Topas
verstehen?«
»Haben Sie ihn
gern«, wiederholte Steinberger, »als
Persönlichkeit, als Menschen, als Vorgesetzten? Finden Sie ihn
nett, freundlich oder schwierig? Schätzen Sie seine
Gewohnheiten?«
Sie wich aus und nahm
ihre Zuflucht zu beruflicher Loyalität. »Monsieur Jarre
ist mein Chef. In meiner Stellung möchte ich eine solche Frage
lieber nicht beantworten.«
»Hmm«,
brummte Steinberger, »hmm.«
Oberst Jasmin
zündete sich gemächlich eine seiner dicken Zigarren an
und paffte eine Rauchwolke über den Schreibtisch, die zu der
hohen Decke des Schloßzimmers hinaufstieg.
»Mademoiselle de Vore«, sagte er bedächtig,
»zu Beginn unserer Unterhaltung habe ich Sie darauf
hingewiesen, daß es wünschenswert wäre, wenn Sie
uns die erbetenen Auskünfte freiwillig gäben. Wenn Sie zu
irgendeinem Punkt lieber nicht antworten möchten oder wenn Sie
aus irgendeinem Grund mit dem Gedanken spielen, uns eine unrichtige
Antwort zu geben, dann sollte ich Sie lieber an Ihre gesetzlichen
Rechte erinnern, und wir fangen die Geschichte anders an. Habe ich
mich klar ausgedrückt?«
»Sehr
klar«, sagte sie leise.
»Also, wie
wollen Sie sich verhalten?«
»Ich stehe Ihnen
natürlich zur Verfügung, ich hatte nur gehofft, ich
würde dadurch nicht in eine unangenehme Lage kommen, aber ich
will offen sprechen.«
»Mögen Sie
Henri Jarre?« wiederholte Steinberger seine Frage.
»Ich verabscheue
ihn.«
»Wollen Sie uns
das bitte erklären?«
»Er ist ein
Mann, der nur Haß und Bitterkeit kennt. Nie macht er einen
Scherz. Seine Frau …«
»Ja?«
»Er führt
eine sehr unglückliche Ehe, weil er ein ganz unleidlicher
Mensch ist.«
Marcel Steinberger
stellte einen Stuhl ihr gegenüber, setzte sich verkehrt herum
darauf und stützte das Kinn auf die Lehne. »Sie sind mit
Jarre öfters verreist.«
»Geschäftlich.«
»Ausschließlich?«
Hilfesuchend sah sie
Oberst Jasmin an, aber er half ihr nicht. »Nein«, gab
sie zu, »nicht ausschließlich.«
»Wie oft waren
Sie bis jetzt außergeschäftlich mit ihm
verreist?«
»Fünf-,
sechsmal, genau weiß ich es nicht.«
»Nach
Cannes?«
»Ja.«
»In die
Normandie?«
»Ja.«
»Auch nach
London?«
»Das war
geschäftlich.«
»Und auf all
diesen Reisen haben Sie ihn verabscheut?«
»Ja, ich
verabscheue ihn.«
»Warum sind Sie
dann mitgefahren?«
»Ich lebe mein
Leben auf meine Art. Monsieur Jarre hat von Anfang an keinen
Zweifel darüber gelassen, daß er das von mir erwartet.
Ich bin zweiunddreißig und war einmal verheiratet, aber ich
möchte nicht wieder heiraten. Meine Unabhängigkeit geht
mir über alles. Ich habe sogar meinen Mädchennamen wieder
angenommen. Oberst Jasmin kann bestätigen, daß ich eine
ausgezeichnete Position bekleide. Wenn also Monsieur Jarre diese
Bedingung stellt… warum soll ich mich
weigern?«
»Wir wissen Ihre
Aufrichtigkeit zu schätzen«, sagte Steinberger.
»Nun wollen wir genauso aufrichtig sein. Wir möchten,
daß Sie mit der Sûreté
zusammenarbeiten.«
»Auf welche
Weise?«
»Sie sollen
Henri Jarre überwachen. Er steht nämlich unter dem
Verdacht, Mademoiselle de Vore, NATO-Dokumente an die Sowjets
auszuhändigen.«
Einen Augenblick lang
war sie sprachlos, versuchte zu begreifen. Dann kam ein heiseres
Kichern. »Donnerwetter noch mal«, sagte sie, und das
Kichern schlug in lautes Lachen um.
»Also, wie ist
es? Wollen Sie uns helfen?«
»Es wird mir ein
Vergnügen sein, Herr Inspektor.«
»Gut«,
sagte Jasmin, »ausgezeichnet.«
»Und nun,
Mademoiselle de Vore, müssen wir uns ein paar
grundsätzliche Einblicke verschaffen, in Arbeitsgewohnheiten,
Routinedinge und so weiter und so weiter. Ich würde gern
Näheres über Ihren Vervielfältigungsapparat
erfahren, der in der Abstellnische Ihres Büros steht. Es ist
ein Repco-Gerät, nicht wahr?«
»Ja.«
»Damit fertigen
Sie Kopien an für Ihre Ablage, für den Umlauf oder zum
Verschicken, das heißt, Sie benutzen den Apparat zum
Herstellen von Kopien für den üblichen
Bürobedarf?«
»Ja, das ist
richtig.«
»Wer bedient den
Apparat in Ihrem Büro?«
»Ich, und zwar
für das ganze Haus. Sie wissen, daß man zur Bedienung
des Geräts durch mein Büro muß, und im Anfang hat
es mich gestört, wenn die Kollegen andauernd rein- und
rausrannten; darum habe ich einen Korb aufstellen lassen, in den
jeder seine Vorlagen mit Angabe der benötigten Kopien
hineinlegt. Ab drei Uhr nachmittags bin ich praktisch nur noch mit
Kopieren beschäftigt. Die fertigen Sachen lege ich in
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