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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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Mauer gebaut
wurde. Solange wir die Russen gewähren lassen, ohne daß
sie eine Vergeltung befürchten müssen, werden wir immer
wieder vor Problemen wie dieser Raketengeschichte
stehen.«
    Der Präsident
strich seinen zerwühlten Haarschopf zurück. Er erinnerte
sich an seine Begegnung mit dem sowjetischen
Ministerpräsidenten Chruschtschow in Finnland. Wegen des
Fiaskos in der Schweinebucht hatte der Russe ihn beschimpft und
bedroht und ihn einzuschüchtern versucht.
    »Chruschtschow
weiß«, sagte Lowenstein, »daß wir ihn mit
unserer Rüstung überholt haben. Er glaubt aber auch,
daß wir uns nicht die Hände schmutzig machen
wollen.«
    Es bestand die Gefahr,
daß wieder einmal ein Land dem klassischen und schon
historischen Irrtum über das Temperament und die
Entschlossenheit des amerikanischen Volkes verfiel. Diesmal die
Sowjetunion.
    Nun, da die Stunde der
Entscheidung nahte, war der junge Präsident ruhig und
entschlossen. »Lowenstein«, sagte er, und seine Stimme
klang nach »Entscheidung«, »sagen Sie keine
meiner laufenden Verabredungen ab. Ich möchte, daß alles
so normal wie möglich erscheint. Mac, Sie unterrichten mich
ständig über neues Nachrichtenmaterial. Ich
schließe mich Ihrer Meinung an, der Devereaux-Bericht
läßt keinen Zweifel zu. Nun, wir werden sehen, was
für ein Pokerspieler Mister Chruschtschow
ist.«
    McKittrick antwortete
nur mit einem breiten Lächeln.
    »In dieser
Woche«, schloß der Präsident, »werde ich mir
mein Gehalt redlich verdienen.«

 
    59
    Michael Nordstrom
läutete an Devereaux' Haustür in Georgetown. Er hatte
noch ganz verschlafene Augen und gähnte.
    Andre öffnete die
Tür. Er war pünktlich auf die Minute bereit, eine
Gewohnheit, die er widerwillig von den Amerikanern übernommen
hatte. Sie schüttelten sich die Hand und wünschten sich
einen guten Morgen. Andre nahm seine Aktenmappe, und sie gingen zu
Mikes Wagen hinunter.
    Mike bog in den
Verkehr ein, gähnte wieder und entschuldigte sich dafür.
»Hatte einen kleinen Zank mit Liz«, erklärte er.
»Sie liegt mir wegen eines neuen Autos in den Ohren.
Jedenfalls wurde ich vor die Tür gesetzt und mußte auf
der Couch schlafen. Mein Rücken ist so gut wie gebrochen. Viel
Schlaf hat in der letzten Nacht vermutlich keiner von uns beiden
bekommen.«
    »Das kann man
wohl sagen«, stimmte Andre zu.
    Beide schwiegen lange.
Noch immer steckte ihnen der Schreck über Boris Kuznetows
Enthüllungen in den Gliedern.
    »Andre«,
sagte Mike schließlich, »ich hatte gestern noch eine
lange Unterredung mit meinen Leuten. Wir alle glauben, daß
Sie von der Sektion P und der Existenz von Topas nichts
gewußt haben. Das gilt auch für
McKittrick.«
    Andre brummte etwas
vor sich hin.
    »Ich will damit
sagen, daß wir Sie in Ihrer Stellung behalten möchten,
was immer Kuznetow noch enthüllen mag. Bleiben Sie
trotzdem.«             
    »Lauten so meine
Befehle?« fragte Andre spitz.
    »Ich habe
gesagt, daß wir Ihnen vertrauen.«
    »Ich bin
Franzose. Das ist meine erste Pflicht. Vergessen Sie das nicht,
Mike.«
    Aus dem Zimmer, in dem
Kuznetow verhört wurde, war die freundliche Stimmung
verflogen. Die Atmosphäre war kühl, förmlich,
sachlich. Als Boris hereingefahren wurde, warf er Andre einen
raschen Blick zu und nickte; er hatte ein Gefühl wie ein
Boxer, der seinen Gegner übel zugerichtet hat. Und in dieser
Stimmung wechselseitigen Unbehagens begann die Sitzung. Das Tonband
wurde eingeschaltet.
    »Als ich von
meinem Posten als Resident in Berlin abberufen wurde«, begann
Boris langsam, »und den Auftrag erhielt, die
Anti-NATO-Abteilung des KGB zu bilden, ordnete ich als erstes ein
eingehendes Studium der NATO-Länder an, ihrer politischen
Gepflogenheiten, ihrer Führer, ihrer Truppen und ihrer
Nachrichtendienste. Meine Gruppe ist klein, aber
erstklassig.«
    »Wie
stark?«
    »In Moskau
siebzig bis hundert Mann.«
    »Und in den
NATO-Ländern?«
    Boris schüttelte
den Kopf. »Wir bedienten uns nur der sowjetischen Residenten
in den NATO-Hauptstädten und ihrer jeweiligen
Spionageringe.«
    »Sie behaupten
also, daß Sie Ihre Anti-NATO-Agenten außerhalb Moskaus
nicht kannten?«
    »Das ist
richtig.«
    »Sie kennen
niemanden von Topas?«
    »Nicht einen
einzigen.«
    »Und Sie haben
auch keine Ahnung, wer Columbine, die Nummer eins,
ist?«
    »Nein. Es ist
ein grundsätzliches Gebot für jeden
Abteilungsleiter, seine Agenten nicht zu kennen, das
wissen Sie ja. Der KGB hält sich noch strenger daran als

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