Totengeld
Anfang stand der tränenreiche Abschied von Katy. Wir trafen uns auf dem Flugfeld. Wir umarmten und drückten uns. Sie war so verdammt stark.
»Pass gut auf dich auf.«
»Ich bin diejenige, die nach Hause geht. Versprichst du mir, dass du auf dich aufpasst?«
»Entspann dich, Mom. Mir passiert schon nichts.«
Ihre Zuversicht machte mir irgendwie Angst.
Wir umarmten uns noch einmal. Dann machte ich mich auf den Weg in den geschlossenen Wartebereich.
Und nun fing das wahre Elend an. Unsere C-130J hatte an einem Triebwerk Propellerschaden. Die Mechaniker waren bereits gerufen. Wir alle wissen, was das heißt.
Da ich die Sicherheitskontrolle bereits hinter mir hatte, durfte ich nicht mehr auf den Stützpunkt zurück. Also verbrachte ich Stunden damit, zu dösen, Football zu schauen, Kaffee zu trinken, auf die Toilette zu gehen und Plastiksandwiches und -muffins zu essen, zusammen mit hundert verschwitzten Soldaten, Fliegern und Marines.
Schließlich stiegen wir ein und schnallten uns in unsere Sitze. Die Maschine wuchtete sich durch die Wüstenluft hoch, durchbrach die Wolkendecke und flog davon. Ich lehnte mich an das eisige, vibrierende Schott und schloss die Augen.
Und wieder waren die Mädchen da.
Khandan. Irgendetwas an ihr ließ mich nicht mehr los. Katy hatte sie für geistig behindert gehalten, aber ich wusste nicht so recht. Sie hatte eine Intensität, die nicht dazu passte.
Was hatte sie mir sagen wollen? Ich hatte nur ein Wort verstanden. Allah. Suchte sie Hilfe? Wollte sie ein Almosen? Etwas verkaufen? Mich bekehren? Und warum ging mir diese Begegnung nicht mehr aus dem Kopf?
Dann war da die Unbekannte im Kühlraum der MCME -Leichenhalle. Funkstille von Larabee. Sackgassen, kalt gewordene Spuren? Ging Slidell der Sache noch nach? Ich musste meine Aussage machen, nach Hause fliegen und mich wieder dem Fall widmen. Dem Versprechen, das ich ihr gegeben hatte.
Als wir in Manas landeten, pulsierte mein Kopf, eine Feuerader lief mir die Wirbelsäule hinunter, und mein Knöchel machte mir ernsthaft Probleme. Diesmal nahm mich ein milchgesichtiger Soldat mit weichem Flaum auf der Oberlippe in Empfang. Auf seinem Namensschild stand ELKINS .
»Sergeant Mensforth ist anderweitig beschäftigt.« Elkins’ Stimme war hoch und näselnd. »Ich begleite Sie durch die Kontrollen.«
Ich folgte ihm durch das Labyrinth des Transitzentrums, vorbei an amerikanischen Soldaten und kirgisischen Wachen mit steinernen Gesichtern und sehr großen Waffen.
Elkins deutete zu einem Gepäckhaufen, der genauso aussah wie der, durch den ich mich auf dem Hinflug gewühlt hatte.
Ich wuchtete meine Taschen heraus und schleppte sie zum Zoll. Wo jeder Gegenstand herausgezogen und untersucht wurde, als hätte ich ein langes Vorstrafenregister in Sachen Drogen-und Waffenschmuggel.
Weiter ging es zur Passkontrolle. Wo mir die Abfertigung verweigert wurde.
Da ich kein Kirgisisch sprach, verstand ich nicht, wo das Problem lag. Elkins ebenfalls nicht. Ein Dolmetscher wurde gerufen. Eine längere Diskussion folgte, während der mein Anschlussflug aufgerufen wurde.
Schließlich erklärte mir der Dolmetscher, dass ich beim Hinflug eine Erlaubnis für eine Einreise nach Kirgisistan erhalten habe. Der heutige Transit stelle aber eine neue Einreise dar.
Sechzig Minuten und eine Million Telefongespräche später war das Problem gelöst. Oder das Bestechungsgeld bezahlt. Ich habe keine Ahnung. Ich rannte zum Gate und bestieg meine Maschine, als die Türen sich bereits schlossen.
Fünf Stunden nach dem Start landete ich in Istanbul. In der Lounge der Turkish Airlines kontrollierte ich eben meine E-Mails, als eine ärgerlich ruhige und zuckrige Stimme mehrere Startverzögerungen verkündete. Mein Flug gehörte dazu. Da die Lounge der komfortabelste Ort war, an dem ich seit einer Woche gewesen war, hielt sich meine Erschütterung in Grenzen.
Die Morgendämmerung erhellte bereits den Horizont, als ich mich in meinen kleinen Kokon in der Businessclass fallen ließ. Ich war gerade dabei, die Speisekarte zu lesen, da drang die Stimme des Kapitäns aus den Lautsprechern.
»Ladys und Gentlemen, wir haben hier ein lästiges kleines Licht, das auf dem Armaturenbrett blinkt. Hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten, aber wir wurden angewiesen, am Gate zu bleiben.«
Die Flugbegleiter begannen sofort, Alkohol an die Businessclass-Passagiere auszugeben. Kein Trost für uns Nichttrinker.
Es war später Nachmittag, als wir schließlich abhoben. Ein wenig
Weitere Kostenlose Bücher