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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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seinen Revolver, sein schwieliger Daumen zog den schweren Hammer zurück. Er hielt sich den Lauf gegen die Schläfe und drückte ab. Der Schuss hallte krachend über die Hügel, und der letzte der kämpfenden Reynolds kippte vornüber.
    Der alte Jonas McCrill war zurückgaloppiert, als er den Schuss hörte, und fand Reynolds dort, wo der seinem Leben ein Ende gesetzt hatte. Er staunte darüber, in das tote Gesicht eines alten, alten Mannes zu blicken, dessen Haare so weiß waren wie der Raureif.

Der Mann auf dem Boden
    Cal Reynolds schob seinen Priem auf die andere Seite im Mund und spähte über den stumpfblauen Lauf seiner Winchester. Seine Kinnladen arbeiteten methodisch, hörten aber auf, sich zu bewegen, als er sein Ziel im Visier hatte. Er erstarrte zu völliger Unbeweglichkeit; dann krümmte sich sein Finger um den Abzug. Der Knall des Schusses jagte das Echo prasselnd über die Hügel, und gleich darauf kam, wie ein lauteres Echo, ein Schuss als Antwort. Reynolds warf hin, presste seinen sehnigen Körper an den Boden und stieß eine halblaute Verwünschung aus. Ein grauer Splitter sprang von einem der Felsen dicht bei seinem Kopf in die Höhe, und die abprallende Kugel pfiff in die Weite davon. Reynolds überlief ein Schauder. Das Geräusch war so tödlich wie der zischelnde Gesang einer unsichtbaren Klapperschlange.
    Er stemmte sich vorsichtig weit genug hoch, um zwischen den Felsbrocken vor ihm hindurchsehen zu können. Von seinem Zufluchtsort durch eine breite, mit Mesquitegras und Stachelbirne bewachsene Fläche getrennt, türmte sich eine Ansammlung von Felsbrocken ähnlich der, hinter der er kauerte. Aus diesen Felsen schwebte ein dünner Fetzen weißlicher Rauch in die Höhe. Reynolds’ scharfe, die sonnenverbrannte Ferne gewohnten Augen entdeckten zwischen den Felsen einen kleinen Kreis aus stumpf schimmerndem blauem Stahl. Jener Kreis war die Mündung eines Gewehrs, und Reynolds wusste sehr wohl, wer hinter jener Mündung lag.
    Selbst für Texas war die Fehde zwischen Cal Reynolds und Esau Brill von langer Dauer gewesen. In den Bergen von Kentucky mögen sich Familienkriege über Generationen hinschleppen, aber die geografischen Gegebenheiten und das Temperament der Menschen im Südwesten waren in die Länge gezogenen Feindseligkeiten nicht förderlich. Hier fanden Auseinandersetzungen im Allgemeinen mit erschreckender Plötzlichkeit und Endgültigkeit einen Abschluss. Ein Saloon, die Straßen einer kleinen Rinderstadt oder das offene Weideland waren die Bühne. Anstelle heimtückischer Schüsse aus einem Lorbeergestrüpp donnerten hier die sechsschüssigen Colts und die abgesägten Schrotflinten aus nächster Nähe und führten die Dinge schnell der Entscheidung zu – so oder so.
    Der Fall von Cal Reynolds und Esau Brill wich ein wenig vom Üblichen ab. Zunächst einmal betraf die Fehde nur sie selbst. Weder Freunde noch Verwandte waren in sie hineingezogen worden. Niemand, die Betroffenen eingeschlossen, wusste genau, wie alles angefangen hatte. Cal Reynolds wusste lediglich, dass er Esau Brill die meiste Zeit seines Lebens gehasst hatte und dass Brill diesen Hass erwiderte. Einst, als junge Männer, waren sie mit der ganzen Gewalttätigkeit und Eindringlichkeit rivalisierender junger Bergtiger aufeinandergeprallt. Von jenem Zusammenstoß trug Reynolds noch heute eine Messernarbe quer über den Rippen, Brill ein auf Dauer verletztes Auge. Entschieden hatte jener Kampf nichts. Sie hatten bis zu einem blutig keuchenden Patt gekämpft, und keiner von beiden hatte die geringste Lust verspürt, dem anderen »die Hand zu schütteln und sich wieder zu vertragen«. Das ist eine Heuchelei, die sich in der Zivilisation entwickelt hat, wo Männer nicht den Mumm haben, so lange zu kämpfen, bis einer von beiden tot ist. Wenn ein Mann einmal gespürt hat, wie das Messer seines Gegners über seine Knochen scharrt, der Daumen seines Gegners sich in sein Auge presst oder der Stiefelabsatz des Gegners in seinen Mund stampft, ist er kaum geneigt, zu vergeben und zu vergessen, ganz gleich welche Gründe ursprünglich zu der Auseinandersetzung geführt haben mögen.
    So trugen Reynolds und Brill ihren gegenseitigen Hass ins Erwachsenenleben, und da sie als Cowboys für rivalisierende Ranches ritten, ergaben sich häufige Gelegenheiten, ihren Privatkrieg weiterzuführen. Reynolds stahl von Brills Boss Rinder, und Brill erwiderte das Kompliment. Jeder war über die Taktiken des anderen erbost und davon überzeugt,

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