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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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öfter nachts nicht nach Hause gekommen. Aber bei uns war er nie. Zumindest nicht, wenn wir auch da waren.»
    «Und sie hat auch nie von ihm geredet?»
    «Nicht uns gegenüber.» Emma schwieg einen Augenblick. «Wissen Sie, Inspector, Lily war in vieler Hinsicht die mustergültige Mitbewohnerin. Ordentlich, rücksichtsvoll. Deshalb wollte ich auch, dass sie bei uns einzieht. Aber wir waren eigentlich nicht befreundet. Zumindest nicht richtig. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie jemand umbringen sollte. Aber wie sollte ich auch? Wir wussten ja absolut nichts von ihrem Leben.»
     
    Mittags rief Vera ihr Team zusammen. Sie hatte Sandwiches bestellt, ordentlichen Kaffee, Donuts – alles, was nötig war, um die Mannschaft fit zu halten. Sie selbst fühlte sich nach dem Nickerchen im Auto, als könnte sie Bäume ausreißen, aber ihre jüngeren Untergebenen hatten längst nicht so viel Stehvermögen. Immerhin wirkten sie jetzt ein bisschen eifriger. Es gab ein zweites Opfer. Eine kluge junge Frau. Das machte den Fall doch irgendwie interessanter. Ein Junge mit Lernschwäche lockte sie noch nicht hinterm Ofen hervor, aber kaum ging es um eine hübsche Studentin, standen sie alle unter Strom. Sie stellte fest, dass sie langsam zynischer wurde, als ihr guttat.
    Sie berichtete von dem Besuch bei Lilys Eltern und von der Wohnung und ging dabei vor ihrem Team auf und ab, zwischen den Sonnenflecken, die von draußen hereinfielen.
    «Die beiden Mitbewohnerinnen sind bei einer Nachbarin untergekommen, bis das Durchsuchungsteam fertig ist. Natürlich haben wir sie auch gefragt, ob Lily an demAbend, als Luke Armstrong ermordet wurde, zu Hause war. Sie war nicht da. Anscheinend blieb sie häufig über Nacht weg. Deshalb haben die beiden auch angenommen, dass sie einen Freund hat.»
    «Haben sie sie denn nicht nach ihm gefragt? Die beiden müssen doch neugierig gewesen sein.» Das kam von Holly Lawson mit ihrem eifrigen, frischen Teenagergesicht. «Man kann zwar immer behaupten, dass man sich nicht einmischen will, aber eigentlich will man so was doch über seine Mitbewohnerin wissen. Oder nicht?» Sie sah sich fragend um.
    «Da haben Sie sicher recht», sagte Vera. «Reden Sie doch nochmal mit den beiden. Sie kriegen sicher mehr aus ihnen heraus, weil Sie ihnen im Alter näher sind.» Sie trank noch einen Schluck aus ihrem Pappbecher. Am Anfang der Besprechung war der Kaffee noch ganz brauchbar gewesen, aber inzwischen war er kalt, und sie spürte den Kaffeesatz auf der Zunge. Sie stellte den Becher auf den Tisch, ging zum Fenster und ließ die Jalousien herunter, damit die Sonne sie nicht mehr blendete. Es wurde unvermittelt dämmrig im Zimmer, und die Anwesenden waren nur noch verschwommene Schatten.
    «Wir werden wohl in den sauren Apfel beißen und eine Pressekonferenz halten müssen», fuhr sie fort. «Ich will aber auf keinen Fall, dass etwas über den Tatort nach außen dringt. Kein Wort über die Blumen. Kein Wort über die Todesursache. Das Letzte, was wir jetzt noch brauchen, ist ein Trittbrettfahrer. Den Leuten, die die Leiche gefunden haben, habe ich auch schon gesagt, dass sie sich mir gegenüber verantworten müssen, falls sie mit der Presse reden. Aber irgendwer muss gesehen haben, wie die Leiche vom Parkplatz zu den Felsen transportiert wurde. Man muss ein Stück über die Wiese gehen, und da ist eigentlich immerirgendjemand. Leute, die ihre Hunde ausführen. Eltern mit kleinen Kindern. Die Pressestelle soll einen Termin machen. So weit erst mal. Was haben Sie sonst noch für mich?» Vera stand jetzt wieder vor dem Tisch vorne im Raum. Wie eine Lehrerin am Pult. Sie fragte sich, was für eine Lehrerin Lily wohl abgegeben hätte.
    «Wir haben jemanden von der Universität gefunden, der sich die Blumen ansehen kann», sagte Holly. «Einen Doktor Calvert. Er ist Professor dort.»
    «Nein.»
    «Wie bitte?»
    «Peter Calvert. Das geht nicht. Er, oder besser gesagt, sein Sohn hat das zweite Opfer gefunden. Er war mit als Erster am Tatort. Das geht auf keinen Fall.»
    «Ach Gott, das war mir gar nicht klar. Ich hatte schon gestern mit ihm gesprochen, bevor Lily Marsh ermordet wurde.» Holly wurde rot, stotterte und wartete förmlich darauf, dass Vera sie mit sarkastischen Bemerkungen überhäufte. Doch Vera war in wohlwollender Stimmung. Sie dachte über Peter Calvert nach. Wahrscheinlich war das alles reiner Zufall. Man musste schließlich kein Botaniker sein, um Tote mit Blumen zu bestreuen. Aber

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