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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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schwimmen!«
    »Wie, schwimmen?«
    »Es ist eine herrliche Nacht! Gehen wir schwimmen.«
    Wir schwammen zu einem Boot, das relativ weit draußen lag. Maria war eine echte Wasserratte. Wir kletterten an Bord, um zu verschnaufen, und dann schwammen wir zurück.
    Das gehörte alles zum Test. Die jungen Kennedys nahmen dauernd Leute mit zum Kennedy-Anwesen in Hyannis Port, um sie auf die Probe zu stellen und ihnen Streiche zu spielen. Davon hatte ich natürlich keine Ahnung.
    Bobby überließ mir zum Schlafen sein Zimmer, das direkt neben Marias lag. Am nächsten Morgen um acht Uhr riss mich Lärm aus dem Schlaf. »Alle anziehen! Alle anziehen! Wir sehen uns in der Kirche. Grandma kommt in die Kirche. Die Messe ist für sie!« Alle rannten durchs Haus und holten sich Kleider aus irgendwelchen Schränken.
    Mir wurde schmerzhaft bewusst, dass ich noch immer nichts als meine Tenniskleidung hatte. »Ich habe nichts zum Anziehen«, sagte ich. Wir wollten in die Kirche, wo Rose Kennedy auf uns wartete, und ich hatte keine Kleider.
    »Hier, nimm eins von Bobbys Hemden.« Es sah alles andere als elegant aus. Bobby wog knapp 80 Kilo, ich über 100. Ich sprengte fast die Nähte, und die Knöpfe drohten jeden Moment abzuspringen. Bobby wollte mir auch Hosen leihen, hatte aber keine, die so weit waren, dass meine Oberschenkel hineingepasst hätten. Ich ging daher in kurzen Hosen in die Kirche wie ein kleines Kind. Es war furchtbar peinlich, und genau das war natürlich beabsichtigt gewesen. Die jungen Leute hatten etwas zum Lachen. »Wie komisch! Seht euch die Hose an! Und das Hemd erst!«
    Nach der Kirche gingen wir zum Frühstück ins Haus zurück. Nach und nach fand ich mich auf dem Anwesen der Kennedys zurecht, das aus mehreren weißen zweigeschossigen Häusern inmitten großer Rasenflächen bestand und sehr malerisch am Wasser gelegen war. Ein Haus gehörte Rose, und jedes ihrer Kinder hatte ebenfalls eins. Ich war im Haus der Shrivers untergebracht, weil Maria mich als ihren Gast betrachtete.
    Im Lauf des Tages trafen sich die Älteren – Teddy, Sargent und die anderen ihrer Generation – in einem der Häuser zum Frühstück, zum Mittagessen, zu Cocktails oder anderen Anlässen. Die Behauptung, dass ich dort keine Kleider brauchte, war reiner Humbug, denn die Cocktails nahm man in weißen Hosen und Blazer ein. Ich stand da in meinen Shorts und versuchte das Beste daraus zu machen, während Maria und Caroline mich vorstellten.
    Rose machte sich selbst bekannt. Sie war sehr neugierig auf diesen großen Jungen aus der Welt des Kraftsports und stellte mir alle möglichen Fragen über das Training. »Unsere Kinder machen nicht genug Sport, das macht mir Sorgen. Können Sie mir ein paar Übungen zeigen? Ich brauche etwas für den Bauch.« Bald übte ich mit den jüngeren Enkeln und einigen ihrer Eltern Bauchpressen und Beinheben. Es war ein Riesenspaß.
    Doch vieles war mir damals noch fremd. Warum gab es überhaupt ein Familienanwesen? Warum lagen die Häuser so nah beieinander? Es war faszinierend, wie eng die Kennedys verbandelt waren: Heute trinken wir einen Cocktail bei Teddy, dann essen wir bei Pat zu Abend, morgen frühstücken wir drüben bei Eunice und Sarge und so weiter.
    Die Cousins und Cousinen machten eine Art Wettbewerb daraus, mich darauf zu testen, was ich so alles mit mir machen ließ, und zogen mich beispielsweise an einem Seil hinter dem Segelboot her. Sobald aber Joe Kennedy, der älteste Sohn von Robert F. Kennedy auftauchte, waren sie alle lammfromm. Sie machten sich gerade für ihr übliches Touch-Football-Spiel auf dem Rasen der Großmutter fertig, da fragte Joe: »Spielen Sie Football?«
    »Ich habe noch nie einen Football in der Hand gehabt«, sagte ich.
    »Gestern ist mir aufgefallen, dass Sie Pelé vorgestellt haben, als würden Sie ihn sehr gut kennen. Mit Fußball scheinen Sie sich auszukennen.«
    »Ja.«
    Und siehe da: Er brachte die anderen dazu, an diesem Tag Fußball zu spielen. Es war eine dieser kleinen Gesten, die man nie vergisst. Joe hatte den Ruf eines harten, aufbrausenden Kerls, der gern herumbrüllt. Aber an jenem Tag lernte ich einen freundlichen und verständnisvollen Joe kennen. Er fragte mich nach meiner Arbeit, meinem Training und der Welt, aus der ich kam, Österreich. Da er mir im Alter am nächsten stand, kam er leichter mit mir ins Gespräch als andere. Für einen Menschen, der mir einmal so viel Entgegenkommen gezeigt hat, würde ich mein Leben lang alles tun.
    Gegen Abend

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