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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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noch lebendig. Und soviel ich weiß, gibt es ohne Leiche keinen Mord! Und dass der Kommissar Beinbrecher jetzt schon wieder das Fenster öffnet, ändert |201| auch nichts mehr daran! Jedenfalls nicht an Adolfs Verschwinden.«
    »Öhem   … ich wollte doch nur ein bisschen frische Luft schnappen, hier drin ist es sehr warm, ich schwitze ja schon«, murmelt Beinbrecher verlegen.
    Ein Polizist klopft leise an und steckt seinen Kopf durch den Türspalt. Die Kommissare sehen sich an und gehen raus auf den Flur. Ihre Schritte entfernen sich. Auf diese Gelegenheit habe ich schon lange gewartet und mache mich schleunigst an die Arbeit. Schnell hole ich mir die Akte Nowosibirsk heraus. Ich bin gespannt, ob Cädilläc-Lui dem Kommissar schon wieder einen Schlüssel oder zur Abwechslung einige schlanke Frauen unter der Tür durchgeschoben hat.
    Nein, in Nowosibirsk nichts Neues! Enttäuscht stelle ich die Akte zurück. Die Schritte kommen wieder näher. Ich laufe sofort zurück zum Stuhl, nehme meine alte Position ein und setze einen völlig gelangweilten Gesichtsausdruck auf. Gerade noch rechtzeitig, dann geht die Tür auf und – Mehmet kommt rein!
    »Mehmet, was machst du denn hier?«, rufe ich total überrascht.
    »Dasselbe wie du«, sagt er, und hinter ihm kommen auch schon die beiden Kommissare rein. »Ich erzähle den Polizisten auch schon die ganze Zeit, dass wir bestimmt keine toten Adolfs bei uns beherbergen.«
    »Herr Engin, so wie es die beiden Skinhääds geschildert haben, soll Dominique Nachtigall auch noch drei Kugeln im Kopf gehabt haben«, gibt Kommissar Knochenhauer noch ein Detail preis, auf das wir möglichst überrascht reagieren sollten.
    |202| »Bei Allah, drei Kugeln im Kopf, sagen Sie? Der arme Junge«, rufe ich.
    »Wie sollen wir mit einer Waffe, die wir nicht haben, jemanden erschießen, der nicht da war?«, fragt Mehmet höchst schlitzohrig.
    »Mit anderen Worten: keine Leiche, keine Tatwaffe, kein Verdacht! Wollen Sie uns etwa noch länger hierbehalten?«, werde ich konkreter.
    »Sie können gehen, meine Herren«, kommt als Antwort – höchst widerwillig.
    Kurz vor der Tür halte ich plötzlich an. Mit der rechten Handfläche klatsche ich mir gegen die Stirn und lasse meine Kralle dort einige Sekunden ruhen. Mache dabei ein sehr nachdenkliches Gesicht, drehe mich langsam um, nehme die Hand von der Stirn und hebe sie hoch, während ich sie gleichzeitig langsam ausstrecke, als würde ich damit die beiden Polizisten begrüßen wollen. Und in dieser Stellung verharre ich einen Moment lang. In dieser Stellung könnte ich ein Leben lang verharren!
    Bei Allah, ich danke dir, dass ich diesen Tag noch erleben durfte! In einem echten Mordfall, mit wirklichen Kriminal-Kommissaren und verschwundenen Leichen, diese tolle ›Colambo‹-Abschiedsszene spielen zu dürfen, ist das Höchste der Gefühle für einen ›Colambo‹-Dschankie wie mich. Jetzt können sie mich ruhig schnappen und abführen! Ob als Zeuge, Mörder oder Leiche, das ist mir völlig egal!
    Um die Szene komplett zu machen, sozusagen wegen des i-Tüpfelchens, sage ich in gleichgültigem Ton:
    »Ach, Sör, ich hätte da noch eine Frage   …« So, als wäre mir in dieser Sekunde was Unwichtiges eingefallen, was |203| den Verlauf der Geschichte aber in Wirklichkeit auf den Kopf stellen oder zumindest nachhaltig verändern könnte – aber dem ich anscheinend nicht die gebührend große Bedeutung beimesse. Nur mir fällt leider absolut nichts ein, was ich fragen könnte! Ich hab mich so sehr auf meine schauspielerische Leistung konzentriert, dass ich den Text völlig vergessen habe. Nein, ich hab den Text nicht vergessen – ich hatte überhaupt keinen! Es ging nur um diese Szene und um diesen einen Satz, um den emotionalen Olymp zu erklimmen.
    »Ja bitte, Herr Engin?«, erkundigt sich Kommissar Knochenhauer neugierig.
    »Könnte es denn nicht sein, dass Adolf sich selbst umgebracht hat?«, frage ich, weil mir nichts Besseres einfällt. »Selbstmord mit drei Kugeln im Kopf? Wir sind doch nicht in der Türkei«, lacht der Kommissar.
    »Warum nicht?«, mischt sich mein Sohn Mehmet ein. »Wahrscheinlich wollte er gerade seine Waffe reinigen – Vollautomatik,Mauser,Drittes Reich   –,da bekam er einen Herzanfall, dadurch einen Krampf im Arm, und die Vollautomatik gibt gleich drei Schüsse hintereinander ab: Tak, tak, tak!«
    »Haben Sie keine besseren Theorien?«, fragt Knochenhauer und verzieht den Mund.
    »Doch, was halten Sie denn von der? Der

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