Tortenschlacht
Julian-Brendler-Marketing-GmbH in Charlottenburg beteiligt, seit April Geschäftsführer Ihrer Immobilienfirma mit dem schönen Namen DOMIZIL , dann gibt’s einen dubiosen Eberswalder Sozialfonds und, und, und.«
Von Lahn wartete, ob Meyer dazu etwas zu sagen hatte. Aber der wartete schweigend ab und nippte an seinem Cognac.
»Über allem steht eine geheimnisvolle Red-Star-Invest-Gruppe«, setzte von Lahn hinzu, »eine Holding ohne gültige Gesellschaftsform und ohne Handelsregistereintrag.«
»Die Red-Star hat ihren Sitz in der Schweiz«, erklärte Meyer. »Wir sind eine Limited.«
»In der Schweiz«, nickte von Lahn, »dachte ich es mir doch. Schön diskret und verschwiegen. Aber warum? Wollen Sie Steuern hinterziehen? – Oder liegt es vielmehr daran, dass die Red-Star seit dem Zusammenbruch des SED -Regimes vor allem damit beschäftigt ist, DDR -Vermögen und Stasigelder auf die Seite zu bringen?«
»Hören Sie auf mit dem Quatsch!« Meyer winkte ab. »Die DDR war pleite, da gibt es kein Vermögen. Das wissen Sie so gut wie ich.«
»Schade, dass Sie mich für so naiv halten, Meyer.« Von Lahn lächelte traurig. »Sonst könnten wir uns wie erwachsene Männer unterhalten. Wie Männer, die ihre Probleme gemeinsam lösen wollen.«
»Ich habe Ihnen eine Lösung für Ihr Problem angeboten.« Meyer deutete auf seinen Vertrag.
»Keine befriedigende Lösung«, erwiderte von Lahn. Er erhob sich und lief langsam zu seinem Schreibtisch. »Meyer, Sie gehören zu einer Gruppe von Leuten mit besonderen politischen Interessen.«
Meyer nahm die Brille ab und drehte sie in den Händen, ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen.
»Politische Interessen«, fuhr von Lahn fort, »die, und das werden Sie kaum bestreiten können, in diesen Zeiten nicht mehr sonderlich gefragt sind. Die es aber in Ihren Augen, wie ich annehme, dennoch verdienen, weiterhin vertreten zu werden. Mit anderen Worten: Ihre ganzen Geschäfte dienen dazu, Ihre Mitstreiter für die alten kommunistischen Ideale über die Zeit zu retten.«
»Was heißt alt?« Meyer stellte seinen Cognac ab. »Die kommunistischen Ideen stecken, verglichen mit denen des Kapitalismus, noch in den Kinderschuhen.«
»Und dennoch sind sie überholt.« Von Lahn stützte sich an seinem Schreibtisch ab und stand einen Moment lang wie ein Redner an seinem Pult. »Wie Sie wissen, vertrete ich die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. Ich habe einen gewissen politischen Einfluss auf die Presse und auch auf die Bundespolitik. – Wenn ich den gegen Sie geltend mache, Meyer …«, seine Stimme bekam einen drohenden Unterton, »… sind Sie und Ihre Leute morgen nicht mehr nur politisch, sondern auch wirtschaftlich tot!« Von Lahn löste sich von seinem Schreibtisch und kam wieder auf Meyer zu. »Noch einen Cognac?«
»Danke!« Meyer sah zu, wie von Lahn eingoss.
»Ich will ganz offen zu Ihnen sein.« Lahn schenkte sich ebenfalls Cognac ein und setzte sich wieder an den Kamin. »Es gefällt mir nicht, wie gewisse Kreise gerade in meiner Partei die totale Liquidierung der ehemaligen Regierungspartei der DDR fordern und die SED - PDS verbieten wollen. Meiner Meinung nach wäre ein solches Verbot mit dem freiheitlichen Grundgedanken unseres Landes nicht vereinbar.«
»Zudem wird bei Ihnen offen darüber diskutiert, nach dem dritten Oktober verdiente Kämpfer des sozialistischen Staates der westdeutschen Justiz auszuliefern«, bekräftigte Meyer, »um sie für etwas zu verurteilen, das nie in den Strafgesetzen der Deutschen Demokratischen Republik stand.«
»Der innere Frieden«, nickte von Lahn, »könnte, sollten die Vorstellungen gewisser Politiker in unserem Lande Realität werden, akut bedroht werden: politische Anschläge, Chaos, Zersetzung.« Er seufzte. »Daran kann uns beiden nicht gelegen sein, und deshalb möchte ich meinen Einfluss nicht gegen Sie, sondern für Sie verwenden.«
»Ach?« Meyer setzte seine Brille wieder auf und funkelte von Lahn damit an. »Und im Gegenzug soll ich Ihnen die Ostimmobilien zu überhöhten Preisen abkaufen?«
»Nun, Sie drücken es sehr drastisch aus«, wich von Lahn aus, »ich finde, wir sollten kooperieren.«
»Gern.« Meyers Stimme wurde schneidend kalt. »Erinnern Sie sich an den Fall Wolfgang Schnur?«
Der bekannte Ostberliner Rechtsanwalt war Vorsitzender des »DEMOKRATISCHEN AUFBRUCH«, einer der größten Bürgerrechtsbewegungen der DDR . Kurz vor den ersten freien Wahlen am 18. März 1990 schloss sie sich mit der Ost-
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