Tote essen keinen Döner
Werkzeugkästen Hammer und Meißel – in normalen Wohnungen gibt es überall Blumentöpfe, bei uns Werkzeugkästen – und mache mich an meinen Säyf beziehungsweise an die Badezimmerfliesen.
Diesmal gehen die Dinger leider nicht mehr so leicht von der Wand ab, weil die mittlerweile bombenfest kleben. Mir bleibt nichts anderes übrig, als die neue Fliese kaputt zu hauen.
Bei Allah, es ist aber kein Geld dahinter! Sie haben nicht nur das Geld mitgenommen, sondern auch das Loch! Verdammt, ich hätte mir besser merken müssen, hinter welcher Fliese ich meinen Reichtum versteckt habe! Ich haue noch eine Fliese raus – wieder nichts! Das ist ja hier wie bei Schiffeversenken.
Zum Glück fällt der Lärm nicht weiter auf, nur das Badezimmer sieht nicht mehr so schön aus. Aber ich muss zugeben, es ist total spannend. Es ist genauso prickelnd wie Rubbellotto. Nur, dass es nicht so leicht von der Hand geht und ziemlich viel Staub aufwirbelt.
|208| Bei der neunten Fliese stoße ich endlich auf das ersehnte Geld, berge glücklich den Schatz und stopfe alles in meine Arbeitstasche. Wie alle Gold- oder Ölbohrer hinterlasse ich eine verseuchte und verwüstete Trümmerlandschaft, für die ich dann auch nicht verantwortlich gemacht werden will.
»Schon wieder eine Stundensitzung auf dem Klo?«, empfängt mich eine leicht verärgerte Eminanim mit zusammengezogenen Augenbrauen.
»Wieso, ich komme doch gerade von der Bank. Hier hast du 15 000 Euro für die Feier von deiner Tochter heute Abend.«
»15 000 Euro? Bist du verrückt? Wie ist das möglich? Hast du etwa die Bank ausgeraubt?«
»Du siehst, so gleichgültig ist mir die Verlobung meiner Tochter auch wieder nicht. Mit diesem Geld können sie später auch die Hochzeit finanzieren.« – Oder die Kaution!
»Osman, das ist ja klasse! Danke, mein Schatz! Du bist der beste Ehemann, den ich je hatte!«
»Und diese 15 000 Euro sind für dich, meine teuerste Eminanim. Damit kannst du die nicht enden wollenden Renovierungen bezahlen und viele neue Möbel kaufen.« – Oder für die Rechtsanwälte blechen.
»Ich fass es nicht, 30 000 Euro! Wo hast du denn das viele Geld her?«
»Diese paar Notgroschen habe ich für solche Tage all die Jahre gespart.« An der Lüge stirbt man nicht – manchmal aber an den Nebenwirkungen.
»Mein Gott, wie sieht denn mein Badezimmer schon wieder aus?«, kreischt sie dann, als sie mein Werk entdeckt. |209| »Eminanim, ich hab mich längst daran gewöhnt«, beruhige ich sie,»der eine Handwerker macht’s – der andere macht’s kaputt! Das müsstest du doch jetzt auch schon wissen, oder?« – Manchmal ist es schon sehr vorteilhaft, wenn die Handwerker kein Deutsch verstehen.
»Aber wieso um Himmels willen? Die Wand sah doch gut aus.«
»Vielleicht haben sie eines ihrer Werkzeuge oder die Zigaretten in der Wand vergessen. Aus diesem Grund öffnen sogar Ärzte einige ihrer Patienten ein zweites Mal.«
»Na ja, jetzt habe ich keine Zeit, das alles sauber zu machen. Wir müssen diese Kisten sofort in Luigis Laden transportieren.«
»Bei der Gelegenheit kann ich ja auch die neue Tiefkühltruhe hinbringen.«
»Wieso, was soll er denn damit?«
»Ich denke, die kann er in der Pizzeria ganz gut gebrauchen. Sie ist sozusagen mein ganz persönliches Verlobungsgeschenk.« – Die gehört ihm ja sowieso.
»Du bist aber heute großzügig. 15 000 Euro und dazu noch eine Tiefkühltruhe.«
Meine Frau hat so viele Sachen gepackt, als würden wir mit der ganzen Familie in Luigis Pizzeria einziehen. Ich muss drei Mal hin und her fahren – und das mit einem riesigen Transit. Unglaublich, aber wahr: Eminanim will sogar in einem Restaurant selber groß aufkochen.
»Wir können den vielen Gästen doch nicht nur trockene Pizza vorsetzen«, meint sie, ganz die türkische Mama.
Gegen Mittag, nach dem letzten Transport, lerne ich dann endlich meinen zukünftigen Schwiegersohn Luigi Di Vincenzo kennen. Früher haben die Töchter den Bräutigam, |210| den der Vater für sie bestimmt hatte, erst bei der Verlobung oder in der Hochzeitsnacht zu Gesicht bekommen. Heutzutage wird den Vätern erst nach der Hochzeitsnacht der Schwiegersohn vorgestellt, den die Tochter selbst ausgesucht hat. Ich muss sagen, meine Tochter hat einen sehr hübschen Schwiegersohn für mich ausgesucht. Er ist zwar etwas kurz geraten, sieht aber überhaupt nicht wie ein Mörder aus. Aber welcher Mörder sieht denn schon wie ein Mörder aus, wenn ich Herrn
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