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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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nach Miss Marsh gefragt. Wie sie so als Lehrerin war, ob sie mit den Kindern in unserer Klasse klargekommen ist.» Sein Ton wurde etwas lebhafter. «Gleich kommen Spurensicherungsbeamte und schauen sich das Gartenhaus an. So wie im Fernsehen. Vielleicht gibt es da ja irgendwelche Spuren, die ihnen helfen herauszufinden, wer Miss Marsh umgebracht hat. Das muss ich unbedingt Lee Fenwick erzählen.» Lee war sein bester Freund und größter Rivale. Im Winter spielten sie jeden Abend zusammen Schach.
    Felicity hörte, wie ein Auto heranfuhr. Das würde Peter sein.
Bitte reiß dich zusammen. Bitte bleib höflich. Er macht doch nur seine Arbeit.
Doch es war nur ein weißer Transporter. Ein Mann und eine Frau stiegen aus und begrüßten Joe Ashworth wie einen alten Freund. Sie streiften die weißen Spurenschutzanzüge über, die Felicity aus Filmen kannte, und holten ihre Ausrüstung aus dem Laderaum des Transporters.
    James hatte seinen Hunger schon wieder vergessen. «Kann ich rausgehen und zuschauen?»
    «Nein!», fuhr sie ihn an und bereute es gleich darauf. Es war doch klar, dass ihn das faszinierte. Auf irgendeine schreckliche, angsteinflößende Weise faszinierte es sie ja auch. «Von deinem Zimmer aus siehst du doch sicher viel besser.»
    James flitzte davon, und Felicity fühlte sich plötzlich erleichtert, weil sie jetzt nicht mehr so tun musste, als ob alles normal wäre. Als er eben den Kühlschrank geöffnethatte, hatte sie die Flasche Weißwein gesehen, die sie am Abend zuvor geöffnet hatte, und gemerkt, dass sie dringend einen Schluck Alkohol brauchte. Jetzt nahm sie die Flasche heraus, entfernte den Korken und schenkte sich ein großes Glas ein. Ihre Hände zitterten dabei.
    Als sie wieder ans Fenster trat, sah sie Peters Wagen die Einfahrt hinaufkommen. Auf seinem Parkplatz stand der weiße Transporter. Sie sah, wie er ausstieg und bereits drauf und dran war zu verlangen, dass sie den Wagen wegfuhren. Dann wurde ihm klar, was da vor sich ging. Er sah die beiden weißgekleideten Gestalten über die Wiese gehen, die schwere Metallkiste zwischen sich. Und wie James hatte auch Peter genug ferngesehen, um zu wissen, was da vor sich ging. Felicity sah, wie Joe Ashworth mit ausgestreckter Hand auf ihn zukam, doch Peter bemerkte ihn gar nicht. Er hielt den Blick immer noch starr auf das Gartenhaus gerichtet, auf die beiden geschlechtslosen Gestalten, die inzwischen bereits an der Tür waren. Sein Gesicht war bleich und ausdruckslos. Mein Gott, dachte Felicity. Er sieht schuldbewusst aus. Unwahrscheinlich schuldbewusst. Wenn ich Joe Ashworth wäre, würde ich jetzt denken, er hätte das Mädchen umgebracht.
    Sie wagte nicht, sich die Frage zu stellen, ob sie das womöglich auch dachte. Der Gedanke schien irgendwo in ihrem Hinterkopf zu sein, doch sie schob ihn beiseite, versuchte, sich auf den Fisch zu konzentrieren, den sie zum Abendessen machen wollte, und auf die Frage, ob sie für Ashworth und seine Kollegen im Gartenhaus ein paar belegte Brote machen sollte. Peter und Ashworth unterhielten sich. Sie kamen gemeinsam auf das Haus zu. Felicity nahm sich vor, sich ganz normal und herzlich zu geben, und atmete tief durch, als die Haustür aufging.
    Peter sah sie mit der Miene an, die er immer aufsetzte,wenn er eine schlechte Nachricht bekommen hatte, wenn wieder einmal ein Aufsatz abgelehnt oder ein Bericht ignoriert worden war. Sein betrübtes Gesicht. Sie wusste, dass er aufmunternde Worte von ihr erwartete, doch ihr wollte einfach nichts einfallen. Schließlich brach Ashworth das Schweigen.
    «Doktor Calvert hat netterweise eingewilligt, für ein Gespräch mit DI Stanhope mit aufs Revier nach Kimmerston zu kommen. Wir müssen noch ein paar Fragen klären. Es wird sicher nicht allzu lange dauern.»
    Felicity zwang sich zu einem Lächeln. «Aber natürlich», sagte sie. «Ich sagte ja schon, wir werden alles tun, um Sie zu unterstützen   …»

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG 
    Vera hielt es für einen Fehler, dass Ashworth Peter Calvert aufs Revier gebracht hatte. Bei dem Botaniker bestand ja wohl kaum akute Fluchtgefahr. Sie fand, dass sie damit zu schnell ihren Vorteil preisgaben. Vielleicht lag der Fehler ja auch bei ihr, weil sie Ashworth angerufen hatte, um ihm zu erzählen, dass Charlie den Antiquitätenladen in York ausfindig gemacht hatte, aus dem Lilys Ring stammte. Es gab immer noch keinen konkreten Beweis dafür, dass Calvert der Liebhaber gewesen war. Der Besitzer hatte von einem älteren Mann mit einer

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