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Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Titel: Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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hätte die Öffentlichkeit sofort als Täter akzeptiert.
    Und tatsächlich waren menschliche Leichenteile auf Sells’ Grund gefunden worden, weshalb man ihn wegen des Mordes an einer in einem anderen Gerichtsbezirk als vermisst gemeldeten Frau angeklagt und verurteilt hatte. Die Verbrechen aber, deren sich Peter Crane schuldig gemacht hatte, waren genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer.
    Das Böse konnte sich ebenso gut hinter einem gefälligen Gesicht wie hinter einer gemeinen Visage verbergen.
    Vince erinnerte sich daran, dass einige einflussreiche Politiker in Washington, der Heimat von Ted Bundy, Spenden für dessen Verteidigung gesammelt hatten, als er in einem Gefängnis in Colorado auf seinen Prozess wegen des Mordes an Caryn Campbell wartete.
    Bundy war damals bereits wegen der Entführung von Carol DaRonch – einem der wenigen von Bundys Opfern, die überlebt hatten – zu einer fünfzehnjährigen Haftstrafe in Utah verurteilt gewesen und stand nachweislich in Verbindung mit dem Verschwinden der Highschoolschülerin Debby Kent und trotzdem konnten Bundys Unterstützer nicht glauben, dass ihr Ted – der smarte, charmante, gutaussehende, beredte Ted, der ehrenamtlich für die Telefonseelsorge arbeitete und sich als Lokalpolitiker einen Namen zu machen begann – tatsächlich ein brutales Sexualverbrechen begangen haben könnte.
    Jetzt mussten diese wohlmeinenden Leute damit leben, dass Bundy nach seiner Flucht aus dem Gefängnis mit dem von ihnen gespendeten Geld womöglich seine Reise nach Florida finanziert hatte, wo er fünf Studentinnen von der Florida State University brutal missbrauchte und zwei von ihnen tötete, dass er einige Tage später ein zwölfjähriges Mädchen entführte und ermordete.
    Das Böse setzte sich überall fest, wo es auf einen geeigneten Nährboden traf, wo die flüchtige toxische Mischung aus Veranlagung und Milieu Seele und Geist zerfraß.
    Was hatte ein solcher Cocktail bei Zander Zahn angerichtet, fragte sich Vince. Mehrere Fälle von Geisteskrankheit in der Familie. Körperliche und seelische Misshandlung durch die Mutter. Ein Verstand, der in einer Weise funktionierte, dass sein Besitzer nur schwer eine Beziehung zu anderen aufnehmen konnte. Wohin führte all das unter Spannung? Zu einem Rückfall? Zu Raserei? Dem Drang, Rache zu nehmen?
    Mochte Zahn als Wissenschaftler auch großen Respekt genießen, die Leute würden ihn nur allzu bereitwillig zum Mörder stempeln, vermutete Vince, ganz einfach weil er anders war.
    Zahn hatte seine Mutter umgebracht. Er hatte ihr mehrere schwere Stichverletzungen im Unterleib zugefügt.
    Die mögliche Verbindung war unübersehbar, dachte Vince. Er dachte an das Foto, das Mendez aus Gina Kemmers Mülleimer gezogen hatte. Marissa Fordham, der so oft in den Unterleib gestochen worden war, dass nur noch ein blutiger Klumpen davon übrig war.
    Zahn hatte Marissa vergöttert. Vielleicht hatte sie die sanfte, liebevolle Mutter verkörpert, die er nie gehabt hatte. Könnte das Gefühl, von ihr verraten worden zu sein, zu dem psychotischen Zusammenbruch geführt haben, der dem brutalen Mord an Marissa vorangegangen sein musste?
    Ja, wahrscheinlich schon.
    Ein Anruf bei Arthur Buckman hatte Vinces Vermutung bestätigt, dass Zahn nicht im College erschienen war. Er hatte wegen der tiefen Trauer über den Tod seiner Freundin den Rest der Woche freigenommen. Rudy Nasser hatte Zahns Unterricht übernommen.
    Vince fuhr durch die idyllische Landschaft zu Zahns Haus. Er hatte sich nicht telefonisch angemeldet. Zahn hätte ihm sicherlich gesagt, er solle nicht kommen, und dann hätte er die fünfzehn Minuten, die Vince für den Weg brauchte, damit verbracht, in seinem verworrenen Inneren die schlimmsten Ängste zu entwickeln.
    Vince parkte vor dem Tor und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage. Nichts. Er versuchte es noch einmal. Wieder nichts. Er sah die zwei Meter hohe verputzte Mauer hoch. In seinen besten Jahren wäre er vielleicht ohne Leiter hinaufgekommen. Er versuchte es erneut mit der Gegensprechanlage. Nichts. Er sah von der Mauer zu seinem Auto und zurück. In seinen besten Jahren wäre er irgendwie über die Mauer geklettert. Heute war er älter und weiser. Er manövrierte sein Auto neben die Mauer, kletterte auf die Motorhaube, dann auf die Mauerkrone und ließ sich auf der anderen Seite hinunter.
    »Für einen alten Kerl nicht schlecht, Vince«, sagte er und klopfte den Staub von seiner Hose. Er trug eine sandfarbene Freizeithose

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