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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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Matuschka tut’s. »Und der andere? Leander Darkmann?«
    »Ist vermutlich auch nicht unser Brandopfer«, bekräftige ich, »Melanie war gestern mit einem Typen zusammen, der sich Dark nennt.«
    »Dann ist das der Darkmann«, nickt Matuschka zufrieden, »die Punker nennen den Dark.«
    Beylich will wissen, woher ich das mit Melanie und Darkmann weiß. »Was heißt überhaupt, die haben sie eingesammelt?«
    »Melanie ist seine Tochter«, erklärt Hünerbein und gießt sich Kaffee nach. »Sie ahnen ja nicht, wie er sich gestern vor Sorge fast verzehrt hat.«
    »Dann haben Sie also einen erstklassigen Kontakt zur autonomen Szene?« Beylich kommt interessiert näher und sieht mich an. »War mir schon immer klar, dass die alle aus dem Westen kommen.«
    Melanie nicht, könnte ich jetzt sagen. Ich lasse es, weil ich mir längere Erklärungen zu meinen komplizierten Familienverhältnissen ersparen will.
    »Ich glaube nicht, dass sie da tiefer involviert ist«, gebe ich stattdessen zu bedenken, »sie ist erst sechzehn.«
    »Na und? Das sind doch alles Jugendliche«, entgegnet Beylich und mustert mich prüfend. »Außerdem habe ich Sie gestern noch mit diesem«, er deutet einen Irokesenschnitt an, »Winnetou sprechen sehen.«
    »Der Indianerhäuptling«, nicke ich, »ja, ich hab ihn gefragt, ob er weiß, wo meine Tochter ist.«
    »Und? Wusste er’s?«
    Ich schüttele den Kopf. »Aber egal, ich hab das Kind ja wieder.«
    »Mhm.« Beylich kratzt sich am Kinn. »Quetschen Sie’s aus. Vielleicht weiß Ihre Tochter ja was. Etwa über Rivalitäten unter den Besetzern.«
    »Sie vermuten eine interne Sache?«, fragt Hünerbein. »Würden die so was in ihren Häusern austragen?«
    »Weiß nicht.« Beylich zuckt mit den Schultern. »Wir dürfen nichts ausschließen. Es gibt immerhin einen Toten!«
    »Bäuerle?« Matuschka sieht von seiner Liste auf.
    »Möglich«, knurrt Beylich. »Was wissen wir von dem?«
    »Nichts.«
    »Dann ran an den Speck, Matuschka. Und nehmen Sie Krause mit.«
    »Zu Befehl, Genosse Major!«
    »Matuschka!« Beylich sieht mahnend auf.
    »K-Kriminalrat, natürlich.« Matuschka errötet und verlässt eilig den Raum.
    »Irgendwann hat er’s«, meint Beylich und sieht seufzend in die Runde. »Nächster Punkt: Tatumfeld – was haben Sie dazu, Grothe?«
    »Ja, wir haben uns in der Nachbarschaft ein wenig umgesehen.« Grothe, ein fülliger, weißbärtiger Kahlkopf, stets mit erkalteter Pfeife im Mund, erhebt sich. Er wirkt in seinem Tweedanzug wie ein gemütlicher Studienrat und redet auch so.
    »Nun, wir kennen das demografische Umfeld, vorwiegend Arbeiter und Angestellte mit Familien, aber auch Studenten, Rentner und sogenannte Freiberufler. Bei den Berufstätigen besteht zunehmend das Problem der Existenzangst. Viele haben von ihren Betrieben die Kündigung erhalten oder sehen der Gefahr einer solchen entgegen.« Er räuspert sich gedankenvoll und saugt an seiner Pfeife, bevor er fortfährt. »Allen gemein ist, dass sie über die Besetzungen am Helmholtzplatz nicht glücklich sind, von einigen Bürgerrechtlern und jüngeren Semestern einmal abgesehen. Viele Bürger fürchten eine Ghettoisierung des Kiezes und beschwerten sich in der Vergangenheit häufig über Lärmbelästigungen und Müllverschmutzung. Studenten dagegen zeigen sich den autonomen Gruppierungen gegenüber eher solidarisch – wohnen doch viele selbst in besetzten Wohnungen.«
    »Gab es Ärger, Grothe? Irgendwelche Vorkommisse in der Vergangenheit?«
    »Fast täglich«, nickt Grothe und schlägt eine schmale Aktenmappe auf, »Stein- und Eierwürfe gegen die besetzen Häuser. Einem Kraftfahrzeug, das den Besetzern zuzurechnen ist, wurden jüngst die Reifen zerschnitten. In der folgenden Nacht dann hatten sämtliche in der näheren Umgebung geparkten Fahrzeuge einen Platten – und man geht davon aus, dass es die Vergeltung der Besetzer gegen die unbekannten Reifenschlitzer war.« Er sieht auf. »Zudem wurden einmal Gasleitungen in den besetzten Häusern beschädigt – in dem Fall hatte seinerzeit die zuständige Wache ermittelt, allerdings ohne Ergebnis. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Stimmung in dem Viertel den Besetzern gegenüber gereizt bis aggressiv ist.«
    »Also könnte der Brandanschlag von der unmittelbaren Nachbarschaft verübt worden sein?«
    »Durchaus«, stimmt Grothe zu, »mehrfach wurde uns aus Kreisen der Bevölkerung signalisiert, dass man ruhig auch noch die verbliebenen zwei Häuser brandschatzen solle – dann wäre

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