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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Zeit und Gelegenheit gehabt, solche Dinge zu erforschen wie die Lebensgewohnheiten von ophrys speculum und cryptostylis leptochila, auf die ich während einer Botanikvorlesung gestoßen war, die ich unter anderen Umständen vielleicht nie besucht hätte. Wenn man es so betrachtete, dann verdanke ich dem Mann meine ganze Lebensweise und viele angenehme Dinge, die sich damit verbanden. Ich bin nicht undankbar. Aber da ich ihm ja leider nichts mehr zurückzahlen kann, akzeptiere ich die Vorzüge, die er mir beschert hat, frei und rückhaltlos.
    Aber wer ist Ophrys? Was ist sie? Wieso schwärmen alle Verehrer von ihr? Und Cryptostylis? Es ist schön, daß Sie diese Fragen gestellt haben. In Algerien lebt ein wespenähnliches Insekt, das als scolia ciliata bekannt ist. Es schläft lange Zeit in seinem Bau, meistens einer Sandbank, bis es, ungefähr im März, an das Licht des Tages kommt. Die Weibchen der Spezies aber bleiben, was sich nicht nur auf die Hymenopteren beschränkt, noch einen weiteren Monat in ihrem Versteck. Verständlicherweise werden die Männchen in dieser Zeit unruhig, sie fangen an, überall im Land umherzuschwärmen. Und ha! Was sollten sie in dieser Zeit der erzwungenen Enthaltsamkeit schon anderes sehen als die zauberhafte Orchidee ophrys speculum, deren Blüten auf verblüffende Weise den Körpern der weiblichen Insekten ähneln. Den Rest kann sich nun wohl jeder selbst denken. Auf diese Weise sichert die Orchidee ihre Befruchtung. Oakes Arnes bezeichnete diesen Vorgang als Pseudokopulation, die symbiotische Assoziation zweier verschiedener reproduktiver Systeme. Die Orchidee cryptostylis leptochila zieht die Männchen der Schlupfwespe lissopimpla semipunctata mit demselben Trick an und auch aus denselben Gründen, indem die Blüte einen Duftstoff absondert, der an den der Weibchen der Schlupfwespe erinnert. Unvergleichlich! Wunderbar! Vollkommenheit, im reinsten, philosophischen Sinne. Darin liegt der Sinn der ganzen Ausbildung. Wären nicht President Eliot und mein armer, steif gefrorener Onkel Albert, ich hätte all dies niemals kennenlernen können. Diese beiden haben mein gesamtes Dasein erleuchtet.
    So gingen mir zum Beispiel, während ich dort lag und noch immer nicht wußte, wo dort eigentlich war, Erinnerungen an frühere Vorlesungen über Orchideen durch den Kopf, während ich gleichzeitig jede Menge ungewohnte Geräusche hörte und die merkwürdigsten Farben und Formen wahrnahm. Rasch gelangte ich zu Schlußfolgerungen wie: Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen, aber manchmal spielt das keine Rolle. Oder: Man kann schon in die dümmsten Situationen kommen, wenn man nicht seinem gesunden Menschenverstand folgt.
    Zu diesem Zeitpunkt testete ich bereits mit aller gebotenen Behutsamkeit meine Umgebung.
    „Auaaua! Auaau!“ und „Auuuu!“ sagte ich dann anschließend, ich weiß nicht wie lange, bis meine Umgebung antwortete, indem sie mir ein Thermometer in den Mund steckte und meinen Puls fühlte.
    „Sind Sie wach, Mister Cassidy?“ fragte eine feminine bis neutrale Stimme.
    „Schluck!“ antwortete ich, brachte das Gesicht der Krankenschwester in einen ordentlichen Fokus, gab diesen Vorsatz aber wieder auf, als ich es deutlich gesehen hatte.
    „Sie sind ein sehr glücklicher Mann, Mister Cassidy“, sagte sie, als sie das Thermometer wieder wegnahm. „Ich werde sofort den Doktor holen. Er möchte unbedingt mit Ihnen sprechen. Bleiben Sie schön liegen. Nicht anstrengen.“
    Da ich nicht in der Stimmung war, Purzelbäume zu schlagen, fiel es mir nicht schwer, ihren letzten Ratschlag zu befolgen. Ich fokussierte meine Umgebung noch einmal, und dieses Mal behielt ich den klaren Blick. Meine Umgebung erwies sich als Krankenzimmer, ich lag auf einem Bett an der Wand, unter einem Fenster. Ich selbst lag flach auf dem Rücken und erkannte ziemlich rasch, in welchem Ausmaß meine Brust bandagiert war. Ich winselte, als ich an das Entfernen des Verbandes dachte. Die Unverstümmelten haben kein Monopol auf die Hoffnung.
    Wenige Augenblicke später, so schien es mir, kam ein Mann im unumgänglichen weißen Kittel, ein Stethoskop in der Tasche, herein, entblößte die Zähne zu einem Grinsen und schob dieses zu mir herüber. Er beförderte sein Klemmbrett von einer Hand in die andere und streckte jene mir hin. Ich dachte zuerst, er wolle meinen Puls fühlen, aber statt dessen schüttelte er nur meine eigene Hand.
    „Mister Cassidy, ich bin Doktor Drade“, sagte er. „Wir

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