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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schaltete seine kleine Musikanlage mit dem gekoppelten MP3-Spieler an und ließ die Musik der Leipziger Band Lambda erklingen. Er wählte das Regenlied, wie er es nannte, obwohl es laut Albumtitel worauf? hieß.
    Die ruhige, beinahe meditative Melodie hüllte ihn ein; er versank, entspannte sich und bekam den Kopf frei für andere Gedanken.
    Er blickte zum Bild einer Frau mit langen kastanienbraunen Haaren, das auf dem Schreibtisch stand. Sie dagegen hatte ihn nicht enttäuscht.
    Wohin es ging, würde die Zeit zeigen.
    Marna, so lautete ihr ungewöhnlicher Name. In welchem Verhältnis sie zueinander standen? Er würde sagen: beginnende Beziehung. Sie hatte es weniger charmant »vielversprechender Anfang der emotionalen Annäherung« genannt.
    Korff berührte das Bild, das er damals ohne ihr Wissen geschossen hatte.
    Durch das Zusammentreffen mit ihm hatte sie sich verändert, aber sie schien es noch nicht registriert zu haben.
    Nicht verändert wie gewachsen oder zu ihrem Nachteil.
    In ihr war etwas erwacht. Eine sehr mächtige Gabe.
    Bei ihrem nächsten Besuch in Leipzig würde er sie mit ins Theater nehmen. Er hatte den Zerbrochnen Krug angeschaut, mit Ares Löwenstein, der einschüchternd groß war und beeindruckend stark agierte. Das musste sie einfach sehen und Tränen lachen.
    Ein Klirren von der Hintertür machte ihn aufmerksam. Das konnte ungewollten Besuch bedeuten.
    Korff trank in Ruhe seinen Espresso aus, schaltete die Maschine sowie die leise Musik ab und erhob sich. Waffen benötigte er keine. Sollten die Einbrecher keine Schusswaffen dabeihaben, würde er sie mit Aikido in Schach halten.
    Vor dem Mörder fürchtete er sich nicht, wie er Bernanke bereits gesagt hatte. Er ging mit Umsicht vor, das schon.
    Aber Furcht? Nein.
    Dazu kam, dass man Bestatter unterschätzte.
    Korff verließ sein Büro und durchstreifte vorsichtig die Räume des Ars Moriendi.
    Die hintere Tür stand offen. Sie führte zum Korridor, wo die Leichenkammer und der Vorbereitungsraum lagen. Da es keine Hebelspuren am Rahmen gab, nahm er an, der oder die Einbrecher hatten Spezialwerkzeug dabei.
    Seine Ohren waren gut genug, um die leisen Schritte zu vernehmen, die sich um ihn herum bewegten: Es war eine Person, die sich noch außer ihm im Bestattungshaus aufhielt. Sie vermied es, frontal auf ihn zu treffen.
    Der Mörder?
    Oder doch ein Einbrecher auf der Suche nach Wechselgeld oder Wertgegenständen der Toten?
    Korff kehrte in den Empfangsbereich zurück – und sah sich einer schwarzgekleideten Gestalt gegenüber, die eine weiße Maske vor dem Gesicht trug.
    Der Fremde schien von seinem Auftauchen überrascht zu sein, denn er zuckte zusammen, als Korff vor ihn trat. Ein großes Auge, das aus einem Bildmosaik bestand, saß im oberen Drittel der Maske und starrte Korff an. Die eigentlichen Öffnungen für die Pupillen schienen mit durchsichtigem Material überklebt zu sein. Seinen Körper hatte er mit einem schwarzen Ganzkörperschutzanzug verhüllt.
    Sofort war sich der Bestatter sicher: Das war kein Einbrecher. Er sah die Gestalt aufmerksam an.
    Der Vermummte wiederum bewegte sich nicht; in der linken Hand hielt er einen Elektroschocker.
    Leise tickte die Wanduhr. Draußen fuhren Wagen vorbei, die als leises Brummen zu ihnen drangen. Scheinwerferlicht brach sich in den Scheiben, Reflexionen huschten über die Maske und über das Gesicht des Thanatologen.
    »Sie sind hier, weil ich den Totenblick auf mich gezogen habe«, sprach Korff bedächtig.
    »Ja«, kam ein dumpfes Flüstern unter der Maske hervor. »Ich mache dich zu einem Kunstwerk und damit unsterblich!«
    »Sie haben gesehen, dass ich ein Kreuz trug? Ich hatte es absichtlich so umgelegt, dass Sie es sehen mussten.«
    »Das habe ich. Aber es war nicht das Richtige gegen die Macht meiner Totenblicke«, erwiderte der Mann in bestem Hochdeutsch. Er stand leicht schief, als habe er einen Haltungsschaden. » Ich bestimme, wie man ihm entgeht. Auch Bestatter müssen sterben.«
    » Müssen sie?« Korff hob bedächtig die Arme an, dann zog er seinen Ring ganz langsam ab und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. Er zeigte ihn im Licht des Mondes. »Was ist mit seiner Wirkung?«
    »Ein Ring. Ich kann nichts entdecken, was dir hilft.«
    » Dies ist ein Schnitterring. Ein Gevatterring. Man trägt ihn, um dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.«
    Der Vermummte lachte auf. »Wie soll das gelingen?«
    »Indem man den Tod kennt.« Korff warf den Ring hoch und fing ihn souverän wieder auf.

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