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Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition)

Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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Unwillkürlich musste er würgen, und wie aus dem Nichts legte sich ein bitterer Kloß in seinen Hals. Angewidert machte er einen Schritt zurück. Nicht, dass er von Giften oder derlei Sachen viel verstand, doch einen Versuch war es allemal wert. Als er sich wieder aufrichtete, blieb sein Blick an der linken Hand des Toten hängen. Ein Skorpion schmückte deren Rücken, schwarz und mit erhobenem Schwanz. Vom Stachel troff ein feiner, dünner Faden und die Augen glühten feuerrot. Ein schöner Stich, gekonnt gesetzt. Auch in Leuenburg kannte man Tätowierungen. Vor allem Krieger und Soldaten trugen diese oft zum Zeichen ihrer Taten oder Gesinnung. Solch ein Symbol hingegen hatte Tristan noch nie gesehen. Du bist wirklich nicht von hier . Langsam und nachdenklich trat er ein paar Schritte zurück und besah sich die ganze Szenerie noch einmal. Ein Fremder, soviel stand fest. Bewaffnet wie ein Krieger und doch nur leicht bekleidet. Tristan schüttelte den Kopf. Der Tote konnte ihm keine Antworten mehr geben. Die einzige Spur, die er hatte, waren die Worte eines Halunken. Eines ehrlichen Halunken zwar, aber doch eines Halunken. Für die Suche nach einer Frau mit kastanienfarbenem, schulterlangem Haar hatte er weder die Zeit noch die Mittel, und Hauptmann Taris würde ihm dafür niemals die benötigte Anzahl Männer zur Verfügung stellen.
     
          Tristan war froh, die Leichenkammer hinter sich gelassen zu haben. Nach seinem Ausflug in die Unterwelt, in die Abgründe menschlichen Lebens, die eigentlich soweit weg und doch nur ein paar Stufen unterhalb der Oberfläche Leuenburgs lauerten, glich das Büro des Hauptmanns plötzlich einem Hort der Ruhe, des Lichts und des Lebens.
    Der Bericht an Taris zeichnete kein sonderlich gutes Bild vom Stand der Ermittlungen, und dennoch wurde Tristan sofort damit beauftragt, Männer auf die Gassen Leuenburgs zu schicken. Er hatte sich in Taris getäuscht. Ihm lag wirklich daran, dass dem Mord nachgegangen wurde und bis jetzt scheute er noch keine Mühen und Kosten. Trotzig und reumütig zugleich hatte Tristan den Männern entsprechende Befehle gegeben. Viel versprach er sich aber nicht davon. Mehr als zweitausend Menschen lebten in der alten Herzogstadt und das Gewimmel in den Gassen war um diese Tageszeit unüberschaubar. Außerdem lag die Stadt nahe der Grenze zum Herzogtum Buchingen, der anderen nördlichen Provinz des Königsreiches. Fremde kamen und gingen tagein tagaus durch die Tore, mochten es Händler, Handwerker oder Söldner sein. Die Stadt war voll und mit jedem Frühlingstag wurden es mehr. Tristan war mittlerweile vorsichtig geworden, was seine Annahmen zum Erfolg der Ermittlungen anging. Der Hauptmann war im Recht gewesen, als er ihn auf den Tatort und dessen Umgebung angesetzt hatte. Tristan wollte es ja nicht heraufbeschwören, doch konnte es gut sein, dass er auch diesmal mit dem Plan, die Gassen zu beobachten, Erfolg haben würde. Die Männer waren nun jedenfalls unterwegs, hatten ihre Instruktionen und Tristan endlich ein wenig Zeit, sich mit der Reise in den Norden zu befassen. Zunächst wollte er sich davon überzeugen, dass Cutrig seinen Anweisungen Folge geleistet und Wachen im Innenhof und vor der Vorratskammer postiert hatte. Für den morgendlichen Tatort nahm er sich dann etwas mehr Zeit. Das Chaos in der Kammer war beseitigt worden und alles, was sofort möglich war, auch schon ersetzt. Bis auf etwas Proviant und dem Saatgut lag alles wieder an seinem Platz und scheinbar war heute Morgen sogar eine Lieferung Obst eingegangen. Äpfel hielten sich bei richtiger Lagerung einige Wochen und würden ihnen in den wilden Landstrichen des Nordens eine willkommene Abwechslung sein. Erleichtert und zufrieden wollte Tristan die Vorratskammer wieder verlassen, als er unter einem kleinen, zusammengekehrten Haufen Saatgut etwas funkeln sah. Er bückte sich, strich die Samen vorsichtig zur Seite und griff nach einem kleinen Stück Metall auf dem Boden. Es war eine Kette, aus feinen, silbernen Metallringen gefertigt, an deren Ende ein Anhänger in Form eines schwarzen Skorpions hing. Die Augen der Figur waren rot glühend und der Stachel, von dem ein feiner Faden troff, zum Kampf erhoben. Tristan runzelte die Stirn. Ungläubig riss er die Augen auf und sofort kam ihm wieder der Tote in der Leichenkammer und dessen Tätowierung auf der rechten Hand in den Sinn. Im nächsten Moment hastete er los.
     

Ein Blick zurück
     
     
    Der Schlaf der Schatten war kein

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