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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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bitte, Inspector. Ja, ich war auf der Konferenz. Mir ist nur nicht ganz klar, in welchem Zusammenhang mein Vortrag dort mit Ihren Ermittlungen steht.»
    «Sie waren in Begleitung dort», sagte sie. «Nicht bei der Konferenz, versteht sich, aber in York.»
    Diesmal ließ die Antwort nicht ganz so lange auf sich warten. «Aha», sagte er. «Dann haben meine Sünden mich also eingeholt.» Das Lächeln, das er aufsetzte, sollte wohl charmant sein. «Sie werden sicherlich verstehen, Inspector, warum ich in diesem Fall nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. Ich habe eine wunderbare Frau, eine wunderbare Familie. Es gab so viel zu verlieren. Ich hatte gehofft, zu den Ermittlungen beizutragen, ohne meine Frau in irgendeiner Form zu verletzen.»
    «Dann hatten Sie also eine Affäre mit Lily Marsh?»
    «Ja. Aber zum Zeitpunkt ihres Todes war das längst vorbei. Sie können sich also vorstellen, was für ein Schock es für mich war, sie da tot im Wasser liegen zu sehen. Und dann auch noch zu erfahren, dass mein Sohn sie kannte.»
    «Sie werden wohl kaum Mitleid von uns erwarten, Doktor Calvert.»
    «Nein», fuhr er hastig fort. «Nein. Ich versuche nur, Ihnen zu erklären, weshalb ich mit dieser Situation so unsouverän umgegangen bin und weshalb ich Ihnen nicht alles gesagt habe.»
    «Sie dürfen uns solche wichtigen Informationen nicht vorenthalten. Damit muss jetzt Schluss sein. Ich kann keine Rücksicht auf Ihre Empfindlichkeiten nehmen, wenn ich in einem Mordfall ermittle. In zwei Mordfällen.» Vera merkte, dass sie klang, als hielte sie eine Moralpredigt in der Sonntagsschule, doch er schien darauf zu reagieren.
    «Über den ersten Mord weiß ich wirklich nichts», sagte er. «Ich bin diesem Luke Armstrong nie begegnet.»
    «Aber Sie müssen zumindest von ihm gehört haben. Gary Wright hatte sich in seine Mutter verliebt. Er hat Ihnen im Pub davon erzählt, nach dem letzten Treffen des Vogelclubs.»
    «Ach ja?» Calvert wirkte ernstlich ratlos. «Tut mir leid, da habe ich wohl nicht zugehört. Bei dem Treffen waren ein paar Dinge zur Sprache gekommen, die mich gekränkt hatten. Man hatte einen Artikel von mir kritisiert, der in der letzten Ausgabe der
Birding World
erschienen war. Das hört sich jetzt vielleicht trivial an, hat mich aber doch sehr beschäftigt.»
    «Erzählen Sie mir von Ihrer Affäre mit Lily. Wie haben Sie sich kennengelernt?»
    «Ganz zufällig, letzten Sommer. Ich war in der Boutique, wo sie arbeitete, um etwas für Felicity zum Geburtstag zu kaufen. Das ist ja immer eine schwierige Sache für einen Mann. Was wissen wir schon von Mode? Lily hat mich beraten. Wir haben uns ein wenig unterhalten, sie erzählte mir, dass sie Studentin sei. Kurz danach sind wir uns noch einmal an der Uni begegnet, und ich habe sie zum Dank auf einen Kaffee eingeladen. Zu diesem Zeitpunkt war danoch nichts zwischen uns. Ich konnte mir ja gar nicht vorstellen, dass sie sich für jemanden wie mich interessieren würde. Ich denke, das hat mir geschmeichelt. Der klassische törichte ältere Mann.»
    «Haben Sie ihr Geld gegeben?»
    «Ja, einen Zuschuss zur Miete. Ihre Eltern konnten sie nicht mehr unterstützen. Und meine Töchter waren ja bereits mit dem Studium fertig. Das sollte eine Geste sein. Ich wollte mich großzügig zeigen. Wahrscheinlich halten Sie mich jetzt für naiv und denken, dass sie nur des Geldes wegen mit mir zusammen war.»
    Vera sagte nichts darauf. Sie sah es nicht als ihre Aufgabe an, ihm seine Unsicherheit zu nehmen. Trotzdem glaubte sie nicht, dass es so gewesen war. Lily hatte zu Zwangsvorstellungen geneigt, und um Geld war es dabei ganz sicher nicht gegangen.
    «Dann haben Sie also eine Affäre angefangen. Wo haben Sie sich getroffen?»
    Ein kurzes Zögern. «Das klingt jetzt alles so abgeschmackt. Wir trafen uns nachmittags in billigen Hotels. Manchmal auch in ihrer Wohnung, wenn sie wusste, dass ihre Mitbewohnerinnen nicht da waren. Anfangs war diese Heimlichtuerei sicher Teil des Reizes, aber mit der Zeit wurde das dann alles recht unbefriedigend.»
    «War sie jemals bei Ihnen im Haus?»
    «Nicht im Haus, nein. Das wäre mir dann doch zu falsch vorgekommen.»
    Vera nahm die Formulierung ganz genau zur Kenntnis, registrierte das erneute Zögern. «Also nicht im Haus. Aber im Gartenhaus?»
    Wieder zögerte er. «Ja, wir haben uns ein paarmal im Gartenhaus getroffen. Wenn Felicity im Konzert oder im Theater war und James bei einem Freund zum Spielen.Lily hat es dort sehr gefallen. Mir war es immer

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