TOP SECRET - Die Sekte
des Herrn der Ringe zu lesen. Sie hatte keine engen Freunde. James tat das ein wenig leid, aber Dana schien es nicht im Geringsten zu kümmern.
Glücklicherweise war die Touristenklasse des Flugzeugs ausgebucht und CHERUB musste Businessclass-Tickets kaufen. Nach kurzem Warten am Check-in-Schalter gingen die sechs Passagiere nach oben zu den anderen Cherubs im Selbstbedienungsrestaurant.
James holte sich ein warmes Frühstück mit Orangensaft und ging zu den anderen, da bemerkte er, dass Kerry allein am Nebentisch saß und ihn zu sich winkte.
»Hi«, sagte James. »Was machst du denn allein hier?«
Kerry blickte in ihre Teetasse. »Als ich in Hongkong war, musste ich an dich denken. Ich wollte dir etwas sagen, aber irgendwie habe ich nie den richtigen Moment gefunden.«
James lächelte unsicher. »Was sagen?«
»Na ja, seit wir uns letzten September getrennt haben, haben wir schon ein paarmal miteinander geknutscht, und keiner von uns hat jemand anderen …«
James grinste. »Ich habe es oft genug versucht.«
»Gabrielle hat’s mir erzählt«, meinte Kerry schmunzelnd.
»Äh, ja … das zählt eigentlich nicht, weil ich so voll war.«
»Soll ich ihr das sagen?«, erkundigte sich Kerry amüsiert.
»Nicht doch, sie wird mir in den Hintern treten. Also, über was genau sprechen wir hier eigentlich?«
»Wenn du zurückkommst - wann auch immer das ist -, dann würde ich es gerne noch einmal versuchen.«
James lächelte. Fünf Monate hatte er darauf gewartet, dass Kerry so etwas sagte; nur dumm, dass das Timing so schlecht war.
»Das heißt, wenn du da bist«, meinte er. »Vielleicht bist du dann ja selbst auf einer Mission.«
»Ich weiß«, sagte Kerry und rührte in ihrem Tee. »Und
ich werde nicht damit anfangen, gute Einsätze abzulehnen, nicht einmal für dich.«
»Wenn man es genau betrachtet, dann ist man gar nicht so lange ein Cherub«, meinte James und schüttelte langsam den Kopf. »Darüber habe ich mit Kyle gesprochen, bevor ihr nach Hongkong gegangen seid. Er ist jetzt sechzehn. Noch ein Jahr oder achtzehn Monate, dann wird er nicht mehr da sein.«
Kerry lächelte. »Ach was, Kyle ist so ein Knirps. Nur das bisschen Flaum am Hintern lässt ihn älter aussehen als dich.«
Kerry sah ihn mit dem hungrigen Ausdruck an, den James als ihr Küss-mich -Gesicht kannte. Über ein Dutzend Agenten und Mitarbeiter von CHERUB saßen am Nebentisch, es war also wenig diskret, aber James erkannte, dass dies möglicherweise die letzte Gelegenheit für viele Monate war.
Sie beugten sich beide vor. Es begann wie ein ganz normaler Kuss, doch der riss sie beide richtig mit, und James’ Hände hielten schließlich Kerrys Hinterkopf umfasst, während sein T-Shirt im Eigelb seines Spiegeleis hing.
Erst unter einem Hagel Brötchen und Butterpäckchen trennten sie sich.
»Nehmt euch ein Zimmer!«, empörte sich Kyle.
Lauren verstellte ihre Stimme und äffte James nach: »Ich weiß nicht, warum du mir andauernd unterstellst, ich sei hinter Kerry her. Wir sind nur noch gute Freunde.«
James und Kerry lächelten ihre Clique schuldbewusst an und wandten sich dann wieder einander zu.
»Ich versuche, mit dir in Kontakt zu bleiben«, sagte James. »Du weißt schon, über E-Mail und so.«
Traurig hielt sich Kerry die Teetasse vors Gesicht. »Ja, klar.«
Nach sechs Wochen Nahkampftraining für Fortgeschrittene hatte James blaue Flecken, Schmerzen und fühlte sich ausgebrannt. Normalerweise konnte er in Flugzeugen nicht schlafen, doch dieses hatte Schlafsessel, die man zu flachen Liegen umlegen konnte, und das aufmerksame Personal holte einem Kissen und eine Decke, sobald man einzunicken begann.
Wenn er wach war, spielte James Playstation, aß Junkfood, redete mit Abigail über das Leben in Australien und blätterte in den Büchern über Sekten und Gehirnwäsche, die John ihm gegeben hatte. Zuerst sahen die Bücher langweilig aus, aber bald war James von ein paar Fakten fasziniert, und sein Interesse war geweckt.
Er hatte nie einen Gedanken an Sekten verschwendet, aber er hatte immer angenommen, dass man schon einen an der Waffel haben musste, um einer beizutreten. Glaubte man diesen Büchern, sah die Wahrheit anders aus.
Die Leute, die für Sekten rekrutiert wurden, waren in der Regel nachdenklich und intelligent. Sie hatten
einen ganz normalen Hintergrund, auch wenn sie in der Regel während einer Phase ihres Lebens angeworben wurden, in der sie allein waren und mit dem Alltag nicht zurechtkamen. Typische
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