Total Recall
Artikel waren schon erschienen, darunter die Geschichte über die Nazi-Vergangenheit meines Vaters und meinen Steroid-Einsatz als Bodybuilder. Bei solchen rufschädigenden Vorwürfen folgte ich einer Grundregel: Wenn der Vorwurf falsch war, wandte ich mich mit allen Mitteln dagegen, wenn er stimmte, akzeptierte ich ihn, und wenn es mir möglich schien, entschuldigte ich mich. Als also die ersten Geschichten erschienen, gab ich zu, dass ich in jungen Jahren Steroide genommen hatte – das hatte ich auch vorher schon eingeräumt –, und ich arbeitete mit dem Simon Wiesenthal Center zusammen, um Dokumente ausfindig zu machen, die klärten, was genau mein Vater im Dritten Reich getan hatte und was nicht.
Die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung stimmten alle nicht. Ich hatte mich allerdings manchmal ziemlich danebenbenommen und hatte deshalb allen Grund, mich für mein früheres Verhalten zu entschuldigen. In meiner ersten Rede am nächsten Tag erklärte ich meinen Zuhörern in San Diego: »Viele dieser Geschichten sind nicht wahr. Aber ich sage immer: Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Und deshalb muss ich auch sagen: Ja, ich habe mich manchmal schlecht benommen. Ja, es stimmt, ich war am Filmset oft ordinär, und ich habe Dinge getan, die nicht richtig waren, die ich damals lustig fand, von denen ich aber heute weiß, dass ich Menschen damit beleidigt habe. Und diesen Menschen, die ich beleidigt habe, möchte ich sagen, dass mir das sehr leid tut und dass ich dafür um Entschuldigung bitte.«
Wie früher schon, sprangen mir auch diesmal wieder viele Menschen bei, und meine wichtigste Verbündete war Maria. In einer Rede vor einer Organisation republikanischer Frauen sagte sie an jenem Tag, dass sie Gossenpolitik und Gossenjournalismus verabscheue. »Sie können diese Geschichten natürlich glauben, und Sie können diesen Leuten glauben, die Arnold nie kennengelernt haben oder die ihn vor dreißig Jahren fünf Sekunden lang getroffen haben. Oder Sie können mir glauben«, sagte sie und lobte mich für den Mut, um Entschuldigung zu bitten.
Wie unsere Meinungsumfragen zeigten, waren es aber ganz andere Themen, die die kalifornischen Wählerinnen und Wähler viel mehr interessierten. Vor allem das Thema Wirtschaft natürlich. Meine Rede in San Diego stand am Beginn einer letzten Bustour mit Wahlkampfveranstaltungen im ganzen Bundesstaat. An jenem Morgen kamen dreitausend Menschen, bei der nächsten Veranstaltung in Inland Empire, der Region östlich von Los Angeles, waren es schon sechstausend und dann achttausend am Samstagmorgen in Fresno. Als wir schließlich Sonntag nach Sacramento hineinfuhren, hatten sich fast zwanzigtausend Menschen vor dem Kapitol versammelt. Ich stand auf den Stufen und hielt eine kurze Ansprache, dann spielte die Band – eine angesagte Band, die den jungen Leuten gefallen sollte –, und dann zog ich einen Besen hervor. Das war das Bild für die Presse: Schwarzenegger ist hier, um auszumisten. Man konnte die Begeisterung der Leute richtig fühlen. Das war es! Wir waren bereit, die Sache klarzumachen.
Am Wahlabend zog ich mich für die Party um. Das Ergebnis kannte ich noch nicht, dafür war es noch zu früh, aber ich hatte das Gefühl, dass die Chancen auf einen Sieg wirklich gut standen. Ich ging gerade ins Schlafzimmer, um meine Schuhe anzuziehen, da hörte ich einen Sprecher auf CNN sagen: »Wir haben das Wahlergebnis jetzt vorliegen. Arnold Schwarzenegger wird der neue Gouverneur.« Mir liefen Tränen über die Wangen. Ich konnte es einfach nicht glauben. Natürlich hatte ich damit gerechnet, aber die Nachricht jetzt wirklich auf CNN zu hören – als offizielle Meldung eines internationalen Senders –, das war überwältigend. Nie hatte ich mir vorgestellt, ich würde einmal an einem Fernseher vorbeilaufen und den Satz: »Schwarzenegger wird der neue Gouverneur von Kalifornien« hören. Eine Weile saß ich einfach nur da. Plötzlich kam Katherine herein und fragte: »Daddy, was meinst du zu diesem Kleid?« Schnell wischte ich mir die Tränen weg. Maria, die sich in einem anderen Zimmer angezogen hatte, kam zu mir vor den Fernseher und war auch überglücklich: Ihr gefiel nicht nur die Vorstellung, Kaliforniens First Lady zu werden, dieser politische Sieg konnte ihr auch helfen, frühere Niederlagen ihrer Familie zu vergessen.
Die Menschen hatten sich mit 55 zu 45 Prozent dafür ausgesprochen, Gray Davis seines Amtes zu entheben, und eine große Mehrheit hatte ihr Kreuzchen nicht
Weitere Kostenlose Bücher