Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
Vom Netzwerk:
geballte Hand von alleine, und der gesamte Arm entspannte sich.
    In dem Moment fuhr plötzlich ein heißer, metallener Schmerz wie ein Schwert in Schröders Rücken. Schröder bäumte sich auf, und gleichzeitig gaben seine Beine kraftlos nach. Mit einem gepressten Schrei fiel Schröder auf die Knie und schrie abermals auf, als die Erschütterung die gleißende Klinge noch tiefer in seinen Rücken zu bohren schien. Karl versuchte mit einer Hand seinen Sohn zu stützen, während dieser nach Halt auf dem Tisch suchte. Kalter Schweiß drang Schröder aus allen Poren. Zitternd, stöhnend versuchte er, sich zu halten. Karl stand auf und griff Schröder unter die Achsel.
    Â»Leg dich hin, du musst dich hinlegen!«
    Â»Ich kann nicht!«
    Â»Los, mach schon!«
    Schröder nahm all seine Kraft zusammen und hievte sich mit Karls Hilfe seitlich auf die Couch. Wieder schrie er auf. Seine Augen waren weit geöffnet. Er wartete darauf, dass der Schmerz nachließ, doch es passierte einfach nicht.
    Â»Ich ruf Dr. Petri an.«, sagte Karl besorgt und fügte leise hinzu: »Ich weiß manchmal nicht, wer von uns beiden schlechter dran ist.«
    Schröder lag auf der Couch wie eine der Pompeji-Leichen, erstarrt und gefangen in einem Korsett aus Schmerz. Wie sein Vater die Nummer seines Freundes und Arztes wählte und was er zu ihm sagte, drang nur dumpf und unverständlich zu seinem Verstand durch. Alles in seinem Kopf und in seinem Körper kämpfte gegen den gleißenden Stahl in seinem Rücken an.
    Kapitel 3
    Annette Krügers Auto stand auf dem Grünstreifen seitlich der Landstraße. Die ersten Sonnenstrahlen fingen sich in dem Tau, der auf den Scheiben lag. Die Bäume des angrenzenden Waldes und die Heuballen auf den Feldern warfen lange, groteske Schatten. Vögel zwitscherten. Es wäre eine Idylle gewesen, wäre da nicht der verlassene Polo gewesen, der wie ein Mahnmal an der Straße stand. Oder wie ein Grabstein.
    Alf Jansen war Lehrer in Belm, einem kleinen Vorort von Osnabrück. Er lebte im Haus seiner verstorbenen Eltern, war vierzig Jahre alt, ledig und war, wie nahezu jeder andere Lehrer auch, sparsam und führte ein unauffälliges Leben. Obwohl er schon fast auf dem Land lebte, besaß er kein Auto, aber ein gutes, solides Fahrrad, das ihn bei Wind und Wetter zur Schule trug und das seit nunmehr sechzehn Jahren. Das war eine stolze Lebenszeit für ein Fahrrad, das derart intensiv genutzt wurde. Es begleitete ihn auch in seine Ferien. Er hatte fast ganz Europa mit dem Rad bereist und konnte sich nicht vorstellen, jemals in einem Flugzeug zu sitzen, um an ein Urlaubsziel zu gelangen. Alf unterrichtete Sachkunde und Deutsch, und man konnte sagen, dass er ein sehr ordentlicher, ja, fast pedantischer Mensch war. Pünktlichkeit und Ordnung waren zwei tragende Säulen in seinem Leben. Vielleicht war es eben dieser Umstand, der bis jetzt verhindert hatte, dass Alf eine Frau fürs Leben hatte finden können. Er wurde von Frauen und auch von seinen männlichen Kollegen gemocht und geschätzt, aber seine Art verbreitete auch immer einen Anflug von Distanz.
    Vor zwei Tagen bereits hatte Alf Jansen das Auto bemerkt. Er passierte es jeden Tag zweimal, auf seinem Weg zur Schule und zurück. Schon am ersten Tag ahnte er, dass der Fahrer nicht einfach nur zum Pinkeln ausgestiegen war. Er malte sich alle möglichen Szenarien aus, was passiert sein könnte.
    Doch die Wahrheit war so viel schrecklicher, dass die Fantasie eines Alf Jansen nicht ausreichte, um auch nur annähernd ein Bild davon zu zeichnen.
    Am dritten Tag verließ er sein Haus dreißig Minuten früher in der Absicht, die Polizei zu alarmieren, falls der Polo sich immer noch dort befände. Um 7 Uhr 15 rief er im Polizeibüro in Belm an und wartete dann fünf Minuten, bis Winkler, der Dorfpolizist, eingetroffen war. Winkler brachte seinen Streifenwagen ein paar Meter hinter dem Polo zum Stehen und stieg aus.
    Â»Morgen, Alf!«
    Â»Morgen, Torsten! Das ist der Wagen!«
    Winkler schüttelte Jansen die Hand, stellte sich neben ihn und ließ seinen Blick über den Wagen schweifen.
    Â»Sieht nicht so aus, als hätte er ein Panne gehabt.«
    Jansen nickte zustimmend und blickte auf die Uhr.
    Der Polizist zückte einen Block und einen Stift und begann um das Auto herumzugehen. Er notierte das Kennzeichen.
    Â»Wann hast du das Auto das erste Mal

Weitere Kostenlose Bücher