Tote gehen nicht
splitterndes Geräusch, als hätte er den halben Gartenzaun mitgerissen. Der Audi raste schaukelnd davon, nahm jede Pfütze und jedes Schlagloch mit und legte sich zum Schluss in die Kurve, als sei der Feldweg die Nordschleife des Nürburgrings.
Er flieht, dachte Sonja und humpelte lächelnd zurück in ihr Bett.
Epilog
Geliebter Edgar!
Ich habe gehört, es geht dir gut. Du ahnst nicht, wie glücklich mich das macht. Ich habe solch eine Angst um dich gehabt. Jeden Tag frage ich meinen Betreuer nach dir. Es tut mir so unendlich leid, dass du damals verletzt worden bist. Ich wollte das nicht, glaube mir. Ich musste nur diese schreckliche Frau treffen, die sich dir an den Hals geworfen hat und dir Schritt auf Schritt gefolgt ist. Sie war schuld, dass ich dich getroffen habe. Sie hat meine Hand geführt. Und nicht irgendwohin, sondern an dein Handgelenk, dort, wo dein Puls für mich schlägt. Das war kein Zufall. Sie hat gewusst, was sie tut. Sie ist nicht gut für dich. Halte dich fern von ihr. Sie hat den bösen Blick. Von den beiden anderen Frauen konnte ich dich befreien, ohne dir auch nur ein Haar zu krümmen. Und auch als ich auf deinen Bruder schoss, ist dir, mein Engel, nichts passiert. Guido hat nichts Besseres verdient, ich weiß, wie er über dich denkt. Er hat Glück gehabt, seine Verletzungen halten sich in Grenzen, ich habe leider danebengeschossen, aus lauter Angst, ich könnte dich treffen. Ich wünschte, ich hätte besser gezielt. Aber ich habe noch nie ein Gewehr in Händen gehalten, noch nie geschossen. Aber das wird sich ändern, sobald ich rauskomme.
Mein armer Edgar, ständig musst du dich vor irgendwelchen Frauen in Sicherheit bringen. Andererseits ist es aber kein Wunder, dass alle Frauen sich in dich verlieben. Wer könnte das besser verstehen als ich? Aber nur ich allein kann dir geben, was du brauchst. Nur ich allein weiß, was du brauchst. Du warst nicht auf unserem Schiff. Ich war zunächst wütend auf dich, das gebe ich zu, aber ich habe mir gesagt, du konntest nicht anders. Viel lieber wärest du bei mir, aber du konntest es nicht sein. Wir haben nie darüber gesprochen, aber ich weiß, dass mein Edgar ganz anders handeln würde, wenn er nur könnte. Es ist etwas in deinem Kopf, das dich dirigiert. Du bist ihm ausgeliefert. Ich nenne es Gespenst. Nenne es, wie du willst, aber es scheint dich beherrschen zu wollen. Das werde ich nicht zulassen. Ich werde alles tun, um es zu vertreiben. Ich lasse nicht locker. Und mit vereinten Kräften werden wir es auch schaffen, glaube mir. Wir dürfen nur nicht den Mut verlieren oder nachgeben. Lass uns gemeinsam kämpfen.
Als mir klar wurde, dass du nicht mehr an Bord kommen würdest, habe ich das Schiff im nächsten Hafen verlassen. Es hat länger gedauert, weil der zweite Tag an Bord ein Tag auf See war. Aber von Malaga aus habe ich mich auf den Weg zu dir gemacht. Dein Freund, der gute Lutz, hatte mir gesagt, wo ich dich finden kann. Und von da an war ich immer in deiner Nähe und habe auf dich aufgepasst. Du hast es gewusst, nicht wahr? Und du hast es gespürt, ich weiß es. Ich habe dich beobachtet, ohne dich zu stören. Du hast dich nach mir umgesehen. Du hast mich gesucht. Ich war da, aber ich wollte dir nicht zur Last fallen. Ich war es auch, die dich davor gewarnt hat, am Nachmittag ins Hotel Sophienhof zu gehen. Leider hat meine Mühe nur einen Aufschub vor der Katastrophe gebracht. Bitte verzeih mir, dass du erst jetzt von mir hörst, du musstest glauben, ich hätte dich vergessen. Wie könnte ich! Ich habe unzählige Briefe an deine Adresse geschickt. Mein Betreuer hat mir erst heute verraten, dass du alle meine Briefe sammelst und nicht schreibst, weil man dich nicht lässt. Auch besuchen darfst du mich nicht. Du Armer! Wie musst du leiden? Was immer sie dir über mich sagen, was immer das Gespenst in deinem Kopf dir einflüstert, glaube ihnen nicht, wir gehören zusammen für den Rest unseres Lebens. Bald bin ich wieder bei dir. Vergiss nicht, was immer geschieht, ich werde dich immer lieben.
Deine Rita
Danksagung
Danken möchte ich unbedingt:
R. B., dem Erfinder der Doppeletappe.
Marie-Luise, fürs Fabulieren während der Criminale 2010 in Gemünd im Café Theißen bei Pflaumenkuchen mit Sahne.
Ina, für die Ratschläge aus der Rechtsmedizin.
Den freundlichen Hoteliers, die sich in diesem Roman nicht wiederfinden mögen.
Dem unbekannten Ranger, der mir ein Eifelsteig-Logo (aus Metall!) schenkte, als ich mich bitterlich
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