Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
als sonst.
»Was ist los, Vinzenz? Genervt? Das bin ich auch«, rief Schwätzer ihm hinterher.
Bruno Brandauer drehte sich auf seinem Sitz um und sah sie bittend an. »Jungs, seid doch nett zueinander. Wir sind auf einer so schönen Reise. Einer so schönen Reise.«
»Ist doch wahr«, brummte Schwätzer, »an jeder verdammten Raststätte müssen wir anhalten, weil eine der Damen mal dringend Pipi muss. Oder die Tünche auf dem Gesicht nachbessern. Ich habe doch gleich gesagt, wir sollen die Weiber nicht mitnehmen. Oder, Blasko? Was sagst du als Soldat dazu?«
Zwei Reihen weiter vorn blickte Blasko Maria Krabbe von seinem Klemmbrett auf. Seit Beginn der Fahrt schrieb er verbissen an einer Liste. »Was sage ich wozu?«, fragte er verwirrt.
»Zur Frauenquote an Bord«, säuselte Tatjana Remmertshausen und klimperte kokett mit den Wimpern. »Achim will wissen, ob unsere Anwesenheit dich stört. Er scheint Sissi und mich als feindliche Eindringlinge zu betrachten. Aber gegen so hübsche Feinde kann doch auch der beste Soldat nichts einzuwenden haben, oder?«
»Solange die Disziplin im Glied gewahrt bleibt«, sagte Krabbe todernst und wandte sich wieder seiner Liste zu. Das dröhnende Gelächter im Bus quittierte er mit einem verständnislosen Achselzucken.
Tatjana kicherte glockenhell und reckte den Hals, um die mitreisenden Männer zu mustern. »Wo ist eigentlich der schöne Jan? Kommt er nach?«
»Jan-Alex Weber hat abgesagt.« Gerald Remmertshausen sah seine Gattin forschend an. Als sie enttäuscht das Gesicht verzog, kräuselten sich seine Lippen ironisch. »Ich nehme an, wenn du das vorher gewusst hättest, wärst du zu Hause geblieben.«
Tatjana hatte sich wieder gefangen und zuckte betont gleichmütig mit den Schultern. »Frankreich ist ein großes Land. Es wird sich schon ein Zeitvertreib für mich finden, solange du mit deinem kostbaren Angelkram beschäftigt bist.«
»Tut mir leid, wenn ich wenig Zeit für dich habe, Tatti. Aber als Vorsitzender …«
»Du angelst Fische«, unterbrach sie ihn brüsk, »und ich mir Frankreich. Und nenn mich nicht Tatti – das dürfen nur meine Freunde.«
In der Reihe vor ihnen stießen sich Hotte Kohlberger und Rudi Feierabend grinsend an. »Das kann ja heiter werden«, flüsterte Hotte, und Rudi nickte begeistert.
Pippa streckte sich und blinzelte auf der Terrasse der Raststätte in die Sonne.
»So, Pia, jetzt mal Butter bei die Fische«, sagte sie, nachdem sie den letzten Schluck Milchkaffee getrunken und die Reste des Milchschaums mit einem Löffel sorgfältig aus der Schale gekratzt hatte. »Wer hat euch das Haus empfohlen? Und euch auch gleich von einem Mord erzählt? Was wisst ihr darüber?«
»Sagte ich doch: Pascal hat es empfohlen. Er hat einen Spottpreis für uns ausgehandelt, und wir haben ihm im Gegenzug versprochen, dass wir …« Sie unterbrach sich und zog eine Landkarte aus ihrer Umhängetasche, die sie auf dem einfachen Holztisch ausbreitete. »Wir wissen so gut wie nichts über die Tat. Deshalb brauchen wir dich.«
Sie zeigte auf einen Punkt auf der Karte und sagte: »Bald kannst du dich selber informieren. Es ist nicht mehr weit. Wir sind bereits in der Lauragais-Ebene, sozusagen am Fuße der Schwarzen Berge. Diese Gegend wird auch Pays de Cocagne genannt.«
»Pays de Cocagne? Schlaraffenland? Ich habe mich immer gefragt, wo das liegt.«
Pia lachte eine Spur zu schrill. »Genau – aber cocagne nennt man auch den berühmten Exportartikel dieser Gegend, die Färberwaidpflanze, aus der man Indigo gewinnen kann. Das blaue Gold, das Pastel, hat die Menschen hier früher reich gemacht. Einige der Pastel -Barone haben sich prunkvolle Schlösser bauen lassen. Heute nutzt man das Färberwaid kaum noch zur Farbstoffgewinnung, sondern eher im Kosmetikbereich und in der traditionellen chinesischen Medizin. Die Färberwaidwurzel wird zur Grippebekämpfung eingesetzt und …«
Pia stürzte sich in einen detaillierten Vortrag über die Vorzüge der Pflanze. Sie schaffte es, dass Pippa zu fragen vergaß, was genau Familie Peschmann ihrem Freund Pascal für die Vermittlung des Hauses eigentlich versprochen hatten.
»Die sind aber flott unterwegs«, sagte Pippa, als sie den roten Geländebus überholten, dessen Parkbucht sie an der Raststätte übernommen hatten. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass man mit einem Kühlanhänger so schnell fahren darf.«
Amüsiert betrachtete sie den Aufkleber, der die Seite des kastenförmigen weißen Anhängers
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