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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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nicht nach, was er damit meinte.
    »John entschied sich für eine Ausbildung bei den Marines, weil sie ihm die Möglichkeit zu einem Kampfeinsatz direkt nach der Ausbildung bot. Und gleich nach dem Abschluss meldete er sich freiwillig und wurde auch eingesetzt, bei Desert Storm. Von 91 bis 94 diente er, mit Unterbrechungen, immer wieder im Nahen Osten.«
    »Das ist eine lange Zeit.«
    »Ja.« Hawthorn schien etwas anmerken zu wollen, entschied sich dann aber dagegen. »Nach Abschluss seines letzten Einsatzes schrieb John sich nicht wieder ein. Er hatte bewiesen, was er beweisen musste, sich selbst und seinem Vater. Für sein Leben hatte er andere Pläne. Er studierte an der NC State University und arbeitete trotz Militärstipendium nebenbei Vollzeit. Nach Abschluss mit einem Diplom in politischer Wissenschaft unterrichtete er einige Jahre lang in einer Highschool in Charlotte. Könnte aber auch Charleston gewesen sein.«
    »Und doch hatte er sich offensichtlich wieder zum Militärdienst gemeldet.«
    »Am 9. November 2005. Hat dieses Datum für Sie irgendeine Bedeutung, Dr. Brennan?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Für John schon. An diesem Tag überfielen Selbstmordattentäter drei amerikanische Hotels in Amman, Jordanien. Das Radisson SAS , das Grand Hyatt und ein Days Inn. Im Radisson war es am schlimmsten. Ein Attentäter-Ehepaar betrat einen Ballsaal, in dem gerade eine Hochzeitsfeier mit neunhundert Gästen im Gange war. Achtunddreißig Menschen wurden getötet, darunter auch die Väter von Braut und Bräutigam.«
    Jetzt fielen mir diese Attentate wieder ein. Insgesamt sechzig Tote, hundertzwanzig Verletzte.
    »Nach solchen Überfällen steigen die Wiedereinschreibungen generell an. Nach 9/11 bildeten sich vor den Rekrutierungsbüros lange Schlangen.«
    Hawthorns Telefon klingelte. Er blickte kurz auf die Anruferkennung, nahm aber nicht ab.
    »John sah sich wohl in seiner persönlichen Verantwortung gefordert. Das ist meine Interpretation, müssen Sie wissen. Er hat das nie so gesagt. Es ist der Eindruck, den ich bei unseren vielen Gesprächen erhalten habe.«
    »Verstehe.«
    »John hatte drei Jahre im Irak verbracht, um die Welt sicherer zu machen. Dieses Massaker an Zivilisten zeigte, dass das nicht funktioniert hatte.«
    »Aber wir reden von einem anderen Konflikt, anderen Tätern.«
    »Absolut. Aber für einige Soldaten ist das alles ein allgemeines Böses. Saddam, Gaddafi, der Ayatollah, die Taliban – ein Böses mit vielen Gesichtern. Wie eine Hydra, eine vielköpfige Schlange.«
    »Dachte John auch so?«
    »Nach diesen Angriffen betrachtete John den Terrorismus als eine sehr reale und sehr persönliche Bedrohung.«
    »Er hat seinen Job gekündigt und sich wieder eingeschrieben.«
    »Er bewarb sich für einen Offizierslehrgang, was bei seinem Alter etwas problematisch war.«
    Ich rechnete schnell nach. »Er war zu dem Zeitpunkt Anfang dreißig.«
    »Wie die amerikanische Wirtschaft zieht auch das Militär es vor, wenn seine Führungspersönlichkeiten früh anfangen. In seinem Alter hätte John bereits auf der mittleren Ebene sein sollen. Dennoch wurde er angenommen.« Hawthorn richtete den Brieföffner aus. »Johns Vorgeschichte war ebenfalls ein Nachteil für ihn.«
    »Seine Vorgeschichte?«
    »Ein ehemals einfacher Soldat, der sich für die Offizierslaufbahn bewirbt. Es ist schwer, den Sprung aus der Truppe in die Offiziersklasse zu schaffen.«
    »Aber Gross hat es geschafft.«
    Hawthorn nickte. »Schloss den Offizierslehrgang als Jahrgangsbester ab, entschied sich für den Einsatz bei der Infanterie und meldete sich freiwillig für Afghanistan. Er war auf seinem vierten Einsatz, als sich der Vorfall in Sheyn Bagh ereignete.«
    »Was hielten die Offizierskollegen von Gross?« Ich platzierte Serviette und leeren Becher an der Tischkante.
    »Hart arbeitend, fair, auch unter Druck gelassen. Entschuldigen Sie die Formulierung, aber einer nannte ihn einen gung ho mo fo.«
    Ich kannte den Ausdruck. Einen extrascharfen Mistkerl.
    »John war also sehr engagiert.«
    Hawthorn lächelte knapp. »Einige sagen, ein Marine kann nie zu engagiert sein.«
    »Was ist mit denen unter seinem Kommando?«
    Hawthorns Blick schnellte kurz zu der Serviette und dem Becher, die die sorgsame Symmetrie auf seinem Schreibtisch ruinierten. Unbewusst richteten seine Finger die bereits präzise liegende Schreibunterlage neu aus.
    »Natürlich variieren die Meinungen. Aber die meisten sind ihm positiv gesinnt.«
    »Aber nicht Grant

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