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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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der Stunde verbringt man dann damit, das Gekritzel ins eigene Heft zu übertragen. Wer früher fertig wird, soll sich schon mal die Seiten 8 bis 194 im Arbeitsbuch durchlesen... und versuchen, dabei nicht einzuschlafen.
    Und natürlich muss absolute Stille herrschen.
    Wie hätte ich denn wissen können, dass mich jedes einzelne dieser Mädchen tatsächlich anrufen würde? Ich hatte gedacht, dass die Fragebögen von allen als Scherz betrachtet würden. Als Geldbeschaffungsmaßnahme für das Cheerleading Camp.

    Nach der Stunde ging ich sofort ins Schülersekretariat. Am Ende des Tresens, nahe der Tür, befand sich die Sammelbox in Gestalt eines Schuhkartons, der einen länglichen Schlitz hatte und mit rosa und roten Herzen verziert war. Auf den roten Herzen stand OH MY DOLLAR VALENTINE! Die anderen trugen grüne Dollarzeichen.
    Ich faltete meinen Fragebogen in der Mitte, warf ihn in die Box und wollte wieder gehen. Doch hatte ich nicht mit der ewig lächelnden Ms Benson gerechnet.
    »Hannah!«, sagte sie. »Ich wusste gar nicht, dass du mit Courtney Crimsen befreundet bist.«
    Mein Gesichtsausdruck muss Bände gesprochen haben, denn sie ruderte sofort zurück. »Nun, den Eindruck habe ich zumindest bekommen. Ihr seid doch befreundet, oder etwa nicht?«
    Die ist wirklich mehr als neugierig.
    Ich dachte gleich an Tyler unter meinem Fenster und war stinkwütend. Hatte er Ms Benson etwa seine Spannerfotos gezeigt?
    Aber nein. Ms Benson erzählte mir, sie sei heute Morgen im Büro der Jahrbuchmitarbeiter gewesen und hätte einige Fotos an der Wand gesehen, die für die nächste Ausgabe in Betracht kämen. Eines davon habe Courtney und mich gezeigt.
    Richtig geraten. Es war das Foto von der Party, auf dem ich Courtney meinen Arm um die Taille lege und so aussehe, als würde ich mich prächtig amüsieren.
    Was für eine Schauspielerin du bist, Hannah.
    »Nein«, sagte ich ihr. »Wir sind nur lose Bekannte.«
    »Das ist aber wirklich ein schönes Foto«, sagte Ms Benson. Und an ihre nächsten Worte erinnere ich mich ganz genau:
»Das Wunderbare an solch einem Jahrbuchfoto ist ja, dass man diesen Moment mit jedermann teilt... für immer.«
    Es hörte sich wie etwas an, das sie schon tausendmal zuvor gesagt hat. Und früher hätte ich ihr vielleicht sogar zugestimmt. Aber nicht bei diesem Foto. Wer auch immer es betrachtet, teilt diesen Moment definitiv nicht mit uns. Denn niemand ist in der Lage, sich vorzustellen, was mir - oder Courtney oder Tyler - in diesem Moment durch den Kopf ging.
    Jeder stellt sich etwas vollkommen Falsches vor.
    Als ich in diesem Moment im Sekretariat begriff, dass niemand die Wahrheit über mein Leben kannte, wurde mein gesamtes Weltbild erschüttert. Als würde ich auf unebener Straße plötzlich die Kontrolle über mein Fahrzeug verlieren und für einen Moment von der Fahrbahn abkommen. Die Räder wirbeln ein wenig Erde auf, bevor man wieder auf der Straße ist. Doch wie fest man das Steuer auch im Griff haben mag und wie sehr man sich darum bemüht, geradeaus zu lenken, so hat man doch das Gefühl, von irgendeiner Kraft abgedrängt zu werden und allmählich die Kontrolle über die Situation zu verlieren. Irgendwann hat man keine Kraft mehr, dagegen anzukämpfen, und beschließt, der Sache ihren Lauf zu lassen. Die Katastrophe... oder was auch immer... zu akzeptieren.
    Ich drücke die Finger gegen die Stirn und die Daumen gegen die Schläfen.
    Bestimmt hat Courtney auf dem Foto strahlend gelächelt. Ein geheucheltes, aber strahlendes Lächeln.
    Hat sie nicht. Aber das konntest du nicht wissen.
    Courtney hat gedacht, sie könnte mich herumdirigieren, wie es ihr passt. Aber das habe ich nicht zugelassen. Ich bin auf die
Fahrbahn zurückgekommen und habe sie selbst zur Seite gedrängt... wenn auch nur für einen kurzen Moment.
    Und dann diese Fragebögen zum Valentinstag. Waren sie eine erneute Gefahr, von der Straße gedrängt zu werden? Hatten die Jungs, die meinen Namen auf ihrer Liste fanden, nun einen Vorwand, um sich mit mir zu verabreden?
    Und fanden sie das wegen der Gerüchte, die sie über mich gehört hatten, besonders aufregend?
    Ich betrachtete den Schlitz im Schuhkarton - zu schmal, um die Finger hineinzustecken. Doch ich hätte den Deckel abheben und meinen Fragebogen wieder herausnehmen können. Es wäre so einfach gewesen. Ms Benson hätte ich gesagt, dass mir die ganze Sache doch zu peinlich wäre, und sie hätte mich sicher verstanden.
    Oder... ich würde einfach abwarten, was

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