Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod
Morgan«, sagte Hicks. »Sie werden in der Notaufnahme gebraucht.«
Sie begleiteten Steve Morgan in die Notaufnahme und beobachteten vom Rand die Morgan’sche Familientragödie. Inzwischen war auch Sara Morgan eingetroffen und tröstete ihre Tochter. Die Eltern schafften es, sich von den Spannungen zwischen ihnen fast nichts anmerken zu lassen, während sie sich auf Wendy konzentrierten und sie ihre Geschichte erzählen ließen.
Mendez beantwortete, so gut er konnte, ihre Fragen, was mit Dennis Farman geschehen würde, obwohl er zugeben musste, dass er es noch nie mit einem so jungen Gewalttäter zu tun gehabt hatte. Er hatte keine Ahnung, ob es irgendeinen Präzedenzfall gab, an dem sich die Vertreter der Justiz orientieren konnten. Das Einzige, was er mit Bestimmtheit wusste, war, dass Dennis Farman weder heute Abend noch in naher Zukunft nach Hause gehen würde.
Der Arzt teilte ihnen mit, dass Wendy mit ihren Eltern das Krankenhaus verlassen durfte. Sie habe Prellungen und
Blutergüsse am Brustbein und an den Rippen davongetragen, aber in Anbetracht dessen, was Cody Roache widerfahren war, habe das Mädchen Glück gehabt.
»Wird Cody wieder gesund?«, fragte Wendy.
»Er muss ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, aber er wird wieder gesund«, erklärte der Arzt zur Erleichterung aller. Den Chirurgen sei es gelungen, den Riss in seiner Milz zu nähen und die inneren Blutungen zu stoppen. Auch der Junge habe Glück gehabt.
»Der gute Mann hat eine ziemlich merkwürdige Auffassung von Glück«, meinte Hicks, während sie draußen auf dem Gang auf die Morgans warteten. »Glück hätten die beiden gehabt, wenn sie Dennis Farman gar nicht erst über den Weg gelaufen wären.«
Sie folgten den Morgans hinaus auf den Parkplatz, wo Steve Wendy aus dem obligatorischen Rollstuhl hob und in den Minivan ihrer Mutter setzte.
»Daddy, kommst du nach Hause?«, fragte das Mädchen und sah ihn mit großen kornblumenblauen Augen flehentlich an.
»Ich komme gleich nach, mein Schatz. Mach dir keine Sorgen.«
Nachdem Sara und Wendy Morgan weggefahren waren, machte Steve Morgan Anstalten, zu seinem Auto zu gehen. Mendez trat ihm in den Weg.
»Wir hätten noch ein paar Fragen an Sie, Mr Morgan.«
Morgan zögerte kurz, dann ging er um ihn herum. »Das war ein langer Tag, Detectives. Ich fahre nach Hause.«
Mendez fiel neben ihm in Gleichschritt. »Als ich Sie heute Morgen fragte, wo Sie um drei Uhr früh waren, haben Sie vergessen zu erwähnen, dass das Bett, in dem Sie angeblich schliefen, in einem Hotelzimmer stand.«
»Sie haben auch nicht danach gefragt.«
»Sie sollten uns nicht zum Narren zu halten, Mr Morgan«, sagte Hicks, der jetzt auf der anderen Seite neben Morgan herging. »Das erweckt den Eindruck, dass Sie sich in einer Situation, in der Kooperationsbereitschaft gefragt ist, arrogant verhalten.«
»Ich bin nicht arrogant, ich bin verärgert«, sagte Morgan. »Ich widme dem Thomas Center und seinen Klientinnen viel Zeit. Es passt mir nicht, allein wegen meiner Großzügigkeit auf einmal wie ein Verdächtiger behandelt zu werden.«
»Das ist nicht der Grund für unser Interesse an Ihnen, falls Ihnen das besser passt«, sagte Mendez. »Wir interessieren uns für Sie, weil Sie alles anderes als kooperativ sind und weil wir wissen, dass Sie eine Affäre mit einem der Opfer hatten.«
»Sie wissen nichts …«
»Doch. Peter Crane hat es uns bestätigt. Er hat uns außerdem erzählt, dass Sie die vergangene Nacht im Holiday Inn verbringen wollten, weil Ihre Frau Sie rausgeworfen hat.«
Morgen blieb neben einem tiefergelegten schwarzen Trans Am stehen. »Der Zustand meiner Ehe geht Sie nichts an.«
»Das könnte aber ein gutes Motiv sein«, sagte Hicks. »Falls Lisa Warwick Druck auf Sie ausgeübt und damit gedroht hat, es Ihrer Frau zu erzählen …«
»Und welches Motiv hätte ich, Karly zu überfallen?«
»Vielleicht genießen Sie es einfach«, schlug Mendez vor.
Er warf durch das Beifahrerfenster einen Blick in das Auto. Auf dem Rücksitz lagen eine schwarze Members-Only-Jacke und zwei Baseballkappen. Ein Karton mit den Flugblättern für Karly Vickers. Im Fußraum standen ein Paar schmutzige Wanderstiefel. Er konnte keine Folterinstrumente entdecken, nichts, was nach Andenken an die Opfer aussah oder ihm sonst einen Vorwand geliefert hätte, das Auto zu durchsuchen.
»Ich verstehe, dass Sie Ihre Arbeit tun müssen«, sagte Morgan. »Aber Sie verschwenden wertvolle Zeit mit mir, in der Sie sich
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