Total Recall
Wettkämpfen rechnete man mit nicht mehr als viertausend bis fünftausend Fans.
Mir ließ das keine Ruhe. Ich wollte, dass mein Sport Erfolg hatte, ich wollte, dass die Athleten und nicht nur die Veranstalter etwas daran verdienten. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die Zuschauer, die sich eines Tages meine Filme ansehen würden, wissen sollten, woher solche Muskeln kamen und was es bedeutete, ein Mister Universum, Mister Olympia oder Mister World zu sein. Hier musste also noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Je populärer der Sport wurde, desto größer waren meine Chancen, berühmt zu werden. Jemand wie Joe Namath bekam leicht Angebote aus der Werbung oder vom Film. Die Stars der großen Sportarten wie Football, Baseball, Basketball und Tennis wechselten einfach die Branche und verdienten richtig viel Geld. Ich wusste, dass mir das nie passieren würde. Ich musste mehr tun. Ich wollte den Sport bekannter machen, damit sich einerseits mehr Leute dafür begeisterten und andererseits meine Karriere davon profitierte.
Joe Weider hatte dazu leider eine andere Meinung, von der er nicht so leicht abzubringen war. Er wollte sein Publikum gar nicht vergrößern, sondern beschränkte sich auf die Bodybuilding-Fans und vor allem die Teenager. Ich konnte ihn provozieren, wie ich wollte. »Das sind doch Comics!«, sagte ich etwa über seine Zeitschriften. »›Wie Arnold seine Oberschenkel foltert‹, ›Sprechen jetzt Joes Muskeln?‹ Was sind denn das für dumme Schlagzeilen?«
»Damit verkauft sich die Zeitschrift«, erwiderte Joe. Er wollte sein Produkt möglichst wenig verändern und jede Gelegenheit nutzen, seine Zeitschriften weltweit zu vertreiben. Wahrscheinlich war das auch eine kluge Unternehmensstrategie, denn seine Firma wuchs und wuchs. Aber mir war klar, dass ich meinen eigenen Weg finden musste, wenn ich das Bodybuilding einem breiteren Publikum zugänglich machen wollte.
Im Herbst 1972 legte ich auf dem Weg nach Europa einen Zwischenstopp in New York ein und lernte dort zwei Menschen kennen, die meine weitere Entwicklung entscheidend beeinflussten: George Butler und Charles Gaines. Butler war Fotograf, Gaines war Journalist, beide waren als freie Mitarbeiter für die Zeitschrift Life tätig. Sie waren unterwegs in den Irak, wo Joe Weider den Mister-Universum-Wettkampf organisierte. Vorher sollten sie sich noch mit mir unterhalten, um sich ein bisschen über Bodybuilding zu informieren.
Ich konnte mein Glück kaum fassen. Zum ersten Mal unterhielt ich mich mit Journalisten, die nichts mit Bodybuilding zu tun hatten. Sie erreichten vielleicht eine Million Leser, die noch nie etwas von meinem Sport gehört hatten. Sie waren ungefähr so alt wie ich, wir verstanden uns auf Anhieb. Wie sich herausstellte, kannte sich Gaines schon ein bisschen mit Bodybuilding aus. Er hatte gerade seinen Roman Stay Hungry veröffentlicht, in dem es um ein Bodybuilding-Studio in Alabama ging. Das Buch wurde ein Bestseller. Im Sommer hatten er und Butler in Sports Illustrated über einen Wettkampf berichtet, der in Holyoke in Massachusetts um den Titel des Mister East Coast ausgetragen worden war. Sie dachten bereits daran, nach dem Artikel für Life weiter über das Thema zu schreiben und auch ein Buch dazu herauszubringen. Bodybuilding war für sie ein faszinierendes Thema, auch wenn die meisten Amerikanern so gut wie nichts darüber wussten.
Ich würde nicht in Bagdad antreten, lud sie aber nach Kalifornien ein. Wenn sie mehr über die dortige Bodybuilding-Szene erfahren wollten, bot ich ihnen an, sie herumzuführen und Termine für sie zu vereinbaren.
Zwei Monate später saßen sie in meinem Wohnzimmer in Santa Monica, wo ich sie mit Joe Weider bekannt machte. Anfangs schien das Treffen auf eine Konfrontation zuzusteuern. Die beiden Besucher traten frech und altklug auf. Sie fragten Joe ständig, warum er den Sport nicht in diese oder jene Richtung weiterentwickelte, warum er nicht bestimmte Firmen als Sponsoren gewann und so weiter und so fort. Warum sorgte er nicht dafür, dass ABC’s Wide World of Sports über seine Bodybuilding-Wettkämpfe berichtete? Warum stellte er keinen Pressesprecher ein? Joe war der Meinung, dass sie keinen blassen Schimmer hatten, dass sie Journalisten waren, die alles nur von außen kannten. Sie wussten nichts über die Persönlichkeiten und Typen in unserem Sport und ahnten nicht einmal, wie schwierig es war, große Unternehmen als Sponsoren zu gewinnen. Man konnte nicht einfach
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