Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
sich um ein Weibchen handelte. Er wusste nicht genau, wie alt Elvis war, aber sie musste an die zwölf oder dreizehn Jahre alt sein, und obwohl sie nie eine dicke Katze gewesen war, hatte Thorne festgestellt, als er sie vor ein oder zwei Tagen hochgehoben hatte, dass sie sich dünner anfühlte als sonst.
»Wenn bei der Arbeit nicht noch irgendwas reinkommt, gehe ich am Wochenende mit ihr hin«, sagte er.
Sie aßen weiter. Louise erzählte Thorne, dass sie den Müll nach draußen gebracht habe, bevor sie am Morgen seine Wohnung verlassen hatte, und dass er fast keine Milch mehr habe. Thorne sagte Louise, wie gut das Essen schmecke, und dachte, dass sich Paare, die seit ein oder zwei Jahren zusammen waren, nun einmal über solche Dinge unterhielten: über Müllbeutel und Katzenkotze.
Er versuchte, sich einzureden, dass es noch viel schlimmer sein könnte.
Nachdem sie die Teller abgeräumt hatten, nahmen sie ihre Weingläser mit ins Wohnzimmer. Im Fernsehen wurde ein Champions-League-Spiel übertragen, das Thorne sich gerne angesehen hätte, doch er sagte nichts, als Louise ihren Heimvorteil nutzte und eine CD irgendeiner Sängerin aus dem Südwesten Englands auflegte, die sich offenbar für Dusty Springfield hielt. Thorne machte es sich auf dem Sofa bequem, doch als Louise kam und sich ihm gegenüber auf den passenden Schemel setzte, war klar, dass sie über mehr als den Müll sprechen wollte.
»Nur mal angenommen …«, sagte sie. »Was würdest du dazu sagen, wenn ich meinen Job kündigen würde?«
Thorne lehnte sich zurück und blies die Wangen auf. »Donnerwetter.«
»Ich habe gesagt, ›nur mal angenommen‹.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Ich glaube, wir müssen irgendwas unternehmen.«
» Wir? «
»Irgendwas ändern, meine ich.«
»Aber dir gefällt dein Job bei der Polizei«, sagte Thorne. »Zumindest besser als mir. Vielleicht wirst du noch dieses Jahr zur Detective Chief Inspector befördert.«
»Ich denke, mein Job hatte womöglich was damit zu tun, dass ich das Baby verloren habe.«
»Das kannst du doch nicht wissen.«
»Ich bin mir jedenfalls verdammt sicher, dass er nicht gerade geholfen hat. Du weißt doch, wie stressig er ist …«
Thorne erkannte etwas in ihrer Stimme: Wut, Dringlichkeit. Er nickte nur und trank einen Schluck.
»Und er hat wahrscheinlich auch was damit zu tun, dass ich nicht noch mal schwanger geworden bin.«
»Tja, wenn wir vielleicht ein bisschen häufiger Sex hätten …«
»Genau, wenn dieser Scheißjob uns nicht beide so auslaugen würde und wenn unsere Schichten nicht dafür sorgen würden, dass wir die meiste Zeit wie zwei verdammte Schiffe in der Nacht sind.«
Thorne konnte dagegen nicht viel einwenden. Er lehnte sich zurück. Die Südwestengland-Dusty sang sich in Rage, beklagte sich darüber, dass ihr Geliebter betrunken und untreu sei.
»Mir kommt das nur ein bisschen … radikal vor«, sagte Thorne.
»Wir müssen irgendwas tun, Tom. Wenn das mit uns irgendwo hinführen soll.«
» Hinführen? «
»Vielleicht müssen wir beide unseren Job kündigen.«
» Was? «
Sie hatten schon einmal darüber gesprochen, über ihre Phantasie-Zukunft. Damals war allerdings das Baby unterwegs gewesen.
»Willst du wirklich einfach nur dasitzen und mir weismachen, dass alles in Ordnung ist?«
»Du bist doch diejenige, die zu allem eine Meinung hat.«
»Das ist ein Teil des Problems.«
»Jeder hat Höhen und Tiefen oder wie auch immer, aber du tust so, als wäre alles im Eimer.«
»Ich versuche nur, realistisch zu sein.«
»Du bist albern«, sagte Thorne, »und melodramatisch.«
Louise schüttelte den Kopf und lachte, nur ein Mal, verärgert. »Das ist wieder mal typisch.«
»Was ist typisch?« Thorne hatte darauf geachtet, alles Erforderliche auf die erforderliche Art und Weise zu sagen, um zu verhindern, dass Louise die Fassung verlor. Jetzt lief er Gefahr, selbst die Fassung zu verlieren.
Sie schluckte einen Mund voll Wein und schüttelte abermals den Kopf. »Wenn es um die Arbeit geht, tust du alles, um das richtige Ergebnis zu bekommen. Du strengst dich besonders an, gehst auf volles Risiko. Du übertreibst es. Wenn es um andere geht, um das Leben und die Probleme anderer, tust du alles Nötige, ohne auch nur ein Mal nachzudenken. Aber was dein eigenes Leben betrifft, unser Leben, ist es eine andere Geschichte.«
»Das ist nicht fair, Lou …«
»Was uns anbelangt, gehst du den Weg des geringsten Widerstands und unternimmst so wenig wie möglich. Es
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