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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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verdächtig. Der erste Satz der Dream Songs ging mir noch immer im Kopf herum. Ich zündete mir eine Zigarette an und sah zum Fenster hinaus.
    Er fuhr mehrere Minuten, bis wir den verkehrsreichen Straßenabschnitt hinter uns gelassen hatten. Erst dann sprach er.
    „In der Notiz hast du geschrieben, du hättest einen Einfall gehabt und wolltest dich sofort darum kümmern. Ich nehme an, dabei ging es um den Stein?“
    „Es ging um den ganzen Schlamassel“, antwortete ich, „daher wohl auch um den Stein. Aber ganz sicher bin ich mir nicht.“
    „Würdest du mir bitte alles von Anfang an erzählen?“
    „Was ist denn mit deinen dringenden Angelegenheiten, von denen du sprachst?“
    „Zuerst möchte ich alles erfahren, was dir zugestoßen ist, klar?“
    „Schon gut. Wohin fahren wir eigentlich?“
    „Augenblicklich fahren wir nur so herum. Bitte erzähl mir alles, von dem Moment an, als du meine Wohnung verlassen hast.“
    Das tat ich dann auch. Ich redete und redete, die Gebäude blieben rechts und links hinter uns zurück, wurden immer spärlicher, bis sie von Gras abgelöst wurden, zu dem sich bald niederes Buschwerk gesellte, dann Bäume, hin und wieder eine Kuh, Felsbrocken und gelegentlich einmal ein Karnickel. Hal hörte zu, nickte, stellte manchmal eine kurze Frage, fuhr aber unbeirrt weiter.
    „Dann sieht es also im Augenblick für dich so aus, als würde ich das Auto auf der falschen Seite fahren?“
    „Ja.“
    „Faszinierend.“
    Ich bemerkte jetzt erst, daß wir zum Meer fuhren, durch ein von Sommerhäuschen durchsetztes Gebiet, von denen die meisten allerdings um diese Jahreszeit verlassen waren. Gefesselt von meiner eigenen Geschichte, hatte ich die Zeit vollkommen vergessen; wir waren schon über eine Stunde unterwegs, immer in Richtung Meer.
    „Und nun hast du einen bombensicheren Doktortitel?“
    „Das habe ich doch gesagt.“
    „Sehr seltsam.“
    „Hal, du versuchst, Zeit zu gewinnen. Was willst du mir denn nicht erzählen?“
    „Schau auf den Rücksitz.“
    „Na schön. Dort liegt eine Menge Gerumpel, wie üblich. Du solltest wirklich einmal aufräumen …“
    „Die Jacke in der Ecke. Es ist in die Jacke eingewickelt.“
    Ich holte die Jacke nach vorn und entrollte sie.
    „Der Stein! Du hattest ihn die ganze Zeit!“
    „Nein, hatte ich nicht“, widersprach er.
    „Wo hast du ihn gefunden? Wo war er?“
    Hal fuhr in eine Seitenstraße. Ein paar Möwen flatterten aufgeschreckt davon.
    „Schau ihn dir an“, befahl er. „Sieh ihn dir genau an. Das ist er doch, oder?“
    „Klar, sieht ganz so aus. Ich habe mir das Ding aber nie vorher genau angesehen.“
    „Das muß er sein. Ich habe ihn eben einfach in einer Truhe gefunden, in der ich noch nicht nachgesehen hatte. Glaub mir diese Version. Und halte dich daran!“
    „Was soll das heißen: ,Halte dich daran’?“
    „Ich bin letzte Nacht in Bylers Labor eingestiegen und habe ihn geholt. Es waren noch einige da. Der hier ist so gut wie derjenige, den er uns gegeben hat. Du kannst sie doch nicht unterscheiden, nicht wahr?“
    „Nein, aber ich bin kein Experte. Was geht hier vor?“
    „Mary wurde entführt“, sagte er.
    Ich sah ihn an. Sein Gesicht war ausdruckslos, wie es immer war, wenn er die Wahrheit sagte.
    „Wann? Wie?“
    „Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit, und sie ging zu ihrer Mutter, damals, in der Nacht, als du gekommen bist …“
    „Ja, ich erinnere mich.“
    „Ich wollte sie am nächsten Tag anrufen und die Wogen ein wenig glätten. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir die Idee, wenn sie zuerst anrufen würde. Auf diese Weise konnte ich einen kleinen moralischen Sieg davontragen, dachte ich damals. Daher wartete ich. Mehrere Male war ich nahe daran anzurufen, aber ich schob es immer wieder hinaus – in der Hoffnung, sie würde anrufen. Das tat sie aber nicht, ich ließ viel zu viel Zeit verstreichen. Es war spät, sehr spät, daher beschloß ich, noch eine Nacht darüber zu schlafen. Am nächsten Morgen rief ich bei ihrer Mutter an. Sie war nicht da, sie war nie angekommen. Ihre Mutter hatte nicht einmal etwas von ihr gehört. Na schön, sie hat eine gute Portion gesunden Menschenverstands, beruhigte ich mich selbst. Sie will aus der ganzen Angelegenheit keine Familienaffäre machen. Sie hat ihre Meinung geändert und ist zu einer ihrer Freundinnen gegangen. Ich rief sie alle der Reihe nach an. Nichts. Ich war verzweifelt.
    Dann, zwischen zwei Anrufen“, fuhr er fort, „wurde

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