Meine Waffe ist das Wort: Mit einem Vorwort von Desmond Tutu (German Edition)
VORWORT VON ERZBISCHOF DESMOND TUTU
Das Buch, das Sie im Augenblick in Händen halten, ist so etwas wie ein Wunder. Die darin aufgezeichneten Worte nämlich wurden der Welt über vier Jahrzehnte lang vorenthalten. Von Dezember 1952, als Nelson Rolihlahla Mandela der Bannstrahl des Apartheid-Regimes traf, bis zu seiner glorreichen Freilassung im Februar 1990, war das Lesen und Zitieren seiner Schriften ein Verbrechen, das mit Gefängnis bestraft wurde. Und doch gelang es nicht, Mandela mundtot zu machen. Seine Worte gingen, wenn überhaupt, im Flüsterton von einem zum anderen. Sie wurden aus dem Gefängnis herausgeschmuggelt und von seinen Mitstreitern im Exil publiziert. Die Tatsache, dass Nelson Mandela heute zu den meistzitierten Menschen der Welt gehört, ist Ironie des Schicksals. Und gleichzeitig lebendiger Beweis dafür, dass die Wahrheit nicht zum Verstummen gebracht, der Weisheit nicht Einhalt geboten werden kann.
Die Worte, die Sie hier in diesem Buch finden werden, stammen von einem hochverehrten politischen Führer, der den Respekt der ganzen Welt besitzt, von einem der größten Menschen, die je auf Erden wandelten. Warum aber zittern den Menschen bei der Begegnung mit Nelson Mandela die Knie? Ist er doch kein Mächtiger im landläufigen Sinne! Er war nie Oberbefehlshaber einer großen Streitmacht. Was die Welt in ihm sieht, ist seine moralische Kraft. Wenn man die Leute fragt, wer in ihren Augen ein großer Mensch ist, fallen gewöhnlich nicht die Namen von Generälen. Tief in uns, an einem Ort, auf den unser Blick in unseren besten Momenten fällt, wissen wir, dass Güte, Rechtschaffenheit und Mut bewundernswerte Eigenschaften sind, die wir gerne besitzen würden. Ist es nicht verwunderlich, dass wir erfolgreiche Geschäftsleute zwar beneiden und sogar respektieren, sie aber nie lieben? Was aber geschieht, wenn die Welt sich Menschen wie Gandhi, Mutter Teresa oder Nelson Mandela gegenübersieht? Dann geht ein Ruck durch uns und wir bewundern sie. Wir verehren, ja wir lieben sie. Wir erkennen ihre tiefinnere Güte und wollen ihr nacheifern. Wir tragen ihre Worte in unserem Herzen und wollen danach leben.
In diesem Buch sind inspirierende Worte dieses großen Mannes zusammengetragen, die Generationen überdauern werden. Nicht die flüchtigen Versprechungen des Politikers, sondern die ehernen Worte des Staatsmanns. Nicht die Parolen eines Freiheitskämpfers, sondern die zeitlosen Worte eines Vorkämpfers für die Menschheit. Hier treten uns all die Menschlichkeit, der Humor und die Hoffnung entgegen, die es ihm ermöglichten, siebenundzwanzig Jahre im Gefängnis zu überstehen und als geläuterter Mensch aus seinen Toren zu treten. Sie werden einen Menschen kennenlernen, der im Gefängnis jede Minute seiner Zeit dazu nutzte, sich und seine Kameraden zu besseren Menschen zu machen, damit sie für ihre Aufgaben als künftige Führungskräfte bereit sein würden. Sie werden einem Menschen begegnen, der größer ist als die Legenden, die sich während seiner Abwesenheit um ihn gerankt hatten: Er vergab seinen Wärtern, war großzügig gegenüber seinen früheren Feinden, strebte nach Versöhnung für sein Volk und gab am Ende ohne zu zögern die Macht wieder aus den Händen.
Viele dieser Zitate werden hier zum ersten Mal veröffentlicht, weil sie aus Briefen stammen, die er aus dem Gefängnis an seine Frau, seine Kinder und seine Freunde schrieb. Oder aus einem unveröffentlichten autobiografischen Manuskript, das er auf der Gefängnisinsel Robben Island verfasste. Und Sie werden auf so manches seiner bekannten Zitate stoßen.
Sogar heute, wo so viele seiner Aussprüche im Internet kursieren – mitunter falsch zitiert – hat es einen ganz eigenen Reiz, sich in einer ruhigen Minute hinzusetzen und das, was er uns zu sagen hat, durchzulesen. Das ist wie eine Begegnung mit einem geachteten Stammesältesten der ganzen Menschheit, der uns an seiner Weisheit teilhaben lässt. Als würden wir uns niederlassen, um mit diesem Mann eine Tasse des in Südafrika so beliebten Rooibos-Tees zu trinken.
Nelson Mandela lernte die Macht der Worte im Gefängnis kennen. Seine treffenden Bemerkungen, seine hochgeschätzten Briefe und seine von Kampfgenossen unter Lebensgefahr aus dem Gefängnis geschmuggelten Aufrufe haben ihm geholfen, seinen Geist aus dem Kerker zu befreien. Denn es gibt eine andere Art von Gefängnis, deren wir uns meist gar nicht bewusst sind und die mehr mit Zeitlichkeit zu tun hat. Es ist unsere
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