Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby

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dachte Currie. Aber andererseits waren sie ja alle so, oder? Wenn einer auf einer selbstzerstörerischen Spirale entlangtrudelte, begriff er nicht, dass es besser wäre, Vernunft anzunehmen.
    Currie kaute nachdenklich auf seinem Kaugummi herum.
    »Was ist mit denen, die ihn da reingesteckt haben?«
    »Sie waren schwarz.«
    »Das ist schon mal ein Anfang. Das Auto?«
    »Auch schwarz. Geländewagen. Du kennst ja die Gegend. Niemand will etwas sagen.«
    Currie brummte. Es gab gewisse Leute in der Stadt, in deren Angelegenheiten man besser nicht verwickelt werden sollte, alle wussten das. Auf dieser Liste stand Drake ziemlich weit oben.
    »Im Moment nichts zu machen«, sagte Swann. »Dort jedenfalls nicht.«
    »Wir werden sehen.«
    »Ja. Aber wir haben jetzt Wichtigeres zu tun.«
    Currie schaute wieder auf das tote Mädchen hinab, dessen Kopf leicht zur Seite gedreht war. Einerseits mochte er nicht, was die Worte seines Partners durchblicken ließen.
Prioritäten
. Der Gedanke, dass Berries nicht wichtig sei, dass sie ihn wegen etwas Vordringlicherem einfach aufgeben konnten. Aber andererseits wusste er, dass Swann recht hatte. Irgendwo in der Stadt war Alison Wilcox’ Mörder immer noch unterwegs. Jemand anders würde bald daliegen. Und warten. Vergessen.
    Plötzlich war Currie sehr müde.
    Swann sagte: »Sollen wir zurückfahren und mit Roger Ellis reden?«
    »Ja«, seufzte er. »Tun wir das.«

3
    Sonntag, 7. August
    I n der ersten Woche, in der wir zusammen waren, hatte Tori erklärt, sie sei manisch-depressiv.
    Wir waren an jenem Abend auf dem Jahrmarkt gewesen, der einmal im Jahr auf dem Moor stattfand, und hatten den ganzen Abend in der kalten Luft den Würstchengeruch eingeatmet, Zuckerwatte vor uns hergetragen und uns auf den Karussells aneinandergeschmiegt, während bunte Lichter und der Lärm der Spielautomaten um uns herumwirbelten. Später saß Tori in meiner Wohnung mit überkreuzten Beinen auf meinem Bett und rollte einen Joint auf einer Zeitschrift, die sie auf ihren schmalen Oberschenkeln balancierte. Während sie über ihre Krankheit sprach, starrte sie die ganze Zeit angespannt auf den Joint, ohne auch nur einmal den Blick zu heben.
    Sie war schon zweimal in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden, aber seit ein paar Jahren war es Gott sei Dank nicht mehr vorgekommen. Trotzdem blieb dies ein Zustand, mit dem sie jeden Tag leben musste, und wenn ich mich mit ihr einlassen wollte, musste ich wissen, was das bedeuten konnte. Obwohl sie Medikamente nahm und sehr vorsichtig war, sagte sie ironisch lächelnd mit einem Blick auf den Joint, konnte es sie in der Zukunft doch jederzeit beeinträchtigen. Als sie geendet hatte, sah sie mich an, und ich bemerkte nicht die leiseste Spur von Selbstmitleid.
So bin ich
.
    Trotz ihres Gesichtsausdrucks war sie, glaube ich, insgeheim besorgt, wie ich wohl reagieren würde und ob es etwas ändern könnte an meinem Wunsch, mit ihr zusammen zu sein. Und dass dies das Fundament erschüttern könnte, das sie nur mit großer Anstrengung hatte errichten können. Für mich machte es natürlich keinen Unterschied, und ich sagte ihr das. Aber für einen Moment zeigte mir ihr Gesichtsausdruck einen Menschen, dessen Identität und Selbstwertgefühl weggefegt worden waren, der aber im Auge des Sturms ausgehalten hatte, obwohl die Trümmer sämtlicher früherer Gewissheiten weggeblasen wurden. Sie hatte diese Trümmer wieder eingesammelt und daran festgehalten.
    Vielleicht war es anmaßend von mir, aber die Herausforderungen, die sie bewältigen musste, und die Art und Weise, wie sie sich danach der Welt stellte, machten sie mir höchstens noch wichtiger.
    Ich sagte: »Du bist das normalste Mädchen, mit dem ich je zusammen war«, und meinte es auch so.
    Zwei Jahre später fuhr ich nach Staunton. Ich spürte, wie mich Schuldgefühle und Zorn ergriffen. Es war nicht meine Aufgabe, mich um Tori zu kümmern, aber wir waren doch noch Freunde, und ich hätte vielleicht etwas tun können, um ihr zu helfen, hätte ich mir nur die Zeit dazu genommen.
    So läuft es eben. Menschen entgleiten einem, wenn man es zulässt.

    Ich war kurz nach zwei dort.
    Das Krankenhaus stand an einem sanft ansteigenden Hügel, eine Serie heller, einstöckiger Gebäude, die sich seitlich und abwärts ausbreiteten, manche waren miteinander verbunden, manche standen separat. An der Straße zogen sich hohe Hecken entlang, und es gab nur einen Eingang zum Parkplatz, der von einem Wächter kontrolliert