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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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europäischen Einigung und Hegemonie eher zu
als die Anglo-Amerikaner.'«
    Kuznetow schloß
das Buch. »Pierre La Croix verbindet eine lange Freundschaft
mit Rußland, und er glaubt aus verschiedenen Gründen,
daß Frankreich als ein europäisches Land den Russen
näherstehe als den Anglo-Amerikanern.«
    Boris setzte die
Brille ab und spielte mit seinen knorrigen Fingern. »Wenn man
erst einmal begriffen hat, daß Frankreich unter der Knute von
La Croix steht, und wenn man seinen grundsätzlichen Haß
auf die Anglo-Amerikaner erkannt hat, dann ist es nicht allzu
schwer, das, was kommen wird, vorauszusehen. Er hat mit der force de
frappe herumexperimentiert, mit dem
Unsinn einer dritten Macht in der Welt, bestehend aus einer
europäischen Allianz unter Frankreichs Vorherrschaft. Mit
seinen Partnern im Gemeinsamen Markt ist er wie mit dummen Jungen
umgesprungen und hat erreicht, daß Frankreich in dieser
Wirtschaftsunion den Ton angibt.
    Nun wird er versuchen,
Frankreich zum Makler einer paneuropäischen Einigung zu
machen, die den östlichen und den westlichen Block Europas
umfaßt. Aber die Sowjetunion läßt sich nicht
übers Ohr hauen. Vielmehr beabsichtigen wir, diese
Schwächen auszunutzen. So wie Deutschland Petain ausgenutzt
hat, beabsichtigen wir, La Croix auszunutzen. Ich prophezeie Ihnen,
daß er Frankreich innerhalb von fünf Jahren aus der NATO
herausnehmen wird, denn was ihn wurmt, ist die Vorherrschaft der
Amerikaner, die, so glaubt er, Frankreich um sein eigentliches
Schicksal - oder was ein beklagenswerter alter Mann dafür
hält - betrogen haben.
    Topas unterminiert die
französischen Fundamente. Für einen sowjetischen
Residenten in Paris ist es ein Kinderspiel, einen Spionagering zu
unterhalten, weil er auf drei Millionen Moskau treu ergebene
französische Kommunisten zurückgreifen kann. La Croix hat
sich mit den französischen Kommunisten auf einen Handel
eingelassen, um an der Macht zu bleiben. Wenn er aber meint, er
komme um die Endabrechnung mit ihnen herum, dann täuscht er
sich.
    Auf Moskaus Programm
steht Umsturz, ein gewaltiger Umsturz. Wenn Frankreich aus der NATO
ausgetreten ist und wenn die französischen Kommunisten nach
dem Tode Pierre La Croix' fest im Sattel sitzen, wird eine Welle
der Unruhe über Frankreich hinweggehen, und dann, meine
Herren, wird die kommunistische Machtübernahme
folgen.«

 
    60
    Liebster
Papa,
    eine große
Traurigkeit hat Mama überfallen. Eine Art Lethargie. Sie hat
Paris verlassen und hält sich jetzt ständig in
Montrichard auf. Ich glaube, irgend etwas ist geschehen, das sie
erschreckt hat; sie fürchtet sich, ehrlich in sich zu gehen,
weil die Wahrheit zu schmerzlich für sie sein
könnte.
    Ich habe mir soviel
Sorgen um Mama gemacht. Mama ist ein schöner Vogel, aber
einer, der in niedrigen Himmelsregionen bleiben muß. Wenn sie
versucht, zu hoch zu fliegen, brechen ihr die Flügel. Sie
möchte sich mit den Himmelsstürmen bis zu den Sternen
erheben, aber sie kann es nicht. Sie sieht, wie Du das Wagnis und
die Anstrengung auf Dich nimmst und die Höhe erreichst, aber
sie kann Dir nicht folgen, und deshalb haßt sie Dich - und
auch sich selbst wegen ihrer Unfähigkeit. Ist es unrecht von
mir, das zu denken? Ich freue mich, daß ich an der Sorbonne
studieren darf. Als Tucker mir nach Frankreich folgte und seinen
albernen Einspruch erhob, da merkte ich, welch ein
oberflächliches Leben er mit mir führen wollte. Gott
schütze mich davor, ein gepflegter, mechanisch lebender
Spießbürger zu werden.
    Mit Francois dem
Ersten möchte ich etwas wagen, möchte klettern und
fliegen und so mutig sein wie Du. Ich möchte etwas gelten in
dieser Welt, Papa, und etwas leisten.
    Was für ein
trostloser Tag ist das hier in der Normandie. Wir sind wegen einer
heraufziehenden Regenwand in unser Häuschen
zurückgekehrt. Jetzt sitze ich vor dem Kamin und höre
Brahms. Francois sitzt drüben vorm Fenster, das ihn einrahmt;
er ist schrecklich hübsch und schrecklich eifrig. Im
Augenblick beugt er sich über seine Schreibmaschine und
verbessert einen Fehler. Er murrt, weil er seinen Artikel für
den Moniteur schreiben muß. Papa, ich bin hoffnungslos
verliebt.          
    Deine
Michele.    
    Sie faltete den Brief
zusammen, tat ihn in einen Umschlag und schrieb die Adresse. Dann
trat sie, nachdem sie das Feuer geschürt hatte, hinter
Francois' Stuhl, schloß die Arme um ihn, legte die Wange auf
seinen Kopf und streichelte ihm die Brust. Francis nahm ihre Hand
und

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