Totenblüte
Wochenende hingeführt.»
Ashworths Gesicht erstrahlte in einem breiten Lächeln. «Na, ihre Spuren werden wir schon erkennen», sagte er. «Diese Sandalen, die sie immer trägt. So groß wie Elefantenfüße. Die wird die Spurensicherung überall erkennen.»
«Aber es sind ja überhaupt keine Fußspuren mehr da!» Eigentlich hatte sie das nicht so trotzig klingen lassen wollen, aber sie konnte nichts dagegen tun. «Deswegen habe ich den Ring ja überhaupt gefunden. Ich habe geputzt. Die Böden gekehrt und gewischt, die Arbeitsflächen in der Küche sauber gemacht. Es lohnt sich also gar nicht, wenn Sie mit Ihren Experten kommen.»
Ashworth blieb gelassen und sah sie direkt an.
«Was ist mit den Bettbezügen?», fragte er.
«Die habe ich auch heute Morgen gewaschen. Sie hängen draußen auf der Leine. Wie gesagt, es wäre Zeitverschwendung. Sie werden überhaupt nichts finden.»
«Sie würden sich wundern», erwiderte Ashworth, «was wir so alles finden können. Sie geben uns doch die Erlaubnis, uns dort umzusehen?»
«Natürlich.» Felicity wusste, dass es zu spät war, um die Situation noch zu retten. Er war jetzt mit Sicherheit überzeugt, dass sie das Gartenhaus geputzt hatte, um alle Beweise für den Mord an Lily dort zu beseitigen. «Wir helfen Ihnen mit allem, was in unserer Macht steht. Wir haben schließlich nichts zu verbergen.»
Vom Küchenfenster aus beobachtete sie, wie das Unheil seinen Lauf nahm. Ashworth trat zum Telefonieren nach draußen vor das Haus. Er drehte ihr den Rücken zu, und sie konnte beim besten Willen nicht sagen, was für eine Reaktion er auf seine Mitteilung bekam. Dann holte er eine Rolle blau-weißes Absperrband aus dem Wagen. Hatte er etwa mit einem solchen Ergebnis gerechnet? Hatte er es extra dafür mitgenommen? Er überquerte die Wiese und riegelte die Tür zum Gartenhaus ab. Felicity hätte alles darum gegeben, wieder einfach so nett mit ihm zu plaudern wie bei seiner Ankunft. Ob sie zu ihm hinausgehen, ihm noch einen Tee anbieten sollte? Doch sie spürte, dass er das als aufdringlich empfunden hätte. Es war zwar ihr Haus, doch er befand sich jetzt ganz in seinem Element.
Ashworth ging ein Stück die Einfahrt entlang, setzte sich an die kleine Böschung, wo im Frühjahr immer Krokusse und Schneeglöckchen blühten, und wartete. Er wischte sich die Pollen und die Grassamen von den Hosenbeinen, die er von der Wiese mitgebracht hatte. Dann klingelte seinTelefon. Felicity sah vom Haus aus, wie er dranging. Ein unvermitteltes Lächeln. Triumphierend. Plötzlich machte er ihr Angst. Sie beschloss, Peter im Büro anzurufen, ihm zu erzählen, was hier vor sich ging, doch als sie seine Durchwahl in der Universität gewählt hatte, nahm am anderen Ende niemand ab. Von der Küchenuhr her ertönte der heisere Ruf eines Kuckucks. Sechs Uhr. Wahrscheinlich war Peter schon auf dem Heimweg. Felicity versuchte, sich zu erinnern, was sie fürs Abendessen geplant hatte, doch dann entfiel ihr der Gedanke wieder, und sie wandte sich zum Fenster zurück.
James kam die Einfahrt hinauf; die Mädchen vom Hof waren wohl schon zum Abendessen gerufen worden. Er trug eine kurze Hose und hatte dreckige Knie. Der Polizist hob die Hand zum Gruß, und James setzte sich neben ihn ins Gras. Anscheinend war er jetzt doch neugierig, was dieser Fremde hier wollte. Sie unterhielten sich ein paar Minuten lang, und Felicity hatte den Eindruck, dass sie sich ganz gut verstanden. Sie lachten sogar zusammen über irgendetwas.
Ihm ist doch sicher klar, dass wir keinen Mord begangen haben können. Wir haben so einen reizenden Sohn. Und viel zu viel zu verlieren. Wir sind nette, anständige Leute. Wir sind genau so wie er.
James rappelte sich wieder hoch und kam ins Haus. Einen Moment lang sah sie ihn nicht, dann stand er in der Küche. Und obwohl Felicity wusste, dass der Vergleich schwer übertrieben war, dachte sie: Er ist wie ein Spion im Kalten Krieg, der von der anderen Seite übergelaufen ist. Vielleicht hat er ja wertvolle Informationen. Doch er öffnete nur den Kühlschrank und schaute hinein, so wie an jedem anderen Abend auch. «Wann gibt es Essen? Ich hab Hunger.»
«Später.» Felicity gab sich Mühe, ihre Stimme ruhig klingenzu lassen. «Worüber hast du denn mit Mr Ashworth gesprochen?»
«Heißt er so?» James trank Orangensaft direkt aus der Packung. Sie musste sich zurückhalten, um ihn nicht anzufahren, gefälligst ein Glas zu nehmen. «Er hat gesagt, ich soll ihn Joe nennen. Er hat mich
Weitere Kostenlose Bücher