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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Doktor öffnete mit einem Klick ein Schaubild und drehte den Computer um, damit sie die Darstellung sah. »Ich war in den Siebzigern in Heidelberg bei dem Versuch mit dabei. Als kleiner Assistent. Diese Sache mit den Kaninchen.«
    »Ah? Das ist gut.«
    »Zumindest hilfreich. So kam das KTI auf mich, denke ich. Seitdem baue ich die Kaninchen-Ergebnisse zur Auflockerung in meine Vorlesungen ein. Es kommt bei den Neulingen sehr gut an, wenn man das Thema spannend gestaltet.« Er vergrößerte das Foto eines herausgetrennten Auges, das vom Sehnerv befreit in trübem Wasser schwamm. »Deswegen kenne ich mich mit der Materie sehr gut aus. Was ich tue: Ich werde die Augen der Leichen nach dem Auffinden komplett entnehmen«, schilderte Rether seinen Eingriff. »Danach werde ich sie für vierundzwanzig Stunden in eine Kalium-Alaun-Lösung einlegen und anschließend mit Kochsalz spülen, um die stabilisierte Netzhaut mit dem fixierten Bild zu entnehmen.«
    Bernanke besaß Vorstellungskraft, sie sah die präparierten Häute auf einem Scanner liegen oder abfotografiert werden. »Was kann man damit machen?«
    »Die Behandlung bewirkt, dass ich die Häute behutsam aufziehen kann«, führte der Arzt weiter aus. »Am besten geeignet sind die weißen Porzellankugeln, wie wir sie in den Siebzigern benutzten. Ich habe noch genug davon.«
    Die LKA-Ermittlerin wunderte sich innerlich, wie einfach alles ging – wenn man herausgefunden hatte, wo man bei den Opfern suchen musste. Rhodes alte SoKo war zu spät draufgekommen, aber Bernanke wusste nicht, ob sie dem Mörder schneller auf die Schliche gekommen wäre. Optogramme, verrückt. »Wenn sie aufgezogen sind?«
    »Dann können wir sie betrachten und das vergrößern, was den Toten vor dem Abtreten gezeigt wurde.« Rether rief die sehr diffusen Fotos auf, die von den Kaninchenaugen stammten. »Wir hatten Vorlagen und wussten, wie das Originalbild aussah. Diesen Vorteil gibt es in den Mordfällen nicht. Das heißt, wir müssen interpretieren. Wie Sie erkennen können, brauchen wir die Hilfe eines Computers und eine sehr gute Bildverarbeitungssoftware, um herauszukristallisieren, was zu sehen ist. Auch dann wird es keine Garantie geben, dass Sie erkennen, was die Toten sahen.« Er lehnte sich nach hinten und nahm seine Tasse auf. »Aber es ist ein Anfang.« Leise schlürfend sog er die braune Flüssigkeit über die Lippen. »Der Kaffee ist gut«, lobte er nebenbei. »Man merkt, dass man bei der Polizei immer hellwach sein muss.«
    Bernanke lächelte pflichtbewusst über seinen Versuch, die Situation mit einem Scherz aufzulockern. »Welche Sicherheitsvorkehrungen sind von meinen Leuten und der SpuSi zu treffen, Doktor, um die Bilder nicht zu zerstören?«
    »Zeit ist der entscheidende Faktor. Es sind sehr fragile und sich schnell zersetzende Hinweise, das muss ich betonen. Wir reden von maximal fünfzehn Minuten.«
    »Wie der Mörder uns sagte.«
    »Da war er sehr exakt in seinen Anweisungen. Danach hat sich das Rhodopsin zersetzt, und damit ist jegliche Information verloren«, lautete Rethers ernüchternde Erläuterung.
    »Wie geht er Ihrer Meinung nach vor?«
    »Angesichts der Spuren und der im Blut gefundenen Substanzen stelle ich mir die Vorgehensweise des Täters so vor: Das Opfer wurde in einem hellbeleuchteten Raum vor das Objekt oder eine Leinwand gebracht und dem Bild mindestens mehrere Minuten lang ausgesetzt. Möglich ist aber auch eine Projektion. Es geht darum, dass dieses Motiv stark genug beleuchtet ist.« Er nahm einen Schluck und stellte die Tasse wieder ab. »Danach muss die Blutzufuhr komplett unterbrochen sowie das Licht gelöscht werden.«
    »Sie wurden geköpft.«
    »Richtig. Wie die Kan…« Er vermied es, den Vergleich zu Ende zu führen. »Nur dann existiert zumindest theoretisch die Chance, auf der Netzhaut des Getöteten etwas erkennen zu können. Alles im Rahmen der maximal 15 Minuten.«
    Damit war Bernanke klar, dass die Informationen in den Augen der bisherigen Opfer Wolke und McDuncan verloren waren; genauso schlecht sah es für die Leichen in Guernica aus, deren Identität noch nicht ermittelt war. Man hatte zwar Licht vermieden, aber die 15-Minuten-Grenze war überschritten worden.
    15 Minuten für den hinweisreichen Totenblick.
    Da sie nun Bescheid wussten, konnte es klappen.
    »Sie stehen für uns auf Abruf bereit, Doktor?«
    »Ganz recht.«
    »Bereiten Sie sich darauf vor, entweder mit dem Wagen oder einem Hubschrauber zum nächsten Fundort gebracht zu

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