Tote essen keinen Döner
gewaltige Sorgen um unsere junge, aufstrebende Familien-Demokratie zu machen, da die jüngeren Geschwister der rigorosen Meinungsmache dieses grauenhaften Despoten Mehmet auf Dauer sicherlich nicht gewachsen sein werden.
»Ich will eine Wohnung, in der ich meine Ruhe habe, in der ich mich sicher, wohl und zu Hause fühlen kann«, ruft Eminanim, »und ich weiß, was dieser Adolf und seine unverschämten Freunde mit der armen Familie von Abdullah angestellt haben.«
»Mutter, hör mir doch mal zu. Du musst dir keine Sorgen machen. Darum habe ich mich schon gekümmert. Ich habe mir diesen Adolf erst gestern auf offener Straße vorgeknöpft. Ich habe ihm klar und deutlich gesagt: ›Wenn du deine dämlichen Spielchen auch mit uns treibst, schlage ich dir die Birne ein!‹.«
»Mehmet, sieh dich vor, diese Nazis sind schwer kriminell«, ruft Nermin.
»Ich möchte nicht, dass du mit diesem Adolf auch nur ein Wort wechselst! Ich habe dich nicht großgezogen, damit du im Gefängnis landest!«, meldet sich wieder die besorgte Mutter zu Wort.
»Ach, wäre doch nicht schlecht«, mischt sich meine achtzehnjährige Tochter Zeynep ein, »wenn Mehmet im Knast ist, dann bekomme ich sein Zimmer und brauche mich endlich nicht mehr vor meinem Verlobten Luigi zu |9| schämen, dass ich immer noch ein Zimmer mit meiner Schwester teilen muss!«
»Stopp, stopp«, stoppe ich sie, »noch seid ihr ja nicht verlobt! Noch hat dieser Mafioso nicht um deine Hand angehalten – zumindest nicht bei mir! Und solange kommt mir dieser Rotzlöffel nicht ins Haus; weder in das alte noch in das neue!«
»Wenn Zeynep einen Mann bekommt, dann will ich einen Hund haben«, sagt meine feministische Tochter Nermin. »Seit Jahren erlaubst du es mir nicht, weil die Wohnung angeblich zu klein ist. Aber die neue Wohnung ist ja dann endlich groß genug! Da hat nicht nur ein Hund, sondern auch noch eine Katze und ein Hamster Platz.«
»Warte, warte, nicht so schnell. Lass uns doch in der neuen Wohnung erst mal ein paar Tage selber wohnen, bevor wir sie in einen Zoo umfunktionieren.«
»Lass uns in der neuen Wohnung erst mal selber wohnen, hast du gesagt, Vater«, ruft Mehmet. »Damit ist die Sache beschlossen. Wir ziehen um. Gute Nacht allerseits!«
|10| Kannibalen ziehen um
Nach dreizehn völlig kaotischen Tagen, wobei nicht die Zahl der Tage, sondern die Zahl meiner Kinder für das ständige Kaos verantwortlich war, ziehen wir endlich um. Und das, obwohl die Wohnung noch nicht renoviert worden ist.
Ich komme mit einem riesengroßen Umzugskarton in die neue Wohnung rein und bin völlig kaputt. Mehmet und Zeynep sitzen faul auf einem Stapel Umzugskartons und tippen wie wild auf ihren Händys rum. In der Ecke sehe ich meine Frau etwas auf einen Notizblock kritzeln. Selbst die Möbelpacker sind fleißiger als meine Familie.
»Sagt mal, bin ich der Einzige in der Familie, der hier arbeitet, oder was? Eminanim, was hast du denn ausgerechnet jetzt so Wichtiges zu schreiben?«, keuche ich wie ein halb abgestochener Kampfstier durch die Nase.
»Osman, wie ich dich kenne, wirst du gleich wie ein kleines Bäby anfangen rumzuplärren: Ich habe Hunger, ich kann nicht mehr, ich habe Hunger.«
»Seit wann schreibst du denn erst mal auf, was du kochen willst?«
»Kochen? Wieso kochen? Siehst du hier irgendwo eine Küche? Ich notiere doch nur, was ich bei Luigi bestellen muss: Zeynep will Pizza Hawaii, Nermin möchte grünen Salat mit Keimlingen. Du willst sicherlich eine doppelte |11| Pizza mit allem drauf, was Luigi in der Restaurantküche finden kann, und Mehmet kriegt eine Pizza Kuba.«
In dem Moment kommt meine kleine Tochter Hatice mit einem leckeren, dampfenden Döner in der Hand herein. Mit der anderen Hand und den Füßen schiebt sie ein Skäitbord durch die Tür, auf dem sie ihren Computer und den Monitor transportiert.
Hocherfreut laufe ich sofort zu ihr:
»Meine Tochter, meine Retterin, mein Döner!«
Sie zeigt mir mit vollem Mund einen Vogel, rennt blitzschnell wieder raus und knallt die Tür hinter sich zu.
Ich bleibe mit offenem Mund und völlig verdattert vor der Tür stehen. Kaum habe ich mich umgedreht, kommt Hatice wieder rein und versucht mit weit aufgerissenen Augen den letzten Bissen Döner herunterzuwürgen.
»Wie die Mutter, so die Tochter«, rufe ich enttäuscht.
»Den Zwerg habt ihr zu einer richtigen Kapitalistin erzogen«, lästert Mehmet, »sie lässt sogar ihren eigenen Vater verhungern.«
»Hallo Osman, hallo Eminanim«, ruft
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