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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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und bereit, mich den neuen Anforderungen zu stellen, betrat ich endlich vertrauten Beton. Ich brachte die Welt in Gedanken wieder ins spiegelverkehrte Lot, dann erst ging ich vom Parkplatz weg, vier Häuserblocks weiter, an einer Menge geschlossener Geschäfte vorbei.
    Ich überzeugte mich davon, daß ich nicht verfolgt wurde, danach suchte ich mir ein Lokal, das die ganze Nacht offen hatte, wo ich ein seltsam wohlschmeckendes Mahl zu mir nahm. Seltsam deshalb, weil das Lokal eine schmierige Spelunke war, das Essen aber trotzdem auf ungewohnte Weise köstlich schmeckte. Ich aß zwei der notorischen Hamburger, dazu eine Unmenge fettiger Pommes frittes. Einige überreife Tomaten und ein Salatblatt rundeten die Mahlzeit ab. Ich schlang alles hinunter, ohne mich groß darum zu kümmern, ob meine sämtlichen Bedürfnisse davon zufriedengestellt wurden. Es war die beste Mahlzeit, die ich je zu mir genommen hatte. Bis auf den Milchshake. Der war ungenießbar, daher ließ ich ihn stehen.
    Dann machte ich mich auf den Weg. Es war eine lange Strecke, aber ich hatte es ja nicht eilig, war ausgeruht, und auch mein Magen hatte sein Teil abbekommen. Ich brauchte über eine Stunde, bis ich Woof & Warp erreicht hatte, aber es war eine schöne Nacht für einen Spaziergang.
    Der Laden war natürlich geschlossen, aber in Ralphs darüberliegendem Apartment brannte noch Licht. Ich ging hintenherum, kletterte die Regenrinne hoch und spähte durchs Fenster. Er saß im Zimmer und las in einem Buch, undeutlich konnte ich im Hintergrund ein Streichquartett hören – ich weiß aber nicht, von wem. Gut. Daß er allein war, meine ich. Ich hasse es, die Leute bei irgend etwas zu stören.
    Ich klopfte an die Scheibe.
    Er sah auf, blickte einen Augenblick herüber, dann erhob er sich.
    Das Fenster glitt aufwärts.
    „Hallo, Fred. Komm rein.“
    „Danke, Ralph. Wie geht’s dir denn?“
    „Ausgezeichnet“, sagte er. „Das Geschäft läuft auch nicht schlecht.“
    „Na, großartig.“
    Ich kletterte hinein, durchquerte den Raum mit ihm zusammen, nahm dankbar einen Drink an, den er mir anbot. Den Geschmack kannte ich nicht, aber die Flüssigkeit erinnerte an einen Fruchtsaft. Wir setzten uns, ich fühlte mich kein bißchen desorientiert. Er räumt sein Zimmer so oft um, daß ich mich selten an die alten Konstellationen erinnere. Ralph ist ein drahtiger, großer Bursche mit dichtem, dunklem Haar und einer tollen Figur. Er versteht sich auf sämtliche Sparten künstlerischen Gestaltens. So gut, daß er Korbflechten an der Universität unterrichten kann.
    „Wie hat dir Australien gefallen?“
    „Oh, abgesehen von ein paar Mißgeschicken nicht übel. Ich habe mir noch keine feste Meinung gebildet.“
    „Was für Mißgeschicke?“
    „Später, später“, sagte ich. „Später mehr davon. Sag mal, würde es dir viel ausmachen, wenn ich heute nacht im Hinterzimmer schlafe?“
    „Das würde doch nur zu Streitereien zwischen dir und Woof führen.“
    „Wir haben ein Abkommen“, antwortete ich. „Er schläft mit der Schnauze unter dem Schwanz, und ich bekomme die Decken.“
    „Als du das letzte Mal hier gewesen bist, da verlief alles genau andersherum.“
    „Das führte ja zu dem Abkommen.“
    „Also gut. Mal sehen, was diesmal passiert. Bist du schon lange in der Stadt?“
    „Nun, ja und nein.“
    Er umklammerte seine Knie mit den Händen und lächelte.
    „Ich bewundere deine Art, alles gerade herauszusagen, Fred. An deinem Benehmen ist nie etwas Ausweichendes oder Irreführendes.“
    „Immer werde ich mißverstanden“, brummelte ich. „Das ist die Bürde des aufrichtigen Mannes in einer Welt voller Spitzbuben. Ja, ich bin eben erst in der Stadt angekommen, komme aber nicht direkt aus Australien. Das war schon vor ein paar Tagen, dann war ich weg, und nun bin ich wieder hier. Kapiert?“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Du hast auch einen einfachen, fast klassischen Lebensstil. In was für Schwierigkeiten steckst du denn nun schon wieder? Zorniger Ehemann? Wahnsinniger Verfolger? Eifersüchtige Frau?“
    „Nichts Derartiges“, antwortete ich.
    „Besser? Oder schlechter?“
    „Komplizierter. Was hast du davon gehört?“
    „Nichts. Aber dein Studienberater hat angerufen.“
    „Was wollte denn der?“
    „Er wollte wissen, wo du bist und ob ich etwas von dir gehört hätte. Ich sagte zweimal nein. Er sagte, ein Mann würde vorbeikommen, um mir einige Fragen zu stellen. Die Universität würde meine Kooperation zu schätzen wissen. Das

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