Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod
über Ihren Rasen gefahren bin, ein Bußgeld aufgebrummt haben, habe ich Ihren Sohn dazu überredet, ein Kind niederzustechen und Sie des Mordes zu bezichtigen.«
»Ich habe Ihnen schon mal gesagt, Sie sollen sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern«, knurrte Farman und fuchtelte ihr mit dem Zeigefinger vor der Nase herum.
»Ich kümmere mich um Ihren Sohn, und es hätte schon vor langer Zeit jemand die Initiative ergreifen und etwas unternehmen müssen. Sie sehen ja, was jetzt mit ihm passiert.«
»Das ist nicht meine Schuld«, verteidigte sich Farman.
»Es ist Ihr Sohn, da können Sie nicht jede Verantwortung von sich weisen«, erwiderte sie heftig. »Er ist nicht zufällig so geworden, wie er ist.«
»Dummes Miststück«, sagte Farman und drängte sie gegen die Wand.
Vince spürte einen Adrenalinstoß durch seine Adern rauschen. Er trat zwischen sie, legte Farman die Hände auf die Schultern und stieß ihn mit solcher Wucht zurück, dass er mit dem Kopf an die gegenüberliegende Wand schlug.
»Da drin war ich nett zu Ihnen, Frank«, sagte er und machte einen Schritt auf den Deputy zu. »Wenn Sie dieser Frau zu nahe treten, dann bin ich nicht mehr nett. Ich verpasse Ihnen einen solchen Tritt in den Arsch, dass Ihnen Hören und Sehen vergeht. Bevor das passiert, sollten Sie lieber gehen.«
»Du lässt ihn gehen?«, sagte Anne ungläubig, als Farman davonmarschierte. »Verhaftet ihr ihn denn nicht?«
»Wir haben außer der Aussage eines geistig verwirrten Elfjährigen nichts gegen ihn in der Hand«, sagte Vince. »Wir wissen nicht, ob Sharon Farman tot ist oder nur vermisst wird. War schon jemand vom Jugendamt da?«
»Ja, sie sind gerade drin bei Dennis«, sagte sie und seufzte. »Er fragt dauernd, wann er nach Hause darf.«
Vince sah, dass sie aus Mitleid mit dem Jungen den Tränen nahe war. Er führte sie den Flur hinunter durch die Tür auf den Hof. Im Schutz einer alten Eiche nahm er sie in die Arme und hielt sie einfach nur fest - und sie stand einfach nur da und ließ sich von ihm festhalten, schlang die Arme um seine Taille, als wäre es das Natürlichste von der Welt.
»Ich bin stolz auf dich«, sagte er leise.
»Stolz auf mich? Weswegen denn?«, fragte sie und löste sich wieder von ihm.
»Es gehört Mut dazu, Frank Farman so entgegenzutreten.«
Sie runzelte die Stirn. »Sieh dir doch nur mal an, was für einen Schaden er angerichtet hat. Dennis wird nie ein normales Leben führen, oder? Egal ob er ins Gefängnis muss
oder nicht. Er wird das alles niemals überwinden, nicht wahr?«
Vince schüttelte den Kopf. »Nein. Tut mir leid, Liebes. Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen, aber meiner Erfahrung nach … Wahrscheinlich kriegen sie ihn nie wieder hin.«
»Also, was sollen wir machen?«, fragte sie. »Ihn einfach aufgeben? Das kann es doch nicht sein.«
»Stimmt, aber ich weiß auch keine Lösung.« Er streckte die Hand nach ihr aus, und sie nahm sie, ohne zu zögern. »Vielleicht könntest du eines Tagen zu den Menschen gehören, die eine Lösung dafür haben.«
»Jemand muss es versuchen«, sagte sie trotzig.
»Ich weiß. Aber ich meine es ernst. Du kannst wunderbar mit Kindern umgehen. Du versuchst, dich in sie hineinzuversetzen und ihnen zu helfen. Nicht dass Unterrichten keine wichtige Aufgabe wäre, das ist es durchaus. Aber bei Kindern, die wirklich Hilfe brauchen, könntest du noch viel mehr bewirken.«
»Ich will einfach nur alles für sie tun, was in meiner Macht steht«, sagte sie.
Vince beugte sich vor und gab ihr einen zärtlichen Kuss.
»Du bist unglaublich, Anne«, sagte er statt der Worte, die ihm auf der Zunge lagen - Ich fange an, mich in dich zu verlieben.
Er war achtundvierzig Jahre alt und hatte eine Kugel im Kopf und war dabei, sich in Anne Navarre zu verlieben, die er gerade mal drei Tage kannte. Das klang ein bisschen verrückt, sogar für ihn. Aber es stimmte … Und er fand es gut so.
70
»Ich habe mich bei Cal darüber beschwert«, sagte Jane Thomas und goss sich Kaffee ein. »Ich hatte den Eindruck, dass die Frauen aus dem Thomas Center unverhältnismäßig oft angehalten werden. Er meinte, ich bilde mir das nur ein.«
»Was haben Sie dazu gesagt?«, fragte Mendez.
»Ich habe ihm erklärt, dass er sich erst mal die Eintragungen ansehen sollte, dann könnte er mir Verfolgungswahn vorwerfen, vorher nicht.«
»Wann war das?«, fragte Hicks, als sie das Wartezimmer verließen und zurück zur Intensivstation gingen.
»Ach, wir kommen
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