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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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küßte sie; dann beugte sich Michele über seine
Schulter und las, was er geschrieben hatte:
    HIER SPRICHT FRANCOIS
PICARD
    Was nun, Herr
Präsident! Die neue französische Forderung nach
amerikanischem Gold zum Ausgleich der Zahlungsbilanz versetzt
unserer dahinsiechenden Diplomatie einen neuen Tiefschlag. Aber
wieder einmal hat unser Präsident seinen Hieb mit
leichtfertiger Taktik ausgeteilt. Man greift nicht mit einer
Reiterschwadron eine ganze Panzerdivision von vorn an. Dieser
schlecht beratene Überfall auf den amerikanischen Dollar, ein
Schritt, der aus reiner Rachsucht unternommen wurde, ist ein
Schuß, der nach hinten losgehen muß, denn die
Stabilität der Welt hängt vom Dollar ab. Wenn der Dollar
geschwächt wird, kann Frankreich über Nacht ins Chaos
stürzen. Niemand wird darüber in lauteres Geschrei
ausbrechen als die von Habgier zerfressene französische
Öffentlichkeit, die sich von dem guten Willen eines
Verbündeten hat mästen lassen und ihn nun zu
zerstören trachtet.
    Wie lange wollen die
Franzosen noch dulden, daß Pierre La Croix dem Kreml in die
Hände arbeitet, als würde es ihm befohlen?
    *
    Michele machte sich
los und seufzte. »Was ist, Michele? Gefällt es dir
nicht?«
    »Es ist
ausgezeichnet.«
    »Was
dann?«
    »Es ist aber
auch sehr gefährlich. Ich habe Angst um
dich.«
    »Ich kann das
nicht aufgeben, Michele. Ich kann nicht.«
    »Darum
würde ich dich niemals bitten. Nur verlange nicht von mir,
keine Angst zu haben.«
    Er verließ
seinen Platz an der Schreibmaschine und ging zum Kamin.
»Francois, kümmere dich nicht darum, wie ich damit
fertig werde. Ich halte zu dir, was immer du unternimmst. Liebster
…«
    »Ja?«
    »Was wolltest du
mir schon das ganze Wochenende sagen?«
    »Bin ich so
leicht durchschaubar?«
    »Wahnsinnig. Ich
glaube nicht, daß du mich je belügen könntest. Du
bist wie ein kleiner Junge.«
    Einen Augenblick
ließ er den Kopf hängen; er betete dieses junge
Mädchen an, das von einer Reife schien, die weit über ihr
unschuldiges Gesicht, das Nymphenlächeln und die
großäugige Bewunderung hinausging.
    »Michele, dies
ist für eine Weile unser letztes Wochenende.«
    »Oh!«
    »Der erste
sanfte Druck von Seiten des staatlichen Fernsehens. Unter dem
Vorwand, daß ich über einen Haufen Quatsch als
Sonderberichterstatter schreiben soll, schickt mich die
Nachrichtenredaktion zuerst in den Süden und
anschließend nach München zum Oktoberfest. Ich habe das
Gefühl, sie halten mich so lange fern, bis ich kusche oder den
Dienst quittiere.«
    Sie ging zu ihm, und
er nahm sie in die Arme. »Darf ich ein wenig weinen?«
fragte sie.
    »Michele«,
flüsterte er, »Michele … Michele … Michele
…«

 
    61
    Justine de Vore nahm
Oberst Jasmin gegenüber Platz. Inspektor Marcel Steinberger
saß etwas abseits auf der Ledercouch und musterte die junge
Frau. Sie hatte hübsch geformte Beine und schmale
Fußgelenke; eines war mit einem winzigen goldenen Kettchen
geschmückt. Justine de Vore war Anfang Dreißig und der
Typ der eleganten Französin. Verführerisch schlug sie die
Beine übereinander, um den Blick der Männer einzufangen;
es gelang.
    »Ich möchte
Ihnen Inspektor Steinberger vom Fahndungsdienst der
Sûreté vorstellen«, begann Jasmin.
    Die beiden nickten
einander zu.
    »Wir
möchten Ihnen ein paar Fragen bezüglich der
Sicherheitsvorkehrungen in Ihrer Abteilung stellen und Sie um Ihre
Mitarbeit bitten«, fuhr er fort. »Ich meine,
natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben
…«
    »Durchaus
nicht«, erwiderte sie mit der festen Stimme einer
berufstätigen Frau, die nicht die leiseste Unsicherheit
kennt.
    Marcel Steinberger
sprang von seinem Sitz auf, kratzte sich am Kopf und ging ein paar
Schritte auf und ab. »Mademoiselle de Vore«, sagte er,
»wie lange arbeiten Sie schon als Privatsekretärin bei
Henri Jarre?«
    »Über drei
Jahre.«
    Er nahm ihre
Personalakte von Jasmins Schreibtisch, warf einen Blick hinein und
begann ihr diesbezügliche Fragen zu stellen. Justine de Vore
war mit den Fachkenntnissen einer Direktionssekretärin
eingestellt worden. Sie kam aus einer ausgezeichneten Familie des
gehobenen Mittelstandes französischer Staatsbeamter,
besaß eine gute Schulbildung einschließlich mehrerer
Semester an der Sorbonne, war unabhängig, wurde gut bezahlt,
und ihre Personalakte wies nichts Ungewöhnliches
auf.
    Plötzlich blieb
Steinberger stehen. »Mögen Sie Jarre?« fragte
er.
    Zum erstenmal stockte
sie. »Wie soll ich diese Frage

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