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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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Buletten!« Er führte Monika in ein separates, mit modernstem Schnickschnack ausgerüstetes Büro. Sogar einen Computer gab es hier, Kopierer, Faxgerät und Telefonanlage. »Das ist ab sofort dein neuer Arbeitsplatz!«
    »Schön«, sagte Monika und betrachtete verunsichert den Computer. »Mit so was kenne ich mich aber überhaupt nicht aus.«
    »Das bringe ich dir noch heute bei«, lächelte Siggi. »Im Prinzip ist es ganz einfach. Wichtig ist, jede Eingabe mit ENTER zu bestätigen. Sonst versteht er das nicht. Siehst du?« Er rief ein paar Programme auf. »Anklicken, entern, anklicken, entern. Hier werden all unsere Aktivitäten dokumentiert und gespeichert. – Ich zeig dir das mal auf der Karte.«
    Er ging zu einem großen Stadtplan an der Wand und deutete auf mit roten, blauen und grünen Stecknadeln markierte Stellen. »Wir konzentrieren uns vor allem – das hatte ich dir ja schon erklärt – auf Immobilien und Grundstücke im sogenannten Beitrittsgebiet. Die Blauen sind so weit paraphiert, dass sie uns praktisch schon nach dem Dritten gehören. Es wird dann deine Aufgabe sein, zusammen mit unserem Rechtsbeistand Heribert Naumann die Grundbuchämter abzuklappern und das umschreiben zu lassen. – Die Grünen …« Er zeigte auf die grünen Stecknadeln. »… grün wie die Hoffnung, sozusagen – bezeichnen Grundstücke, die wir noch unter Dach und Fach bringen müssen.« Er seufzte und setzte hinzu: »Was angesichts der wenigen Tage bis zur Einheit bei einzelnen Objekten recht hektisch werden kann.«
    Monika deutete auf drei rote Nadelpunkte am Helmholtzplatz. »Und was ist mit denen?«
    »Rot ist akut. Sie bezeichnen vor allem Objekte in der Innenstadt«, erklärte Siggi, »große Mehrfamilienhäuser, Fabrikanlagen, Grundstücke …«
    »Verstehe«, nickte Monika, »akut deshalb, weil man sie nicht so einfach auf die jetzigen Nutzer übertragen kann.«
    »Was den Helmholtzplatz angeht«, erwiderte Siggi, »fahren wir zweigleisig. Einerseits versuchen wir, mit den Bewohnern etwas auszuhandeln. Die Häuser sind besetzt, so eine Art alternatives Wohnprojekt. Gleichzeitig sind wir am Alteigentümer dran und versuchen, ihm die Restitutionsansprüche günstig abzukaufen. Kein ganz einfaches Procedere, aber …«, Siggi winkte ab, »… den Herrn klopfe ich uns schon noch weich.«
    »Wie?«, wollte Monika wissen.
    »Ich habe noch einen Joker in der Tasche.« Siggi lächelte abgeklärt. »Es kommt immer darauf an, wer am längeren Hebel sitzt.«
    Es klingelte an der Tür.
    »Kundschaft«, meinte Siggi.
    »Heute? Am Sonntag?«
    »Natürlich. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Er zeigte ihr die Sprechanlage. »Das Ehepaar Wachowiak ebenfalls nicht. Die haben den Termin schon vor Wochen gemacht. Wir sollten sie nicht warten lassen.«
    Lutz und Erika Wachowiak waren Anfang fünfzig und ziemlich aufgeregt. Sie bewohnten ein kleines Einfamilienhaus im Ostberliner Stadtteil Köpenick und hatten schon mehrmals Besuch von einem Wolfsburger gehabt, der ihnen unmissverständlich klargemacht hatte, dass ihm das Haus gehöre.
    Nun wollten die Wachowiaks, die in den vergangenen Jahrzehnten viel in das Haus investiert und angebaut hatten, klare Verhältnisse schaffen und das Haus kaufen, solange noch Zeit dafür war. Von der Kommunalen Wohnungsverwaltung wurde ihnen die Immobilie zwar günstig für fünfundfünfzigtausend Mark angeboten, und sie würden auch Kredit von der Bank bekommen, doch Lutz Wachowiak war ein genauer Rechner. Er hatte die Anzeige der DOMIZIL Immobiliengesellschaft gelesen und hoffte auf ein besseres Angebot.
    »Was machen Sie beruflich, Herr Wachowiak?«, erkundigte sich Siggi und schlug die Beine übereinander, während Monika dem Ehepaar Kaffee und Plätzchen servierte, um sich anschließend Notizen von dem Gespräch zu machen.
    »Ich bin Setzer«, erklärte Lutz Wachowiak stolz, »seit über dreißig Jahren beim Berliner Verlag.«
    »Setzer in einer Druckerei«, nickte Siggi verständig und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Und Sie, Frau Wachowiak? Arbeiten Sie auch?«
    »Nicht mehr«, erwiderte die bekümmert, »leider.«
    »Sie war in der Gewerkschaftsleitung im Kabelwerk Oberspree«, erklärte ihr Mann, »galt als systemnah und wurde deshalb …«
    »Ich war nicht systemnäher als alle anderen auch!« Frau Wachowiak begann zu weinen. Eingesetzt habe sie sich für die Kollegen, Planvorgaben nach unten korrigiert, sich immer wieder mit Partei und Plankommission deswegen angelegt. »Aber die sitzen

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