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2935 - Leichen lügen nicht

2935 - Leichen lügen nicht

Titel: 2935 - Leichen lügen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Wie siehst du denn aus?« Joe Cumber warf die Zeitung auf die Rückbank. »Hast du ein Gespenst gesehen?«
    »Fahr los«, hauchte sie. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie schloss die Augen. Ihre Hände zitterten.
    Frauen , dachte Joe kopfschüttelnd und ließ den Motor an. Wahrscheinlich kriegt sie ihre Tage.
    Der Wagen glitt durch das immer dichter werdende Schneetreiben, bog links in die Canal Street ein und nahm Kurs auf die Lower East Side.
    Nancy war eine klasse Braut. Aber ihre esoterische Tour ging ihm manchmal schwer auf die Nerven. Das Theater mit den Tarot-Karten. Ihr unerschütterlicher Glaube an das Horoskop der New York Post . Und dann erst ihre bizarren Gespräche mit Leuten, die seit Jahren unter der Erde lagen.
    Man konnte es auch übertreiben.
    Der Schnee fiel in dicken Flocken aus dem schwarzen Himmel über New York. Joe gondelte gemütlich die Canal Street hinunter.
    »Trinken wir noch was bei dir, Baby?«
    Sie schien ihn nicht zu hören. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in das wilde Treiben der Flocken hinaus, als wollte sie eine geheime Botschaft darin entziffern.
    »Nancy?«
    Sie blickte ihn an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen.
    »Was ist los, Schatz? Hat er dir wehgetan?«
    »Wer?«
    »Der Kerl, mit dem du dich im Holiday Inn vergnügt hast.«
    Vergnügen war nicht ganz der richtige Ausdruck. Nancy hatte gearbeitet. Sie hatte geduscht, geraucht, getanzt und Champagner getrunken. Die Flasche für 250 Dollar. Und dann hatte sie ihren Kunden nach allen Regeln der Liebeskunst verwöhnt.
    Dafür hatte er ihr tausend Dollar bezahlt. Das war ihr Preis.
    Nancy machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Mit kranken Typen arbeite ich nicht. Das weißt du doch.«
    Auf ihre Menschenkenntnis konnte Nancy sich verlassen. Diese Fähigkeit war in ihrem Job lebenswichtig. Würde sie sich mit jedem einlassen, den Cayenne Escort ihr vermittelte, wäre das Risiko viel zu groß. Die Stadt wimmelte von Leuten, die nicht mehr alle Latten am Zaun hatten.
    »Was ist dann passiert? Seit du von deinem Job zurück bist, bist du völlig durch den Wind.«
    Nancy starrte wieder durch die Windschutzscheibe.
    »Ich habe einen großen, schwarzen Vogel gesehen«, antwortete sie schließlich tonlos. »Er ist im Schnee gestorben. Ich habe sein Blut gesehen.«
    Oh Mann. Es ging schon wieder los. Gleich würde sie ihm von ihrem letzten Traum erzählen. Oder vom Smalltalk mit Tante Margie, die letztes Jahr gestorben war.
    »Es war der Todesvogel!«
    Wie viele Vögel lebten in New York? Hunderttausend? Eine Million? Zwei Millionen? Aber wenn einer von ihnen zufällig Nancys Weg kreuzte, war es natürlich gleich der Todesvogel. Jetzt bloß nicht ironisch werden, mahnte sich Joe im Stillen, sonst konnte er den Absacker in ihrem Apartment vergessen.
    »Und was bedeutet das, Darling?«
    Ihre großen, dunklen Augen blickten ihn an. »Ich werde sterben, Joe.«
    »Wir werden alle sterben, Nancy.«
    »Es wird nicht mehr lange dauern«, beharrte sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
    Er hatte den East Broadway erreicht und fädelte sich geschickt in den für die frühe Stunde erstaunlich dichten Verkehr ein.
    »Du weißt, was ich von solchen Dingen halte«, setzte er vorsichtig an.
    Nancy antwortete nicht. Stattdessen kramte sie in ihrer Handtasche nach Zigaretten.
    Wieder hatte er das Gefühl, dass sie ihm gar nicht richtig zuhörte. »Soll ich heute Nacht bei dir bleiben?«
    »Das würde nichts nützen.«
    »Soll das heißen, du traust mir nicht zu, mit dem Kerl fertigzuwerden?«
    Traurig lächelnd schüttelte Nancy den Kopf.
    »Das verstehst du nicht, Joe. Wenn du dem Todesvogel begegnest, ist dein Schicksal besiegelt. Kein Mensch kann sich gegen das auflehnen, was höhere Mächte beschlossen haben.«
    Joe Cumber hisste die weiße Fahne. Wenn höhere Mächte ins Spiel kamen, hatte er verloren. So viel immerhin hatte er während seiner Beziehung mit Nancy gelernt.
    Er bog in die Jefferson Street ein. An der Ecke Henry legte Nancy ihm die Hand auf den Arm.
    »Lass mich hier raus, Joe. Ich brauche noch Zigaretten.«
    Joe blickte sich um. Die Straße war nicht beleuchtet. Ein China-Laden reihte sich an den nächsten. An der Straßenecke wurde gebaut, die bunten Wohnwagen der Bauarbeiter waren im Schneetreiben nur undeutlich zu erkennen.
    Er hatte ein mulmiges Gefühl.
    »Soll ich dich nicht wenigstens bis zur Haustür bringen?«
    »Nicht nötig. Es sind ja nur noch hundert Schritte.«
    Nancy beugte

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