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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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Nicht dass sein Zusammenbruch die Gestalt wilden Wahnsinns oder einer nervösen Explosion angenommen hätte. Dazu waren die argwöhnischen Instinkte der Wildnis in ihm zu stark. Aber er stemmte sich plötzlich mit einem gebrüllten Fluch auf den Ellbogen hoch und feuerte blindlings auf das Gewirr von Steinen, die seinem Feind Deckung boten. Nur der obere Teil seines Arms und der Rand seiner von einem blauen Hemd bedeckten Schulter waren einen Augenblick lang sichtbar. Das reichte aus. In jenem Sekundenbruchteil riss Cal Reynolds den Abzug durch, und ein schrecklicher Schrei verriet ihm, dass seine Kugel ihr Ziel gefunden hatte. Und nach dem animalischen Schmerz in jenem Schrei spülte eine wahnsinnige Flut schrecklichen Entzückens jede Vernunft und alle lebenslangen Instinkte beiseite. Er stieß keinen Freudenschrei aus und sprang auf, aber seine Zähne fletschten sich in einem Grinsen wie dem eines Wolfs, und er hob unwillkürlich den Kopf. Der erwachende Instinkt ließ ihn sofort wieder zurückzucken, aber der Zufall war sein Verderben. Noch während er sich duckte, peitschte Brills Schuss als Antwort.
    Cal Reynolds hörte ihn nicht, weil gleichzeitig mit dem Knall etwas in seinem Schädel explodierte, ihn in völlige Schwärze stürzte, eine Schwärze, in der kurze Zeit rote Funken sprühten.
    Die Schwärze dauerte nur einen Augenblick. Cal Reynolds’ Blicke kreisten wild in die Runde und er erkannte voll Schrecken, dass er auf freiem Feld lag. Die Wucht des Schusses hatte ihn zwischen den Felsen herausrollen lassen, und in jenem kurzen Augenblick begriff er, dass es kein direkter Treffer gewesen war. Der Zufall hatte die Kugel von einem Stein abprallen lassen, und sie war anscheinend über seinen Kopf geschwirrt. Das war nicht so wichtig. Wichtig war, dass er völlig sichtbar dalag und dass Esau Brill ihn voll Blei pumpen konnte. Ein wilder Blick zeigte ihm, dass seine Flinte ganz nahe lag. Sie war über einen Stein gefallen und lag mit dem Kolben am Boden, während der Lauf nach oben gerichtet war. Ein weiterer Blick zeigte ihm seinen Feind, aufrecht zwischen den Steinen stehend, die ihm als Deckung gedient hatten.
    In jenem einen Blick nahm Cal Reynolds alle Einzelheiten der hochgewachsenen, sehnigen Gestalt seines Feindes auf: die schmutzigen Hosen, die vom Gewicht des im Holster steckenden Six-Shooters heruntersackten, die in die abgewetzten Lederstiefel gestopften Hosenbeine; die karminrote Schmierspur an der Schulter des blauen Hemds, das die Feuchtigkeit an den Körper seines Besitzers klebte, das zerzauste schwarze Haar, von dem der Schweiß über das unrasierte Gesicht rann. Er sah das Blitzen gelber, vom Tabak verfärbter Zähne in einem wilden Grinsen. Aus der Flinte in Brills Händen kräuselte immer noch Rauch.
    Diese vertrauten und zugleich verhassten Einzelheiten zeichneten sich mit verblüffender Klarheit in diesem flüchtigen Augenblick ab, während Reynolds vergeblich gegen die unsichtbaren Ketten ankämpfte, die ihn an die Erde zu fesseln schienen. Während er noch dachte, die Lähmung sei vielleicht dem Schlag auf den Kopf zuzuschreiben, den der Querschläger verursacht hatte, schien etwas zu zerreißen, und er war frei, rollte zur Seite. Rollen ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck; es war so, als würde er fast auf die Flinte zuschießen, die dort über dem Stein lag, so leicht fühlten seine Glieder sich an.
    Er ließ sich hinter den Felsbrocken fallen und packte die Waffe. Er brauchte sie nicht einmal anzuheben. So wie sie lag, war sie direkt auf den Mann gerichtet, der jetzt näher kam.
    Einen Augenblick lang ließ Esau Brills seltsames Verhalten seine Hand zögern. Statt zu feuern oder wieder hinter die schützenden Felsen zu springen, kam der Mann geradewegs auf ihn zu, die Flinte in der Armbeuge, und dieses verdammenswürdige Feixen im unrasierten Gesicht. War er wahnsinnig? Konnte er nicht sehen, dass sein Feind wieder aufgestanden war, von Wut erfüllt und mit einer gespannten Flinte, die auf sein Herz gerichtet war? Brill schien ihn überhaupt nicht anzusehen, vielmehr war sein Blick zur Seite gerichtet, auf die Stelle, wo Reynolds gerade noch gelegen hatte.
    Ohne weiter nach einer Erklärung für das Handeln seines Widersachers zu suchen, zog Cal Reynolds den Abzug durch. Mit einem bösartigen Knall sprang ein blauer Fetzen von Brills breiter Brust. Er taumelte zurück, sein Mund flog auf. Und sein Gesichtsausdruck ließ Reynolds erneut erstarren. Esau Brill stammte von Leuten

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