auf das Gericht. »Imam Bayildi. Das bedeutet ›Das haute den Imam um‹. Verstehen Sie. Der Imam hat das gegessen, und es war so gut, dass er vor Freude ohnmächtig wurde.«
»Es tut mir Leid, dass ich nicht ohnmächtig wurde«, sagte Thorne. »Aber es war sehr gut.«
»Hunkar Begendi.« Wieder deutete Zarif auf die Speisekarte. »Das schmeckt sehr gut hier. Lammhackfleisch in weißer Soße. Das bedeutet ›Der Kaiser hat es geliebt‹.«
»Hat er es so sehr geliebt wie der Imam?«
Der Witz kam nicht an. »Alle Namen bedeuten etwas, aber einige sind schlecht übersetzt. Komisch übersetzt, verstehen Sie? Viele englische Kunden fragen, warum die Namen in der Speisekarte alle türkisch sind. Ich sage ihnen, sind sie englisch, hätten wir Gerichte, die ›Mistkebab‹ und › gefüllte Prostituierte‹ heißen.«
Thorne lachte.
»Nein, das geht nicht, das vertreibt Leute …«
»Nur manche Leute«, sagte Thorne. »Andere kämen gerade dann.«
Zarif lachte laut auf und schlug sich so heftig gegen die Brust, dass sein Scotch auf den Tisch schwappte.
Plötzlich musste Thorne an seinen Vater denken. Wie sehr er dieses Gespräch genossen hätte. Er stellte sich vor, wie er lachte, sich die Namen der Gerichte merkte …
»Was ist mit den Namen der Leute?«, fragte Thorne. »Bedeuten die auch immer etwas?«
Zarif nickte. »Natürlich.«
Thorne hatte aufgegessen und schob seinen Teller weg. »Was bedeutet Zarif?«
Der Alte überlegte kurz. »Zarif ist … ›elegant‹.«
Thorne blinzelte und sah einen Nebel Blut auf der Tapete. Die Leiche von Mickey Clayton vor einem Küchenstuhl kniend. Klaffende Schlitze auf seinem Rücken …
»Elegant?«, fragte er.
Wieder nickte Zarif. Er winkte seiner Tochter, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Und redete, als ihm dies gelungen war, türkisch auf sie ein. Ihre miese Laune wurde noch mieser, als sie zu einem kleinen Kühlschrank in der Ecke ging.
»Mein Vorname, Arkan? Das ist beste Witz überhaupt. Hat zwei Bedeutungen, hängt davon ab, wo man ist und wie man ihn ausspricht. Er bedeutet ›edles Blut‹ oder
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