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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Kirschblüten und Schatten bildeten in Weiß und Schwarz einen so dichten Teppich, dass die Erde nahtlos mit den Bäumen verschmolz, ein einziger großer gemusterter Tunnel. »Ja«, sagte ich. »Am Ende hat er sie doch erwischt.«
    »Und ich will nicht, dass er dich erwischt«, seufzte Frank. »Ich gebe es nur ungern zu, aber unser Sammy könnte recht gehabt haben, Cass. Wenn du aussteigen willst, kannst du heute Abend anfangen, einen auf krank zu machen, und morgen früh bist du raus.«
    Es war eine stille Nacht, nicht einmal ein Lufthauch in den Kirschbäumen. Ein leiser Klang kam die Einfahrt herabgeweht, sehr schwach und sehr zart: der Gesang einer Frauenstimme. »The steed my true love rides on … « Ein Kribbeln lief mir die Arme hoch. Ich fragte mich in dem Moment und ich frage mich bis heute, ob Frank bluffte. Ob er tatsächlich bereit war, mich abzuziehen, oder ob er wusste, noch ehe er es anbot, dass es zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur eine Antwort geben konnte.
    »Nein«, sagte ich. »Ich komm schon klar. Ich bleibe.«
    »With silver he is shod before … «
    »In Ordnung«, sagte Frank, und er klang nicht die Spur überrascht. »Nimm immer schön den Revolver mit und halt die Augen auf. Wenn sich irgendwas ergibt, egal, was, sag ich dir Bescheid.«
    »Danke, Frank. Ich melde mich morgen wieder. Selbe Zeit, selber Ort.«
    Es war Abby, die da sang. Im Fenster ihres Zimmers schimmerte sanftes Lampenlicht, und sie bürstete sich das Haar, mit langsamen versunkenen Bewegungen. »In yon green hill do dwell … « Im Esszimmer räumten die Jungs den Tisch ab, Daniels Ärmel waren säuberlich bis zu den Ellbogen aufgerollt, Rafe schwenkte eine Gabel, um irgendeinen Standpunkt zu unterstreichen, Justin schüttelte den Kopf. Ich lehnte mich gegen den breiten Stamm eines Kirschbaums und lauschte Abbys Stimme, die aus dem halbgeöffneten Fenster drang, hinauf in den gewaltigen, schwarzen Himmel.
    Gott allein wusste, wie viele Leben diese Frau hinter sich gelassen hatte, um hierherzufinden, nach Hause. Ich kann da reingehen , dachte ich. Wann immer ich will, ich kann die Stufen da hochlaufen und diese Tür öffnen und eintreten.

    Kleine Risse. Am Dienstagabend waren wir wieder draußen im Garten, nach dem Essen – Riesenmengen Schweinebraten und Röstkartoffeln und Gemüse und dann warmer Apfelkuchen, kein Wunder, dass Lexie mehr als ich gewogen hatte. Wir tranken Wein und versuchten, die Energie für irgendetwas Nützliches aufzubringen. Das Armband meiner Uhr hatte sich gelöst, und ich saß auf dem Gras und versuchte, es wieder zu befestigen, mit Hilfe von Lexies Nagelfeile, dieselbe, mit der ich die Seiten ihres Terminkalenders umgeblättert hatte. Der kleine Metallbolzen sprang immer wieder raus.
    »Verdammte, mistige Arschfickerei«, sagte ich.
    »Was soll denn das heißen?«, sagte Justin träge von der Terrassenschaukel. »Und außerdem, was hast du gegen Arschficken?«
    Meine Antennen fuhren aus. Ich hatte mich schon gefragt, ob Justin schwul sein könnte, aber Franks Recherchen hatten weder das eine noch andere ergeben – keine Beziehungen zu Männern oder Frauen –, und es war durchaus möglich, dass er einfach ein netter, sensibler Hetero mit einer häuslichen Ader war. Falls er schwul war, konnte ich wenigstens einen von der Baby-Daddy-Liste streichen.
    »Mensch, Justin, gib nicht so an«, sagte Rafe. Er lag auf dem Rücken im Gras, die Augen geschlossen und die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
    »Du bist dermaßen homophob«, entgegnete Justin. »Wenn ich sagen würde, ›Verfickte Scheiße‹, und Lexie würde fragen, ›Was hast du gegen Ficken?‹, würdest du ihr nicht vorwerfen, dass sie dick aufträgt.«
    »Ich schon«, sagte Abby, die neben Rafe saß. »Ich würde ihr vorwerfen, mit ihrem Sexleben anzugeben, wo der Rest von uns keins hat.«
    »Da schließ ich mich aus«, sagte Rafe.
    »Ach du«, erwiderte Abby. »Du giltst nicht. Du erzählst uns doch nie was. Du könntest eine heiße Affäre mit dem ganzen Frauen-Hockeyteam der Uni haben, ohne dass einer von uns je was davon erfährt.«
    »Ich hatte noch nie eine Affäre mit einer aus dem Frauen-Hockeyteam der Uni«, sagte Rafe förmlich.
    »Die Uni hat ein Frauen-Hockeyteam?«, wollte Daniel wissen.
    »Komm nicht auf dumme Gedanken«, sagte Abby zu ihm.
    »Ich glaube, das ist Rafes kleines Geheimnis«, schaltete ich mich ein. »Na ja, weil er sich so bedeckt hält, haben wir alle von ihm das Bild, dass er hinter unserem Rücken

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