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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna K.
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an. Die große Unzufriedenheit, sie begann schon am frühen Morgen.

Schöne Aussicht
    Nach sechs Monaten wechselte ich vom Frühstück auf die Terrasse. Ich bekam jetzt mehr Sonne und hatte einen besseren Ausblick, das waren die Vorteile. Der Nachteil war, dass ich nun ganz alleine im Dienst war. Ich hätte nicht gedacht, dass ich Frau Bock, deren Herzlichkeit sich in den letzten Monaten nicht merkbar gesteigert hatte, einmal vermissen würde. Jetzt hieß es endgültig: ich gegen die Gäste. Anna gegen den Rest der Welt. Auf der Karte standen zwar nur »Kleinigkeiten«, so nannten wir das, aber in Ermangelung eines Kochs oder einer Köchin musste ich diese Kleinigkeiten, einen Salat, ein Sandwich oder einen Eisbecher, selber zubereiten. Ich nahm also die Bestellungen auf, bereitete Kaffee und Kleinigkeiten zu, servierte sie, kassierte, räumte ab und machte auch den Abwasch selbst. Die Spülmaschine war mit schöner Regelmäßigkeit kaputt. Das alles wäre kein Problem gewesen, wären gleichzeitig nie mehr als fünf Tische besetzt gewesen. Aber es waren oft mehr Gäste da. Sehr oft. Viel mehr. Vor allem, wenn die Sonne schien. Und sie scheint oft in Berlin, viel öfter als einem lieb sein kann. Es war nicht zu schaffen.
    Die Terrasse war für Berliner eine Art Institution, weniger
für Touristen, weil man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. Um hier heraufzufinden, musste man schon wissen, dass es diese Terrasse gibt. Wenn ich manchmal zwischen den Tischen über die Schultaschen der Elftklässler stieg und mich fragte, wie ich es jemals schaffen sollte, fünfzig Leute gleichzeitig zu bedienen, beneidete ich die Schüler in ihrer unbeschwerten Sorglosigkeit, mit der sie hier den Tag vertrödelten. Meine eigene Schulzeit lag erst ein knappes Jahr zurück, aber wie wenig hatte mein Leben noch mit dem von damals zu tun. Acht Wochenenden am Stück arbeiten, ohne freien Tag dazwischen, morgens um halb vier aus dem Bett, nicht selten vor Erschöpfung abends um acht hinein – mein altes und mein neues Leben hätten unterschiedlicher nicht sein können.
    Die Mehrzahl der Gäste auf der Terrasse waren Rentnerinnen, die sich nach dem Einkauf auf dem Ku’damm eine Pause gönnten. Zum Glück bestellten Damen über sechzig damals nur sehr selten Kaffee mit Milchschaum, sondern waren mit einem Kännchen Filterkaffee vollends zufrieden. Hätten alle einen Latte macchiato bestellt, ich weiß nicht, ob ich dann nicht irgendwann von der Terrasse gesprungen wäre.
    Eher nachteilig war, dass Rentnerinnen keine jungen Frauen mögen. Ich war neunzehn, schlank, hatte abgenommen durch die viele Rennerei und die kurzen Nächte, meine Haare waren noch von Natur aus blond und Falten hatte ich auch nicht. Das reichte schon, um ihre Missgunst zu wecken. Jens und Tim, meine männlichen Mitazubis, berichteten von sagenhaften Trinkgeldern
älterer Damen, von zweistelligen Beträgen war die Rede. Ein Glück, das mir nie zuteil wurde.
    Im Central waren in der Regel zwischen acht und zehn Auszubildende gleichzeitig beschäftigt. Dazu kamen oft drei oder vier Praktikanten, die ein paar Monate blieben, und die dazu verdammt waren, mit Bierwasser die Blätter des Ficus Benjamini an der Rezeption auf Hochglanz zu bringen. Festangestellte gab es natürlich auch, ungefähr genauso viele wie Auszubildende, aber weil die Festen es meistens schafften, sich den unbeliebten Schichten am Wochenende oder spätabends zu entziehen, lagen die Geschicke des Hotels tatsächlich nicht selten ganz in der Hand von uns Azubis. Wir verdienten dreihundertvierzig Euro im ersten Lehrjahr und schmissen ein gut besuchtes Drei-Sterne-Hotel mit fünfzig Zimmern. Wäre ich besser in Mathe gewesen, hätte ich mal ausgerechnet, wie viel Prozent des Umsatzes einer Nacht eigentlich für uns übrig blieb.
    Das Central war weder besonders schön noch besonders hässlich. Es erfüllte alle Ansprüche eines Drei-Sterne-Hotels: Die Einrichtung war schlicht und praktisch. Die Teppiche waren kurzgeschoren und hart, grünlich, das passte zu unseren Westen. An den Wänden verstaubte Abstraktes in ebenso grünen Bilderrahmen. In der Lobby bremste ein überdimensional großer Tresen jeden Ankommenden, davor vier schwarze Ledersessel, in denen ich in drei Jahren nie jemanden habe sitzen sehen. Ein Prospektständer, ein Zeitungstisch, fertig.
    Die anderen Auszubildenden hatten ein halbes Jahr vor mir im Herbst angefangen, als ich noch im Sonnenstudio
die Bänke desinfizierte. Sie kannten

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