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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Limericks. Fred Cassidy, der Ewige Student.“
    „Du hast den Fliegenden Holländer vergessen“, sagte ich. „Außerdem heißt das Doktor Cassidy, verdammt noch mal!“
    Rick begann zu lachen.
    „Stimmt es, daß du ein nächtlicher Kletterer bist?“ wollte Paul wissen.
    „Manchmal“, sagte ich, wobei ich spürte, wie ein gewaltiger Abgrund zwischen uns zu klaffen begann. Diese verdammte Urkunde tat bereits ihre Wirkung. „Manchmal schon.“
    „Das ist großartig“, sagte er. „Das ist wirklich großartig. Ich wollte schon immer einmal den richtigen Fred Cassidy sehen – den Kletterer.“
    „Der Wunsch hat sich erfüllt“, sagte ich.
    Dann legte jemand auf, und ich grapschte sofort nach dem Hörer.
    „Bitte entschuldigt mich.“
    „Yeah. Bis später, Fred. Entschuldige … Doktor.“
    „Hat mich sehr gefreut.“
    Ich fühlte mich merkwürdig depressiv, als ich Hals Nummer rückwärts wählte. Sein Anschluß war besetzt. Daher probierte ich es mit Nadlers Nummer. Die Stimme des automatischen Anrufbeantworters fragte mich nach der Nummer, unter der ich zu erreichen war, nach einer Nachricht meinerseits oder beidem. Ich sagte ihr keines von beiden. Dann probierte ich wieder Hals Nummer. Dieses Mal kam ich durch – es schien mir, als sei kein Sekundenbruchteil nach dem Klingelzeichen verstrichen. Er mußte neben dem Telefon gestanden haben.
    „Ja? Hallo?“
    „So weit kannst du doch nicht gelaufen sein. Wieso bist du so außer Atem?“
    „Fred! Endlich, verflixt und zugenäht!“
    „Tut mir leid, daß ich nicht früher angerufen habe. Ich hatte jede Menge zu erledigen …“
    „Ich muß dich sehen!“
    „Dasselbe gilt auch für mich.“
    „Wo bist du jetzt?“
    „In der Mensa.“
    „Bleib dort. Nein! Warte mal einen Moment.“
    Ich wartete. Zehn bis fünfzehn Sekunden verstrichen.
    „Ich versuche mich an einen Ort zu erinnern, an den du dich auch erinnern kannst“, sagte er. Dann: „Hör zu. Erinnerst du dich noch an die Stelle, wo du vor zwei Monaten den Streit mit diesem Medizinstudenten gehabt hast? Ken hieß er, war immer sehr ernst.“
    „Nein“, antwortete ich.
    „Ich erinnere mich nicht mehr an den Streit, aber ich erinnere mich an den Ausgang. Du hast gesagt, Doktor Richard Jordan Gatling hätte mehr für die Entwicklung der modernen Chirurgie getan als Halsted. Er fragte nach den Techniken, die Gatling eingeführt habe, darauf hast du ihm geantwortet, er habe das Maschinengewehr erfunden. Er sagte, das sei überhaupt nicht komisch und lief weg. Du hast ihm daraufhin nachgerufen, er sei ein Arschloch, das glaube, am Studienende den Heiligen Gral zu bekommen und nicht eine Lizenz, um den Leuten zu helfen. Erinnerst du dich jetzt?“
    „Ja.“
    „Gut. Geh dorthin und warte. Bitte.“
    „Schon gut. Ich verstehe.“
    Er legte auf, ich ebenfalls. Merkwürdig. Und besorgniserregend. Ganz offensichtlich ein Manöver, um einem heimlichen Lauscher mitzuteilen, wo wir uns treffen wollten. Aber wem? Warum? Wie viele würden kommen?
    Ich beeilte mich, die Mensa zu verlassen, da ich sie ja während des Gesprächs erwähnt hatte. Ich entfernte mich drei Blocks in nördlicher Richtung vom Campus. Dann zwei Blocks nach links, eine kleine Seitenstraße hoch. Dort befand sich ein kleiner Buchladen, wo ich hin und wieder einmal hinging, nur um nachzusehen, was für neue Titel hereingekommen waren. Hal begleitete mich manchmal.
    Ungefähr eine halbe Stunde hielt ich mich dort auf und studierte die spiegelverkehrten Buchtitel. Hin und wieder las ich auch eine Seite eines Textes, nur um Übung darin zu bekommen – für den Fall, daß die Dinge längere Zeit auf dem Kopf stehen sollten. Der erste Satz in einer Ausgabe vonvon einemgewann eine sehr persönliche Bedeutung für mich:

     
    Ich begann an mein eigenes Selbst zu denken, die Scherben überall verstreut, vom Drückeberger zum Helden, und weiter. War es wirklich lohnend gewesen, durch den Spiegel zu gehen, fragte ich mich. Ich hatte es nie wirklich versucht. Aber dann …
    Ich dachte schon daran, das Buch zu kaufen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.
    „Fred, komm mit.“
    „Hallo, Hal. Ich fragte mich schon …“
    „Rasch“, bat er. „Bitte. Ich parke in zweiter Reihe.“
    „Komme schon.“
    Ich stellte das Buch ins Regal zurück und folgte ihm hinaus. Ich sah den Wagen, ging hinüber und stieg ein. Hal stieg ebenfalls ein und fuhr los. Er sagte kein Wort, während er den Wagen durch den dichten Verkehr lenkte. Das war

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